
FIFA verhängt faktische Transfersperre FAQ - das Urteil gegen den 1. FC Köln und mögliche Folgen
Der Transfer des slowenischen Jugendspielers Jaka Čuber Potočnik könnte schwerwiegende sportliche Konsequenzen für die Profimannschaft des 1. FC Köln und damit für den finanziell ohnehin gebeutelten Klub haben. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum sogenannten Transferbann.
Was ist passiert?
Der Weltverband FIFA hat dem 1. FC Köln am Mittwoch (29.03.2023) ein Urteil zugestellt, das verschiedene Strafen vorsieht. Die bedeutendste: Der Klub darf in den kommenden beiden Registrierungsperioden - Sommer 2023 und Winter 2023/24 - weder für nationale noch internationale Wettbewerbe Spieler registrieren.
Daher "sogenannter" Transferbann, denn Transfers sind dem Verein grundsätzlich in den Perioden erlaubt. Allerdings werden die Spieler keine Spielerlaubnis für Pflichtspiele erhalten. Somit ist der Registrierungsbann faktisch ein Transferbann, denn wer kommt schon zu einem Verein, nur um Testspiele zu bestreiten? Außerdem wird der 1. FC Köln keinen Spieler auf der Gehaltsliste haben wollen, der nicht spielen darf.
Warum hat die FIFA den 1. FC Köln bestraft?
Auslöser des Rechtsstreits ist der Slowene Jaka Čuber Potočnik, geboren am 17. Juni 2005. Er war Spieler bei NK Olimpija Ljubljana in seiner Heimat und hatte dort 2021 einen bis 2024 gültigen Vertrag unterschrieben. Als Minderjähriger benötigte das Arbeitspapier auch die Unterschrift eines Erwachsenen. Diese leistete seine Mutter.
Tina Čuber war es dann auch, die den Vertrag am 30. Januar 2022 einseitig kündigte. Als Begründung nannte sie, dass der Verein Vertragsinhalte nicht eingehalten habe, etwa jenen, dass ihr Sohn mit den Profis trainieren dürfe.
Bereits einen Tag später meldete der 1. FC Köln im Registrierungssystem der FIFA den Transfer Potočniks an und lud den Vertrag, gültig bis Juni 2024, hoch. So führt es die FIFA in der Beschreibung des Falls und dem Urteil auf, das der Sportschau vorliegt.
Stein des Anstoßes ist die einseitige Kündigung, denn die darf nur aus triftigem Grund erfolgen. Den sah die FIFA nicht, zudem führte Olimpija Ljubljana in dem ausschließlich schriftlich geführten Verfahren aus, es habe die Vertragsinhalte eingehalten.
Die FIFA ist der Ansicht, der 1. FC Köln habe Potočnik und seine Mutter gedrängt, den Vertrag zu kündigen, um sich so als vertragsloser Spieler dem deutschen Bundesligisten anschließen zu können.
Was sagt der 1. FC Köln?
Geschäftsführer Christian Keller nannte das Urteil "absurd" und kündigte an, vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen zu wollen. Zudem fordert er, dass der Registrierungsbann ausgesetzt wird, solange der CAS kein Urteil gesprochen hat. Die Kölner haben laut Schreiben der FIFA Zeugen und Belege, dass Olimpija Ljubljana vertragsbrüchig geworden sei und es deshalb die geforderten triftigen Gründe für eine einseitige Kündigung gab.
Was sagt Olimpija Ljubljana?
Olimpija sagt, die Vertragsinhalte geachtet zu haben. Wie das Schreiben der FIFA zeigt, wird es hier sehr kompliziert, denn Ljubljana soll lediglich gewährleisten, dass Potočnik beste Bedigungen habe, um mit der ersten Mannschaft zu trainieren und zu spielen. Eine Garantie habe es aber nicht gegeben, und dies könne der 1. FC Köln auch nicht beweisen.
Auch der slowenische Klub ist mit dem FIFA-Urteil nicht einverstanden. Unter anderem, weil Ljubljana nur ein Schadenersatz von 51.750 Euro zugesprochen wurde. Man werde vor dem CAS in Berufung gehen, kündigte Olimpijas Geschäftsführer im Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger an.
Wie sind Kölns Chancen vor dem CAS?
Es gibt kaum Präzendenzfälle, auch deshalb ist eine Prognose schwierig. Großes Problem der Kölner ist die Beweislastumkehr. In den Statuten der FIFA heißt es: "Ein Verein, der einen Berufsspieler, der seinen Vertrag ohne triftigen Grund aufgelöst hat, unter Vertrag nimmt, macht sich der Anstiftung zum Vertragsbruch schuldig, es sei denn, er kann den Gegenbeweis antreten."
Bei der wahrscheinlichen Verhandlung vor dem CAS wird es also vermutlich darauf ankommen, mindestens einen "triftigen Grund" zu belegen.
Gab es keine Chance auf eine gütliche Einigung?
Doch, es gab Gespräche, die Angelegenheit über Geld zu regeln. Aber sie scheiterten. Über die Inhalte geben beide Vereine unterschiedliche Auskünfte. Laut Schreiben der FIFA reichte Olimpija Ljubljana am 25. Juli 2022 Klage bei der FIFA ein.
Wer ist verantwortlich für den Transfer von Potočnik?
Im Januar 2022 war Alexander Wehrle, heute beim VfB Stuttgart, noch Geschäftsführer des 1. FC Köln. Sein Mitstreiter war Philipp Türoff, der auch heute noch im Amt ist. Christian Keller wurde erst am 1. April, also etwa zwei Monate nach dem vielleicht verhängnisvollen Transfer, Geschäftsführer Sport.
Gilt die Registrierungssperre für den gesamten Klub?
Nein. Die Frauenabteilung der Kölner ist davon unberührt, teilte die FIFA der Sportschau mit. Bei den Männermannschaften war die Formulierung vage, vermutlich sind alle Mannschaften betroffen, die unter das Dach der Kommanditgesellschaft ausgelagert wurden: Profis, U21, U19, U17.
Was ist mit dem Transfer von Leart Paqarada?
Der aktuelle Spieler des FC St. Pauli hat einen Arbeitsvertrag beim 1. FC Köln ab der kommenden Saison unterschrieben. Sollte das Urteil bestehen bleiben, wird er aber für Pflichtspiele nicht spielberechtigt sein. Vermutlich würde dann neu verhandelt.
Was droht dem 1. FC Köln?
Spieler wie Ellyes Skhiri waren ohnehin schon als Abgänge im Gespräch. Auch die Zukunft von Jonas Hector gilt als offen. Den Spielbetrieb könnte der 1. FC Köln aufrechterhalten, denn bereits registrierte Amateurspieler dürfte er zu den Profis hochziehen. Außerdem dürfte er verliehene Spieler zurückholen und aktuelle Leihen verlängern oder die betreffenden Spieler fest verpflichten.
Aber der sportliche Substanzverlust wäre selbst dann so hoch, dass der 1. FC Köln den Abstieg fürchten müsste, je nach Ausgang dieser Saison vielleicht sogar aus der 2. Liga.
Wie geht es mit Potocnik weiter?
In der A-Junioren-Bundesliga hat der slowenische Junioren-Nationalspieler zuletzt für Furore gesorgt. In 15 Spielen erzielte der Mittelstürmer 13 Treffer und gilt als große Nachwuchshoffnung. Den U19-Junioren wird Potocnik im Saisonendspurt der Meisterschaft und im Pokal nun aber fehlen: Er ist von sofort an mit einer Sperre von vier Monaten belegt worden.