Mönchengladbach Daniel Farke und Roland Virkus sind ein wenig ratlos

Umbruch in Mönchengladbach Virkus analysiert alles in Gladbach - also auch sich selbst

Stand: 26.05.2023 10:03 Uhr

Bei Borussia Mönchengladbach soll nach dieser verkorksten Saison erst eine große Analyse, dann ein großer Umbruch erfolgen. Betroffen sind Mannschaft, Trainer - und vielleicht auch Sportdirektor Roland Virkus.

Am Mittwochmittag (24.05.2023) konnte Virkus mal wieder einen Erfolg vermelden, ihm ist ein Transfer geglückt, sogar vom FC Bayern München. Der 19 Jahre alte Angreifer Grant-Leon Ranos kommt zur nächsten Saison ablösefrei aus dem Nachwuchs des vermutlich baldigen Ex-Meisters, er unterschrieb einen Vierjahres-Vertrag im Borussia-Park.

Suche nach Thuram-Nachfolger

Ob Ranos eine unmittelbare Verstärkung wird, ist offen. Es kann auch sein, dass er zunächst mal für die Gladbacher U23 stürmen wird. Sicher ist, dass Ranos nicht die händeringend gesuchte Nachfolge-Lösung für Marcus Thuram sein wird. Diese Causa ist derzeit die zweitwichtigste beim bevorstehenden Umbruch in Mönchengladbach. Ohne einen adäquaten Ersatz für den besten Torjäger des VfL (13 Treffer) wird es in der kommenden Spielzeit noch schwieriger als in der aktuellen - dann droht sogar der Kampf gegen den Abstieg.

Noch wichtiger als die Stürmersuche ist der Umgang mit dem Trainerposten. Mehrere Medien berichteten zuletzt, dass die Trennung von Daniel Farke nach nur einem Jahr trotz Vertrags bis 2025 beschlossen, nur noch nicht verkündet sei. Virkus ging zunächst auf Tauchstation, erklärte dann mit Verzögerung, dass alle Personalentscheidungen erst nach einer umfassenden Analyse der gesamten Saison getroffen würden.

Öffentlichkeit mag Virkus nicht

Auf Sportschau-Nachfrage, ob es beim Wort "alles" auch um seine eigene Position ginge, antwortete der Sportchef: "Es bleibt bei der Absicht, in Ruhe alles genau zu analysieren und daraus die Schlüsse für die neue Saison zu ziehen." Virkus schloss also ausdrücklich nicht aus, dass es bei einer Neuausrichtung auch um Virkus geht.

Der Nachfolger des medienversierten Max Eberl, der inzwischen in Leipzig arbeitet, mag es nach wie vor überhaupt nicht, in der Öffentlichkeit zu stehen. Er stellt sich nach den Spielen zwar immer wieder mal den Journalisten, auch nach Niederlagen. Aber kann darauf auch sehr gut verzichten, Fernsehinterviews mag er ebenfalls nicht, Studioauftritte schon gar nicht. Er macht das Nötigste, weil es zu seiner Jobbeschreibung gehört, viel lieber würde er sich aber allein um das Sportliche kümmern.

Zu viele Stars sind ablösefrei weg

Da hat er bisher gar nicht so viel falsch gemacht. Dass der Neuaufbau beispielsweise extrem dadurch erschwert wird, dass Großkaliber wie Thuram und Ramy Bensebaini einfach ihre Verträge auslaufen ließen und jetzt ablösefrei gehen, ist eher das Erbe seines Vorgängers. Eberl hatte es auch schon nicht geschafft, für Nationalverteidiger Matthias Ginter Geld einzunehmen, auch der ging ohne Ablöse und hat jetzt den SC Freiburg auf Europakurs gebracht.

Bei Denis Zakaria war der Fall ähnlich, da blockierte Eberl zunächst den Verkauf, dann fand sich kein Abnehmer mehr, letztlich wurde der Hochkaräter für die Minisumme von 4,1 Millionen Euro an Juventus Turin verscherbelt. All dieses Geld für Zakaria, Ginter, Bensebaini und Thuram fehlt jetzt Virkus für den Neuaufbau.

Ngoumou-Transfer bisher ohne Gegenwert

Was man Virkus vorwerfen kann, sind acht Millionen Euro für seinen bisherigen Königstransfer Nathan Ngoumou. Der Franzose ist nie Stammspieler geworden, hat erst ein einziges Tor erzielt. Auch bei der Nachfolgesuche für Adi Hütter hat Virkus kein Glück gehabt: Unter Daniel Farke ist die Mannschaft schlechter geworden, rief nur noch in Highlightspielen ihr Potenzial ab, kam auswärts nur auf zehn Saisonpunkte, kein Spieler hat sich unter Farke wirklich zum Positiven entwickelt.

Der Coach verweist allerdings nicht zu Unrecht darauf, dass er die Saison durchaus im Bereich von Virkus' Zielvorgabe abschließen wird. "Wir waren uns einig, dass eine Saison zwischen Platz sieben und zwölf das realistische Ziel ist. Jetzt werden wir entweder Elfter oder sogar Zehnter und haben damit den Abwärtstrend der vergangenen Jahre gestoppt", sagt Farke. Welche Ziele nun nach den Abgängen sehr vieler Leistungsträger - neben Thuram und Bensebaini gehen auch Kapitän Lars Stindl und möglicherweise noch Nico Elvedi und Florian Neuhaus - für die kommende Saison ausgegeben wird, steht noch in den Sternen.

Spekulationen um Neuanfang mit Spycher und Seoane

Noch ist nicht mal sicher, ob diese Vorgabe erneut von Virkus ausgegeben wird. Auch ein kompletter Umbruch beispielsweise mit dem Berner Sportdirektor Christoph Spycher und einem Trainer wie Gerardo Seoane (zuletzt Leverkusen, davor mit Spycher in Bern) wird rund um den Borussia-Park bereits diskutiert. Die Ergebnisse der großen Analyse in der kommenden Woche sind auf jeden Fall mit Spannung zu erwarten.