Alex Morgan zelebriert ihr Tor gegen England mit einer Teestunde.

Die legendärsten WM-Halbfinals DFB-Klatsche, deutsche Revanche, Martas Gala und Morgans Teestunde

Stand: 14.08.2023 12:44 Uhr

Seit der ersten Frauen-WM 1991 hat es viele denkwürdige Halbfinal-Duelle um den Einzug ins Endspiel gegeben. Sportschau.de erinnert vor den Halbfinals zwischen Spanien und Schweden sowie Australien und England an vier dieser Spiele - zwei Mal spielte Deutschland mit.

Die letzte Woche der neunten Fußball-WM der Frauen ist angebrochen. Noch vier Spiele werden in Australien und Neuseeland absolviert, am Sonntag (20.08.2023) wird in Sydney ein ganz neuer Champion gekürt. Denn keines der vier Teams, die jetzt noch im Turnier in Down Under dabei sind, hat zuvor den Titel gewinnen können.

Marc Eschweiler, Sportschau, 14.08.2023 08:34 Uhr

Doch schon vor dem finalen Showdown wird es dramatisch: In den Halbfinals trifft Schweden am Dienstag (15.08.2023, 10 Uhr MESZ, im Audiostream und Live-Ticker auf sportschau.de) auf Spanien, einen Tag später (12 Uhr MESZ, live im Ersten und auf sportschau.de) kommt es zum Duell zwischen Gastgeber Australien und England. Zuvor erinnert sportschau.de an vier Halbfinals aus der 32-jährigen WM-Geschichte, die besonders im Kopf geblieben sind.

1991 - Jennings und die USA zerlegen Deutschland

Deutschland - USA 2:5

Die USA und das DFB-Team waren in diesem Jahr wohl die größten Enttäuschungen bei der WM: Deutschland schied überraschend erstmals bereits nach der Gruppenphase aus, Weltmeister USA erwischte es ebenso unerwartet im Achtelfinale. Als der Frauenfußball noch in den Anfängen war, galt das als ausgeschlossen. Die Konkurrenz bei der WM-Premiere 1991 in China war deutlich kleiner; statt 32 Teams wie heute waren damals nur zwölf Länder dabei - und selbst davon war der Großteil weit vom Niveau der Deutschen und US-Amerikanerinnen entfernt.

Doch am Tag des Halbfinals war auch der Unterschied zwischen diesen beiden Nationen ziemlich groß. Die US-Girls hatten sich mit vier Siegen bei 18:2-Toren eindrucksvoll für die Runde der letzten Vier qualifiziert und ließen dann auch dem deutschen Team keine Chance. Nach drei Toren von Carin Jennings (heute Jennings-Cabarra) war die Partie bereits nach 33 Minuten entschieden, am Ende wurde es ein deutliches 5:2 für die US-Girls.

"Deutschland galt als die Nummer eins der Welt. Sie hatten gerade den Europameistertitel gewonnen und alle dachten, sie würden die Weltmeisterschaft gewinnen", erinnert sich Jennings-Gabarra, die mit den USA dann auch den Titel holte. "Das Besondere an diesem Spiel war auch, dass mein Mann Jim an diesem Tag vorbeikam, um sich das Spiel anzusehen. Er war noch bei keinem anderen Spiel dabei gewesen. Deshalb war es hilfreich, dass er im Stadion war."

2003 - Die späte DFB-Rache an den Amerikanerinnen

USA - Deutschland 0:3

Im Frauenfußball waren die USA das Maß der Dinge, 1991 wurden sie Weltmeister, 1995 wurden sie Dritter, vier Jahre später ging der Titel wieder an die Vereinigten Staaten. 2003 war für die US-Girls bei ihrer Heim-WM im Halbfinale Schluss - und das lag daran, dass das DFB-Team eine zwölf Jahre alte Rechnung beglich.

Im ersten WM-Duell der beiden Länder nach dem 2:5 im Jahr 1991 lieferte Deutschland eine Leistung ab, die bis heute als eine der besten der Geschichte gilt. Die damalige Trainerin Tina Theune-Meyer hatte ihre Mannschaft perfekt auf die Gegnerinnen eingestellt. Kerstin Garefrekes brachte Deutschland in Portland früh in Führung, in den letzten Minuten des Spiels sorgten Maren Meinert und Birgit Prinz endgültig für die Entscheidung.

Kerstin Garefrekes und Birgit Prinz jubeln gegen die USA.

Kerstin Garefrekes und Birgit Prinz erzielten 2003 jeweils einen Treffer beim Sieg gegen die USA.

