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Union Berlin schockiert
Rassismus-Vorwurf - DFB ermittelt gegen Union-Profi
Nach Rassismus-Vorwürfen gegen einen Profi des 1. FC Union Berlin hat Leverkusens Nadiem Amiri dessen Entschuldigung angenommen. Unions Manager Ruhnert bezweifelte dagegen, dass es überhaupt einen Vorfall gegeben hat. Der DFB ermittelt.
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Bayer Leverkusens Nadiem Amiri hat eine Entschuldigung für eine rassistische Äußerung während des Bundesligaspiels gegen Union Berlin akzeptiert. "Er ist zu mir in die Kabine gekommen. Es sind aus den Emotionen heraus unschöne Worte gefallen, die ihm sehr leidtun. Er hat mir das glaubwürdig versichert, deswegen ist die Sache für mich erledigt", wurde der 24 Jahre alte Profi am Samstagmorgen (16.01.2021) von seinem Verein Bayer Leverkusen bei Twitter zitiert. Union-Profi Florian Hübner soll Amiri in der Schlussphase des Spiels als "Scheiß Afghane" bezeichnet haben.
Unions Manager Ruhnert bestreitet Vorfall
Der Wirbel um die Rassismus-Vorwürfe ist aber auch nach Amiris Bereitschaft, die Sache nun ruhen zu lassen, für den 1. FC Union Berlin noch nicht vorbei. Trainer Urs Fischer und Manager Oliver Ruhnert sind weiter mit einem Problem konfrontiert, das rein gar nicht zum Selbstverständnis der "Eisernen" passt und einen Schatten auf den sportlichen Sensationskurs in der Fußball-Bundesliga wirft.
"Ich möchte das in Ruhe klären und nicht was erzählen, was ich nicht weiß", sagte Fischer. "Solche Dinge haben auf dem Fußballplatz nichts verloren. Von daher gilt es sicherlich, das aufzuarbeiten", betonte der Schweizer nach dem 1:0-Sieg am Freitagabend.
Am Tag danach bestritt Manager Ruhnert dann, dass die zitierte Aussage überhaupt gefallen ist und nahm seinen Spieler Hübner in Schutz. "Er hat sich so nicht geäußert", sagte Ruhnert in einem digitalen Pressegespräch des Fußball-Bundesligisten am Samstag. Dem Verteidiger Rassismus "anzudichten" sei schon alleine wegen der Hautfarbe von dessen Ehefrau "schwierig", fügte Ruhnert an.
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DFB ermittelt
Eine Sanktion gegen Hübner (29) durch den Verein werde es daher nicht geben. Allerdings hat der DFB-Kontrollausschus Ermittlungen aufgenommen: "Es besteht der Verdacht, dass der Berliner Spieler Florian Hübner seinen Leverkusener Gegenspieler Nadiem Amiri, dessen Eltern aus Afghanistan stammen, rassistisch beleidigt haben könnte", teilte der Verband mit.
Weiter betonte der DFB, alle Beteiligten zu Stellungnahmen aufgefordert zu haben. Der DFB dulde keinerlei Rassismus, erklärte Anton Nachreiner, Vorsitzender des Kontrollausschusses: "Das ist für uns ein absolutes No-Go und wird bei Nachweis auch entsprechend bestraft."
Vorwürfe überschatten dramatische Partie
Gegenüber Amiri muss es aber offenbar ein Schuld-Eingeständnis gegeben haben, das er auch als überzeugend empfand. Zuvor war er sichtlich aufgewühlt und empört ob der verbalen Auseinandersetzung.
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Nur durch die anschließenden klaren Worte seines Bayer- und DFB-Kollegen Jonathan Tah wurde der Vorfall in seiner Tragweite publik. "Nadiem Amiris Herkunft wurde beleidigt. Das gehört hier nicht auf den Platz. Das ist das Traurigste am gesamten Abend", so der Innenverteidiger.

Unions Trainer Urs Fischer (l.) im Austausch mit Nadiem Amiri
Auf Bildern ist zu sehen, wie sich der 24-jährige Amiri aufgebracht mit mehreren Kontrahenten unterhält. Gestik und Mimik der Beteiligten verdeutlichen die angespannte Stimmung. Auslöser war offenbar ein Disput über ein vermeintliches Foulspiel kurz vor dem späten Union-Siegtor von Cedric Teuchert (88. Minute). Amiri hatte danach gemeckert und war von Schiedsrichter Florian Badstübner verwarnt worden.
Demirbay macht Schiedsrichter Vorwurf
Amiri, dessen Eltern in den 80er Jahren aus Afghanistan nach Deutschland kamen, soll nach dem Spiel aufgelöst in der Kabine gesessen haben. Bayer-Profi Kerem Demirbay machte dem Referee den Vorwurf, die Situation nicht im Blick gehabt zu haben. Die Beschreibung des Schiedsrichters im Spielbericht ist mitentscheidend für eine mögliche Begutachtung des Falls durch den DFB-Kontrollausschuss. Amiris Annahme der Entschuldigung kann sich auf ein mögliches Urteil auswirken, nicht aber Ermittlungen als solche verhindern.
In ersten Reaktionen nach dem Spiel hatten Leverkusens Trainer Peter Bosz und die Verantwortlichen von Union den Vorfall scharf verurteilt. "Wir entschuldigen uns dafür, wenn das so gefallen ist. Es tut uns leid, das möchten wir gerne auch hier nochmal den Gästen mitgeben", betonte Union-Pressesprecher Christian Arbeit. Zur Tagesordnung will man in Berlin-Köpenick nicht übergehen. Diese Reflexion war zuletzt im Profisport beim heiklen Thema Rassismus und von diversen Protagonisten sorglos gewählten Formulierungen unüblich.
"Tut uns leid". Sportschau. 16.01.2021. 00:26 Min.. Verfügbar bis 16.01.2022. Das Erste.
dpa/sid/jha | Stand: 16.01.2021, 10:48