Marc Guiu jubelt über seinen Treffer beim Spiel gegen Athletic Bilbao.

Marc Guiu und seine Vorgänger Supertalente beim FC Barcelona - Fluch und Segen zugleich

Stand: 23.10.2023 13:39 Uhr

Mit Marc Guiu ist schon wieder ein Teenager beim FC Barcelona in die Schlagzeilen gestürmt. Eine große Karriere scheint möglich - es gibt aber auch mahnende Negativ-Beispiele.

Wie schnell Träume wahr werden können, hat Marc Guiu am Sonntagabend (22.10.2023) erlebt. Der 17-Jährige kam da nicht nur zu seinem Profidebüt beim FC Barcelona, sondern brauchte auch nur 33 Sekunden, um sein erstes Tor zu erzielen und seinen Verein zum 1:0-Sieg gegen Athletic Bilbao zu schießen. Eine eigentlich spektakuläre Geschichte - doch bei Barca sind Teenager, die von jetzt auf gleich in die Höhe schießen ein wiederkehrendes Muster.

Im aktuellen Kader stehen mit den Mittelfeldspielern Gavi und Pedri die beiden Prototypen der jetzigen Generation, sie wurden in den vergangenen beiden Jahren zu den weltweit besten Talenten gewählt - Pedri gewann den "Golden Boy Award" 2021, Gavi 2022. Und seit dieser Saison ist ein weitere Anwärter auf diese Auszeichnung hinzugekommen. Lamine Yamal wurde zuletzt im Alter von 16 Jahren zum jüngsten Torschützen der Geschichte der spanischen La Liga, nachdem er das zuvor schon bei der spanischen Nationalmannschaft geschafft hatte.

Yamal schießt sich zum jüngsten Torschützen Spaniens

Sportschau, 09.09.2023 11:24 Uhr

Viele Talente sind durchgestartet - viele aber auch nicht

Yamal und jetzt auch Guiu sind Spieler, denen eine große Zukunft im Profifußball vorhergesagt wird. Das ist auch kein Zufall, da Barcelona jungen Spielern aus seiner Talentschmiede "La Masia" traditionell viele Gelegenheiten gibt, um sich zu entwickeln. Lionel Messi ist sicherlich der Vorzeigespieler der Barca-Jugend, die Liste der Spieler, die Weltkarrieren hinlegten, wäre auch ohne ihn beeindruckend: Xavi, Sergio Busquets, Andres Iniesta, Thiago Alcantara, Carles Puyol und viele mehr.

Doch der Segen wird in einigen Fällen auch zur Bürde. Es gab auch Supertalente, die in ihrer gesamten Karriere den oft zu hohen Erwartungen hinterhergerannt sind. Großes Talent ist nicht immer auch eine Garantie für Erfolg.

Krkic litt unter Messi-Vergleich

Was es bedeutet, als Wunderkind bezeichnet zu werden und dann nicht den steilen Aufstieg zu erleben, weiß Bojan Krkic. Als Teenager glänzte er an Messis Seite bei Barcas Profis - als er den Klub dann aber im Alter von 20 Jahren verließ, wurde aus dem Supertalent ein Versprechen, das nicht gehalten werden konnte. Nach neun weiteren Stationen, unter anderem bei Mainz 05 und zuletzt in Japan bei Vissel Kobe, beendete Krkic im März 2023 seine Karriere.

Bojan Krkic (l.) und Lionel Messi feiern zusammen ein Tor des FC Barcelona.

Bojan Krkic (l.) und Lionel Messi jubeln gemeinsam im Trikot des FC Barcelona.

Der Stürmer blickt recht zufrieden zurück - aber die Erwartungen waren eben deutlich größer. "Fußballerisch lief es gut, aber nicht persönlich. Ich musste damit leben, dass die Leute bemängelten, dass meine Karriere nicht wie erwartet verlief", sagte Krkic im Jahr 2018 dem "Guardian". Vor allem, als "neuer Messi" bezeichnet zu werden, war eine große Bürde. "Wenn man mich mit Messi vergleicht, welche Karriere erwartet man dann?"

