FC Barcelona FC Barcelona vor entscheidenden Stunden - Beginn einer neuen Ära?

Stand: 30.10.2021 12:45 Uhr

Heute debütiert Sergi Barjuan als Trainer des FC Barcelona bei der Ligapartie gegen Alavés (21 Uhr im Liveticker). Thema des Tages ist allerdings ein ganz anderer.

Heute debütiert Sergi Barjuan als Trainer des FC Barcelona. Der bisherige Betreuer der zweiten Mannschaft ist ein alter Bekannter des Hauses; einst bearbeitete er unter Trainern wie Johan Cruyff und Louis van Gaal die linke Abwehrseite. Zur Ligapartie gegen Alavés (21 Uhr) will Sergi der zuletzt deprimierten Mannschaft "die Freude zurückgeben." Was man als Interimstrainer halt so sagt.

Mehr ist Sergi nämlich nicht, und so besetzte er am Freitag bei seiner Vorstellung klar die Nebenrolle. Geredet wurde vor allem über einen, der (noch) gar nicht da war.

Das Thema dieser Tage in Barcelona ist Xavi Hernández

Nach übereinstimmenden Informationen der örtlichen Medien steht Xavi Hernández, der Spielmacher aus glorreichen Zeiten, vor einer Rückkehr zu seinem Herzensklub. Mit Barça soll schon alles klar sein, nur sein aktueller Klub Al-Sadd ziert sich noch, ihn freizugeben. Man darf getrost behaupten, dass der Tabellenführer der Qatar Stars League noch nie so viel internationale Aufmerksamkeit bewegte wie in dieser Woche.

Neben Sergi saß am Freitag der Klubpräsident Joan Laporta. Der charismatische Anwalt gehört zu den Typen, die das Scheinwerferlicht anziehen, und er hatte auch kein Problem damit zuzugeben, dass es angesichts von nur drei Siegen aus den jüngsten zehn Spielen und dem Absturz auf Tabellenplatz neun wohl ein Fehler war, den alten Trainer Ronald Koeman nicht früher entlassen zu haben. Wirklich Neues zu verkünden hatte Laporta nicht.

In der Trainerfrage beharrt Laporta: "Wir haben mehrere Optionen"

Immerhin ließ er erkennen, dass alle Scoutingberichte über Xavis Arbeit "sehr positiv" seien. Laporta und Xavi kennen sich bestens aus der ersten Amtszeit des Präsidenten zwischen 2003 und 2010, als der kleine Stratege aus dem nahen Terrassa zum Weltstar aufstieg.

Seit seiner Rückkehr im März dieses Jahres stehe er in ständigem Austausch mit Xavi, so Laporta, man habe sogar über das Telefon gemeinsam Barça-Spiele geguckt. "Ich weiß, was er über die Mannschaft denkt, und was er tun will." Wie der geschasste Koeman, Schütze des Tors zum ersten Champions-League-Sieg der Klubgeschichte, ist Xavi eine Vereinslegende.

Xavis Stil ist "Barça total"

War Koeman zuletzt bei niemandem mehr beliebt, strahlt Xavis Stern so hell wie kaum ein anderer am Barça-Firmament. Ließ der Niederländer eher einen ergebnisorientierten Fußball praktizieren, bekennt sich Xavi radikal zur offensiven Spielphilosophie von Johan Cruyff und Pep Guardiola. "Sein Fußballstil ist Barça total", sagt Santi Cazorla, aktuell noch sein Spieler in Katar. "Er ist absolut befähigt, diesen transatlantischen Kreuzer zu übernehmen."

Xavi selbst sieht das offenbar inzwischen auch so. Dass die Barça-Bank das große Ziel seiner Trainerkarriere ist, hat er nie verhehlt, und anders als bei ersten Avancen vor knapp zwei Jahren traut er sie sich jetzt auch zu – trotz der komplexen Ausgangslage mit hohem Ergebnisdruck, einem unausgewogenen Kader und wenig Marge zur Aufbesserung angesichts von 1,35 Milliarden Euro Verbindlichkeiten.

Klima der allgemeinen Verunsicherung

Im bisherigen Saisonverlauf kassiert die Mannschaft hinten leichte Gegentore und lässt vorn ohne Lionel Messi die Durchschlagskraft vermissen. Im Klima der allgemeinen Verunsicherung haben vermeintliche Schlüsselspieler wie Frenkie de Jong oder Neuzugang Memphis Depay völlig die Form verloren.

Auch Veteranen wie Gerard Piqué und Sergio Busquets lassen sich immer wieder überrumpeln. Hoffnung machte zuletzt allein der kontinuierliche Nachschub mit Ausnahmetalenten wie den Mittelfeldspielern Pedri, 18 und Gavi, 17 oder Stürmer Ansu Fati, der morgen 19 Jahre alt wird.

Frage nach Xavi - nicht mehr ob, sondern wann

Wo es zuletzt zwei Niederlagen gegen Real Madrid und bei Aufsteiger Rayo Vallecano gab, wird also selbst Alavés, Tabellen-16. aus dem Baskenland, zu einer beträchtlichen Hürde. Noch prekärer ist die Situation in der Champions League, dort ist Barça nur Gruppendritter. Am Dienstag steigt ein entscheidendes Spiel bei Dinamo Kiew. Danach soll die Ägide von Sergi enden und eine neue Ära beginnen.

Dafür muss jetzt nur noch Al-Sadd zustimmen. Am Freitagabend veröffentlichten die Kataris eine Pressemitteilung, wonach "Xavi einen laufenden Zweijahresvertrag mit dem Verein hat und komplett fokussiert auf die kommenden Spiele des Teams ist". Insider sehen darin allerdings vor allem den verständlichen Versuch, Al-Sadds Moment des internationalen Ruhms auszukosten. Bei der Verwirklichung seines Lebenstraums werde man Xavi nicht im Wege stehen.