Real Madrids Präsident Florentino Perez.

Entscheidung am Europäischen Gerichtshof Der "Super-League-Klub" klagt

Stand: 12.07.2022 19:52 Uhr

Eine von Real Madrid angeführte Gruppe europäischer Topklubs kämpft weiter um die Einführung einer Super League. Der Streit mit den Fußballverbänden UEFA und FIFA ist vor dem Europäischen Gerichtshof angekommen.

Es sollte eine Revolution im europäischen Klubfußball werden, endete aber vorerst als Rohrkrepierer: Zwölf Topklubs, darunter viele der großen Namen im europäischen Fußball, verkündeten im April 2021 die Gründung einer neuen, selbstvermarkteten "Super League". Das Konsortium mit Nobelklubs aus England, Italien und Spanien wollte seine eigene Champions League, mit garantierten Milliarden-Einnahmen, die die Klubs unter sich aufteilen wollten, ohne die UEFA. Das Geld dafür sollte von großen Investmentbanken aus den USA kommen.

Erster Vorstoß für Super League im April 2021 gescheitert

Doch nach nur wenigen Tagen schien sich das Projekt selbst erledigt zu haben: Nachdem die UEFA mit Sanktionen gedroht und es wütende Proteste von Ligen und Fans - vor allem in England - gegeben hatte, verabschiedeten sich neun der zwölf abtrünnigen Klubs schnell wieder aus dem Projekt. UEFA-Präsident Alexander Ceferin erklärte die "Super League" für tot.

Ein womöglich etwas vorschnelles Urteil, wie bald klar wurde: Allen voran Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin wollten die Idee einer eigenen Superliga nicht so schnell begraben. Der Widerstand der UEFA, so der neue Plan, sollte nun juristisch gebrochen werden: Die "European Superleague Company", angeführt von Real-Präsident Florentino Perez, brachte ein Kartellverfahren auf den Weg. Bei einem Gericht in Madrid, das den Fall zunächst einmal an den Europäischen Gerichtshof weiterleitete. Der EuGH soll nun eine Vorabentscheidung treffen. Dort startete am Montag (11.07.2022) nun die mündliche Verhandlung, mit einer zweitägigen Anhörung.

EuGH-Gutachten für 15. Dezember angekündigt

Im Anschluss gab der EuGH bekannt, dass er sein Gutachten am 15. Dezember vorlegen werde. Der Einschätzung der EU-Richter kommt dabei eine große Bedeutung zu, auch wenn am Ende ein spanisches Gericht über die Klage entscheidet. Ein Urteil wird für Anfang 2023 erwartet.

Super-League-Klage vor dem EuGH: Haben UEFA und FIFA Monopolstellung?

Dabei soll es vor allem um die Frage gehen, ob die großen Verbände, UEFA und auch der Weltverband FIFA, eine marktbeherrschende Stellung haben. Und vor allem, ob sie dies ausnutzen, um damit mögliche Konkurrenzwettbewerbe von vornherein zu verhindern. Für Real-Boss Perez ist diese Frage längst beantwortet: Die derzeitige Struktur des europäischen Fußballs sei ein "Monopol" zum Vorteil der UEFA, sagte Perez vor dem Prozessauftakt im spanischen Sender "Chiringuito TV". In der Klage gegen die UEFA heißt es, der Verband würde die "beherrschende Stellung auf dem Markt der Veranstaltung internationaler Wettbewerbe für Fußballvereine in Europa und auf dem Markt der Kommerzialisierung der mit diesen Wettbewerben verbundenen Rechte missbrauchen".

Außerdem haben die klagenden Topvereine Sicherheitsmaßnahmen beantragt, "um die Gründung und Veranstaltung der European Super League zu ermöglichen". Der Europäische Gerichtshof solle überprüfen, ob die im Vorjahr durch die FIFA und UEFA angedrohten Sanktionen gegen Vereine und Spieler, die an der Super League teilnehmen wollten, rechtmäßig gewesen wären.

Im Vorfeld hatte Perez auch Einblick in die Argumente gegeben, mit denen die Superliga-Bosse die EU-Richter in Luxemburg überzeugen wollen: "Wir glauben, dass wir das Recht haben, innerhalb der Europäischen Gemeinschaft Wettbewerbe mit der UEFA zu organisieren", sagte der 75-Jährige. Es soll also, so zumindest will es Perez glaubhaft machen, um nicht mehr als eine weitere europäische Topliga neben der Champions League gehen - und nicht etwa darum, der bisherigen Königsklasse den Rang abzulaufen. Als ob dies nicht automatisch passieren würde, wenn die Fans dort nicht mehr die Topklubs aus Madrid, Manchester oder Barcelona zu sehen bekämen.

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin wiederum hatte zuletzt versucht darzulegen, dass der europäische Verband gar keine "Monopolstellung" besitze. Schließlich, so Ceferin, sei ja "niemand gezwungen, an unseren Wettbewerben teilzunehmen", ebenso wie "kein Verband gezwungen ist, Mitglied der UEFA zu sein". Diese Argumentation wiederum erscheint etwas durchsichtig.

Unterstützung bekommen die Verbände aus der europäischen Politik. Margaritis Schinas, Vizepräsident der Europäischen Kommission, stellte sich jüngst gegen die Idee einer Super League. Grundsätzlich hatte die EU-Kommission bei ähnlich gelagerten kartellrechtlichen Beschwerden aus der Welt des Sports bislang sehr zurückhaltend agiert, in vielen Fällen war es zu gar keinem Verfahren gekommen - möglicherweise auch, um keine Präzedenzfälle zu schaffen, die das europäische Sportsystem erschüttern könnten.

Auch beim aktuellen Verfahren geht es um die Frage, inwiefern das in Europa vorherrschende, von den Verbänden geprägte Sportsystem mit dem europäischen Wettbewerbsrecht im Einklang steht, hierzu soll der EuGH im Rahmen der Vorabentscheidung eine grundsätzliche Erklärung treffen.

Politik unterstützt Verbände gegen Super-League-Pläne

Das Europäische Parlament hat sich bereits im November zum bestehenden europäischen Sportmodell bekannt und sich in einer Erklärung mit großer Mehrheit gegen "abtrünnige Wettbewerbe" gewandt. Auch die Bundesregierung bekräftigte zuletzt, den DFB im Kampf gegen die Super League zu unterstützen und Vertreter zur Verhandlung vor den EuGH zu schicken.

"Eine Super League wäre nichts anderes als ein Frontalangriff auf das europäische Sportmodell und die Grundwerte des Sports", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf vor dem Prozessbeginn in der Welt am Sonntag. Neuendorf sorgt sich im Fall einer Entscheidung pro Super League um die Vereinskultur, speziell im deutschen Fußball. "Es geht darum, ob der Sport künftig wie bisher dem Allgemeinwohl dienen soll oder den Interessen weniger", so der DFB-Präsident.

DFB-Präsident Neuendorf warnt vor "geschlossenem System"

Die Super League wäre ein "in sich abgeschlossenes System", warnte Neuendorf, eine Liga, die keinen Auf- und Abstieg kennen würde: "Die Megaklubs blieben unter sich, und das eingespielte Geld würde mit hoher Wahrscheinlichkeit untereinander verteilt."

Allerdings: Noch mehr Geld für die Großen, dazu ein Rettungsschirm, sollten Real Madrid, Juventus, Chelsea und Co. mal schwächeln und sich womöglich nicht über die nationale Liga für die Champions League qualifizieren - all dies steckt auch in der Reform der europäischen Königsklasse ab 2024 und ist von der UEFA bereits beschlossen.