"In diesem Spiel wurde uns in den Arsch getreten. Während des gesamten Spiels wurden wir misshandelt. Sie zerstörten uns und spielten direkt um uns herum", sagte US-Verteidigerin Kate Markgraf. Das 3:0 gegen die schier übermächtigen Amerikanerinnen war der bis dahin größte Tag der deutschen WM-Geschichte im Frauenfußball. Veredelt wurde er eine Woche später, als die heutige Sportschau-Expertin Nia Künzer das DFB-Team in der Verlängerung gegen Schweden per Golden Goal zum Weltmeister machte.

2007 - Marta verzückt die Welt, die US-Girls gucken verdutzt zu

USA - Brasilien 0:4

Bei der nächsten WM in China musste das US-Team im Halbfinale jedoch eine noch höhere Niederlage einstecken. Und das lag einzig und allein an Marta. Der brasilianische Superstar lieferte damals das vielleicht beste Spiel seiner glorreichen Karriere ab. "Jahre später wollen alle immer mit mir über 2007 sprechen. In Brasilien wird immer über die Männer-Nationalmannschaft von 1982 gesprochen, und sie sprechen auch über unsere Mannschaft von 2007", sagte Marta einst. "Der Fußball, den wir gespielt haben, die Tore, die wir erzielt haben. Ich bin stolz darauf, dass wir schönen Fußball gespielt haben und dass sich die Leute an uns erinnern."

Marta wird bejubelt.

Die auf dem Rasen knieende Marta war nicht nur im Halbfinale 2007 der große Star.

Marta schoss zwei Tore und bereitete einen Treffer beim 4:0 der Brasilianerinnen vor, die dann im Endspiel an Deutschland scheiterten. Besonders hängen geblieben ist Martas fantastisches Tor zum Endstand, als sie nach einem spektakulären Solo traf. "Ich habe das Tor erzielt, das ich für das beste meiner Karriere halte. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen", sagte Marta im Jahr 2018. "Immer wenn ich über dieses Halbfinale spreche, erinnere ich mich an das vierte Tor. Ich habe ein ganz besonderes Spiel abgeliefert. Es war mein ganz besonderer Moment."

Für die USA war es dagegen ein schlimmer Moment. Doch auch nach dieser Niederlage zeigte der einstige Champion Klasse, die Amerikanerinnen erkannten die Leistung der sechsmaligen Weltfußballerin an. "Mit einer Spielerin wie Marta kann man nicht rechnen. Die Dinge, die sie mit dem Ball machen kann, sind unbeschreiblich", sagte der damalige US-Trainer Greg Ryan.

2019 - Morgan gönnt sich eine Tasse Tee auf ihr Siegtor gegen England

England - USA 1:2

Am kommenden Sonntag wollen die "Lionesses" nach dem EM-Titel im vergangenen Jahr auch auf den Sieg bei der WM anstoßen. Doch vor vier Jahren mussten sie der US-Stürmerin Alex Morgan dabei zusehen, wie sie das Siegtor im Halbfinalduell zum 2:1 zelebrierte - und das "very british". Morgan stellte sich hin und machte eine Bewegung, als würde sie eine Tasse Tee trinken - abgespreizter kleiner Finger inklusive.

Morgans Teestunde endete mit dem WM-Titel, ihr Jubel bleibt unvergessen. Ihre Provokation sorgte natürlich vor allem in England für eine Magenverstimmung - was den Amerikanerinnen noch mehr Spaß bereitete. "Die Engländer zu necken, ist so ein Vergnügen, weil sie sofort reagieren und völlig empört sind. Das war ein Spott auf höchstem Niveau. Das Ganze war ziemlich lustig, nicht zuletzt, weil die Engländer auch in Sachen Humor versagt haben", sagte Megan Rapinoe.

Morgan selbst ließ wissen, dass der Jubel eine Hommage an den britischen "Game of Thrones"-Star Sophie Turner gewesen sei. Die postete in der Vergangenheit immer wieder viral gegangene Videos, in der sie sich beim Teetrinken zeigt und vorher den Satz sagt "And that's the tea" ("Und das ist der Tee"). Turner reagierte auf Morgans Jubel prompt mit einem neuen Video: "Es ist mir eine Ehre, dass du an mich gedacht hast. Ich bin wirklich verdammt stolz auf dich. Herzlichen Glückwunsch zu deinem Sieg. Und das ist der verdammte Tee."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau FIFA Frauen WM | 16.08.2023 | 11:20 Uhr