WM 2022 in Katar Katar und die LGBTQI+-Bewegung: Eingeladen, aber nicht willkommen

Stand: 03.12.2021 08:16 Uhr

Nasser Al-Khater, der Chef der WM 2022, sagt, Katar heiße auch Angehörige der LGBTQI+-Bewegung willkommen. Zweifel daran sind angebracht, auch wegen der Gesetzgebung im Golfstaat.

Vieles dringt nach wie vor nicht nach draußen aus dem WM-Gastgeberland Katar. Vor allem, was die aus westlicher Sicht problematischen Themen angeht: die Freiheitsbeschränkungen für die Arbeitsmigranten auf den WM-Baustellen zum Beispiel. Oder Katars Einstellung zu Vielfalt, Geschlechteridentitäten oder Homosexualität - auch dies ist ein wichtiger Faktor, wenn das Emirat im kommenden Winter Fußballfans aus aller Welt begrüßen möchte.

OK-Chef Al-Khater: "Homosexuelle in Katar willkommen"

Zu diesem Thema hat sich nun auch Nasser Al-Khater geäußert, der Vorsitzende des WM-Organisationskomitees in Doha und damit auch so etwas wie der Chefbotschafter der Katar-WM. Er wandte sich auch an die LGBTQI+-Bewegung. LGBTQI+ ist eine Abkürzung für Lesbian, Gay, Bi, Trans, Queer und Intersex. Es sind Beschreibungen für sexuelle Orientierungen und Formen von Identitäten.

Jeder sei in Katar willkommen, auch Homosexuelle, sagte Al-Khater nun in einem "CNN"-Interview. "Niemand wird bedroht, niemand muss sich unsicher fühlen."

Australiens Josh Cavallo: Angst vor der WM

Al-Khater nahm damit auch Stellung zu den Äußerungen von Josh Cavallo. Der australische U20-Nationalspieler, der sich im Oktober zu seiner Homosexualität bekannt hatte, hatte in einem "Guardian"-Podcast bekannt, er hätte Angst bei der WM in Katar zu spielen. Wegen des im Golfstaat herrschenden Verbots von Homosexualität und der strikten Strafgesetzgebung.

Diese Sorge sei jedoch unbegründet, entgegnete nun Katars OK-Chef: "Wir heißen ihn willkommen. Er kann gerne nach Katar kommen und sich selbst ein Bild machen, auch schon vor der Weltmeisterschaft", sagte Al-Khater bei "CNN" am Dienstag (30.11.2021).

Womöglich habe Cavallo eine falsche Wahrnehmung über das Land, mutmaßte Al-Khater, aufgrund der vielen Berichte, die den WM-Gastgeber in ein schlechtes Licht rückten. Katar sei ein "tolerantes, gastfreundliches Land", so Al-Khater, "eine Gesellschaft wie jede andere auch."

Homosexualität in Katar unter Strafe

Zumindest die letzte Aussage klang dann aber doch verdächtig - wie eines dieser zweifelhaften Versprechen aus dem Reisekatalog, bei denen sich das angepriesene Traumhotel als Bruchbude mit Blick auf den Supermarktparkplatz entpuppt.

Homosexualität ist in Katar nach wie vor per Gesetz verboten, die Strafen sehen Auspeitschen, Inhaftierung oder sogar die Todesstrafe vor - wobei letztere zumindest nach Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen bislang nicht vollstreckt worden ist. Gleichgeschlechtliche Ehen und Partnerschaften werden in Katar nicht anerkannt.

Eine Einladung und ein Warnhinweis

Auch wer sich bei Initiativen und Aktionen der LGBTQI+-Bewegung engagiert, macht sich strafbar. Dazu könnte auch das Zeigen von Regenbogenflaggen wie bei der EM im vergangenen Sommer gehören.

Katars Turnierchef versah seine Einladung an die LGBTQI+-Touristen deshalb auch mit Einschränkungen: Katar sei konservativ, was "offen gezeigte Zuneigung in der Öffentlichkeit" angeht, so Al-Khater. Fans müssten dies respektieren, und dementsprechend zurückhaltend sein. Dies lässt sich dann doch wie ein Warnhinweis an die Adresse homosexueller WM-Touristen lesen.

Human Rights Watch: LGBTQI+-Community in Katar wird unterdrückt

Auch Organisationen wie Human Rights Watch zweifeln an der propagierten Weltoffenheit der katarischen WM-Gastgeber. Nach Angaben von HRW werden Angehörige der LGBTQI+-Community in Katar nach wie vor systematisch überwacht, und ihr Austausch untereinander, etwa über Social Media, unterdrückt.

Katar müsse Freizügigkeit und Nicht-Diskriminierung unabhängig von sexueller Orientierung und Genderidentität garantieren, forderte Human Rights Watch, für alle Menschen in Katar - und nicht nur WM-Touristen.

TV-Experte bei "beIN Sports" mit homophoben Aussagen

Wie alltäglich und weit verbreitet Homophobie in Katar ist, wurde am vergangenen Wochenende bei "beIN Sports" deutlich, dem größten Sportsender des Landes. Wie der "Guardian" berichtete, sprach der ehemalige ägyptische Nationalspieler Mohamed Aboutrika, bei "beIN Sports" als Experte im Einsatz, während einer Sendung davon, dass Homosexualität unnatürlich sei.

Er kritisierte auch die "Rainbow Lace"-Solidaritätskampagne in der Premier League und forderte die in England spielenden muslimischen Profis auf, die Aktion zu boykottieren. Der Sender distanzierte sich erst nach Kritik von Anti-Diskriminierungsorganisationen aus Europa von Aboutrikas Aussagen - auf dem Sender bleiben darf er trotzdem.