Marokkos Zineb Redouani (r.) und die deutsche Nationalspielerin kämpfen um den Ball.

Trotz 0:6 gegen die DFB-Elf Marokkos "Löwinnen" dürfen stolz sein auf ihre WM-Premiere

Stand: 24.07.2023 13:23 Uhr

Marokko hat das erste WM-Spiel einer arabischen Frauen-Nationalmannschaft zwar klar verloren. Trotz des 0:6 (0:2) gegen das DFB-Team dürfen die "Atlas-Löwinnen" aber stolz sein auf ihren leidenschaftlichen Premieren-Auftritt auf der großen Weltfußball-Bühne.

Von Uli Petersen

Es lief die sechste Minute im Spiel zwischen Marokko und Deutschland, als Svenja Huth auf dem rechten Flügel elegant den Ball mit dem rechten Fuß kontrollieren wollte, Sekunden später aber nur mit einem Einwurf weitermachen konnte: Marokkos Verteidigerin Zineb Redouani hatte die aufgerückte deutsche Außenverteiderin mit einer resoluten, aber fairen Grätsche von der Kugel getrennt - und dafür Beifall von den Rängen im Stadion in Melbourne bekommen.

In der Defensive klar unterlegen

Diese Szene war am Montag (24.07.2023) sinnbildlich für den ersten Auftritt einer marokkanischen Frauen-Nationalmannschaft bei einer Fußball-Weltmeisterschaft: Das Team von Trainer Reynald Pedros war in der Premieren-Partie gegen den Weltranglisten-Zweiten und WM-Mitfavoriten Deutschland vor allem in der Defensive und auch spielerisch klar unterlegen, kämpfte aber verbissen um jeden Meter Rasen auf dem Spielfeld und jeden möglichen Ballgewinn.

Daran änderte auch der frühe 0:1-Rückstand nichts: Unmittelbar nach dem Kopfballtor von DFB-Kapitänin Alexandra Popp (11.) schwenkte die Fernsehkamera auf Marokko-Coach Pedros, der mit zwei Fingern im Mund laut pfiff und seinen Spielerinnen dann mit beiden Händen die Richtung anzeigte: weitermachen, nicht nachlassen.

Chebbak: "Wir als Mannschaft werden füreinander kämpfen"

Kapitänin Ghizlane Chebbak hatte vor dem Turnierstart gesagt, dass der Überraschungserfolg der marokkanischen Männer-Mannschaft mit dem Halbfinaleinzug bei der WM 2022 in Katar großer Ansporn für sie und ihr Team sei: "Sie haben uns dazu inspiriert, es ihnen gleichzutun und es im Turnier weit zu bringen. Wir werden alles geben, um die Fans zufrieden zu stellen. Wir als Mannschaft werden füreinander kämpfen."

Und so war es kein Wunder, dass die "Atlas-Löwinnen" den Anweisungen ihres Trainers über die gesamten 90 Minuten folgten und bis zum Schluss nach Kräften dagegenhielten. Am Ende konnten die "Löwinnen" trotz des am Ende deutlichen 0:6 gegen den überlegenen zweimaligen Weltmeister doch zufrieden sein mit ihrem ersten WM-Auftritt überhaupt.

Erstes Länderspiel für Marokkos Frauenteam 1998

Die Marokkanerinnen hatten sich als Vize-Afrika-Cupsieger 2022 als erstes arabisches Land überhaupt für eine Fußball-WM der Frauen qualifiziert. Damit schrieb das Pedros-Team bereits Geschichte, bevor überhaupt der erste Anpfiff beim Turnier in Australien und Neuseeland ertönte. Es sei eine Ehre und zugleich eine große Verantwortung, für Marokko an der WM teilzunehmen, sagte Kapitänin Chebbak.

Der marokkanische Nationaltrainer Reynald Pedros

Auch Marokkos Nationaltrainer Reynald Pedros darf zufrieden sein mit dem ersten Spiel seiner "Löwinnen".

Erst vor 25 Jahren, am 5. Juli 1998, bestritt die marokkanische Frauen-Auswahl ihr erstes Länderspiel. Zu diesem Zeitpunkt hatte etwa das DFB-Team bereits vier Europameistertitel (1989, 1991, 1995, 1997) und die Vize-Weltmeisterschaft 1995 eingefahren.

Tagnaout und Lahmari treffen nur fast

In den Stolz, gegen Deutschland das erste Frauen-WM-Spiel der marokkanischen Verbandsgeschichte bestritten zu haben, dürfte sich allerdings auch ein kleines bisschen Ärger mischen: Bei einigen Kontersituationen in den ersten 60 Minuten lag schließlich der geschichtsträchtige erste WM-Treffer des Weltranglisten-72. durchaus in der Luft. So zum Beispiel, als Fatima Tagnaout - allerdings aus abseitsverdächtiger Position - Torhüterin Merle Frohms um ein Haar überwunden hätte (42.), und als Stürmerin Anissa Lahmari beim Schuss in den rechten Winkel knapp im Abseits stand (53.).

Bessere Chancen gegen Südkorea und Kolumbien

Was nicht ist, kann aber ja noch werden: In den beiden weiteren Spielen der WM-Vorrunden-Gruppe H treffen die Marokkanerinnen in Adelaide auf Südkorea (30. Juli) und in Perth auf Kolumbien (3. August). Diese beiden Gegner sind deutlich schwächer einzuschätzen als das DFB-Team - und somit sind die Chancen auf das erste WM-Tor und auch den oder die ersten WM-Punkte dann sehr viel größer. Dafür allerdings muss Trainer Pedros dafür sorgen, dass die Defensive mehr Stabilität bekommt. Ansonsten, das zeigte das 0:6 deutlich, ist sein Team bei der WM nicht konkurrenzfähig.

Die marokkanische Nationalspielerin Nouhaila Benzina

Die Kopftuch-tragende Nouhaila Benzina kam gegen Deutschland nicht zu ihrem WM-Debüt.

In diesen Partien kann auch die 25 Jahre alte Nouhaila Benzina, die gegen Deutschland noch nicht zum Einsatz kam, WM-Geschichte schreiben: Sie wäre die erste Spielerin, die bei einer Frauen-WM während einer Partie einen Hidschab, also ein islamisches Kopftuch trägt.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau FIFA Frauen WM | 23.07.2023 | 06:40 Uhr