Dos Santos wollte auch mal Party machen

Großes Talent an der Seite des vielleicht besten Fußballers aller Zeiten - Giovani dos Santos ist ein weiteres "Opfer" der großen Nach-Messi-Hoffnungen. Als der Mexikaner am 17. Mai 2008 nur eine Woche nach seinem 19. Geburtstag einen Hattrick in der Liga erzielte, sollte es der dreifache Startschuss einer tollen Karriere sein - doch es kam anders.

Giovani dos Santos während eines Länderspiels der Mexikaner.

Giovani dos Santos im Trikot der mexikanischen Nationalmannschaft.

Der heute 34-Jährige spielte nach Barca bei acht verschiedenen Klubs, alle nicht auf allerhöchstem Niveau, und war in der Endphase seiner Laufbahn zwei Jahre lang sogar vereinslos. Dos Santos, der immerhin 109 Länderspiele für Mexiko bestritt, fehlte offenbar der eigene Antrieb, aus seinem riesigen Talent das Optimum herauszuholen. "Wenn Giovani einem Nachtklub mal so aus dem Weg gehen könnte, wie er einen Ball passen kann, wäre alles gut", sagte Harry Redknapp, sein damaliger Trainer bei den Tottenham Hotspur, im Jahr 2010 dem "Daily Star".

Fati bekam die Nummer 10, aber keinen Stammplatz

Es gibt noch weitere dieser Beispiele, Ansu Fati möchte aber nicht dazugehören. Mit seinen 20 Jahren steht der Spanier noch am Anfang seiner Karriere, aber auch bei ihm führte der verheißungsvolle Start bei den Katalanen zu überhöhten Erwartungen - und das nicht nur von außen.

"Wenn es nach mir ginge, würde ich ihn von Barca wegholen, aber er will bleiben", zitierte die Sportzeitung "Mundo Deportivo" seinen Vater Bori Fati, der ihn mit Star-Agent Jorge Mendes berät. Der Grund für die Aussage: Teenager Fati hatte sich keinen Stammplatz erkämpfen können. "Ich bin wütend als Vater. Wir sprechen hier von der Rückennummer 10 von Barca, einem Nationalspieler der spanischen Nationalmannschaft und einem Jungen, der aus La Masia kommt. Ich denke, wir haben viel mehr verdient", so Bori Fati.

Falsches Signal durch Milliarden-Klausel?

Wie der Spieler-Vater zu der Annahme kommt? Neben der großen Klubförderung der Talente gibt es noch eine ohnehin umstrittene Maßnahme, die den jungen Spielern große Hoffnungen macht. In Spanien müssen die Profis durch Ausstiegsklauseln die Möglichkeit eines Vereinswechsels bekommen und Barca setzt die bei seinen Talenten absurd hoch an. Damit verschreckt der Klub aber nicht nur Interessenten, sondern signalisiert den jungen Spielern auch einen gewissen (falschen) Wert. Fati ist einer von mehreren Spielern, die eine Ausstiegsklausel über eine Milliarde Euro haben.

Ansu Fati von Brighton & Hove Albion in Aktion.

Ansu Fati dribbelt gegen zwei Spieler von Olympique Marseille.

Am Ende der Transferperiode im Sommer wurde der Offensivspieler an Brighton & Hove Albion verliehen. In der Premier League läuft es aber auch noch nicht rund, fünfmal kam Fati nur als Joker zum Einsatz. Zuletzt in den Topspielen gegen den FC Liverpool (2:2) und bei Manchester City (1:2) durfte das einstige Barca-Wunderkind nur eine bzw. 24 Minuten mitwirken. Als solches bezeichnet zu werden, ist eben manchmal Fluch und Segen zugleich.