FC Bayern München | Amazon-Doku "Behind the Legend" - Bayern-Doku funktioniert (nur) als Helden-Epos

Stand: 01.11.2021 10:00 Uhr

In "Behind the Legend" zeigt sich der FC Bayern familiär, gutlaunig und am Ende immer: erfolgreich. Weil die Wahrheit natürlich anders aussieht, dürfte die neue Doku bei neutralen Zuschauern eher nicht funktionieren.

Nun ist er also dabei, der FC Bayern. Bei jenen Klubs, die eine Dokumentation über ihren vermeintlichen Alltag in die Welt der Streamingdienste senden. "FC Bayern - Behind the Legend" heißt die Serie, deren erste Staffel sechs Teile umfasst und ab dem 2. November bei Amazon Prime zu sehen ist.

Die ersten drei Teile haben die Macher im Vorfeld schon einmal zur Ansicht an die Presse gegeben. Los geht's nach der Wintervorbereitung der Saison 2020/21. Thomas Müller ist zu sehen, wie er gutlaunig durch den Massageraum der Bayern läuft und die Kollegen mit einem launigen Spruch begrüßt.

Drollig: Flick verzweifelt an Ballmaschine

Oder Hansi Flick, der auf dem Trainingsplatz bei der Bedienung einer flankenschlagenden Ballmaschine verzweifelt. Einer nach dem anderen der von Flick losgeschickten Bälle fliegt weit an dem vor dem Tor wartenden Eric Maxim Choupo-Moting vorbei. Dessen unsichere Miene kontert Flick mit geqältem Lächeln, ehe er die unbrauchbare Maschine kurzerhand wieder vom Platz schiebt.

So etwas ist schön und soll dem Anspruch einer solchen Serie genügen: einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Es ist ja tatsächlich interessant zu sehen, wie es in der Bayern-Kabine zugeht und wie die bislang für Außenstehende verschlossene Säbener Straße von innen aussieht.

Nur Bilder, die der FC Bayern auch senden will

Aber klar ist eben auch: Eine solche Dokumentation wird nur jene Bilder zeigen, die der FC Bayern auch senden will. Heißt: Wenn’s kritisch wird, geht die Kamera aus.

So reicht eine unmissverständliche Geste Flicks in Richtung Kameramann nach der 1:2-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt. Und der Zuschauer bekommt eben nicht zu sehen, was in der Kabine nach einer ärgerlichen Niederlage passiert und gesprochen wird.

Stattdessen wird lieber draufgehalten, als das Team einen 0:2-Rückstand gegen Borussia Dortmund dank einer außerordentlichen Leistung noch in einen triumphalen Sieg ummünzt. Die Heroen bäumen sich beherzt auf.

Sie kämpfen - untermalt von martialischer Filmmusik - gegen alle Widerstände und besiegen den Rivalen am Ende dank ihrer Mentalität und Kraft. Da ist der Kameramann auch anschließend in der Mannschaftskabine ein gern gesehener Gast.

Bayern-Doku erreicht englisches Vorbild nicht im Ansatz

Für den Bayern-Fan dürfte mit "Behind the Legend" ein Traum in Erfüllung gehen. Der neutrale Zuseher - der einst womöglich mit "Sunderland 'Til I Die" eine der ersten und überzeugendsten Sport-Dokus dieser Art gesehen hat - muss sich angesichts solcherlei inszenierter Bayern-Glorie eher enttäuscht abwenden.

Die 14-teilige Serie über den 2017/18 aus der Premier League abgestiegenen AFC Sunderland, der eigentlich sofort wieder aufsteigen will, aber immer tiefer ins Elend rutscht, ist im Vergleich ein Meisterwerk. Weil er leidende Vereinsverantwortliche, Spieler und eine Handvoll Hardcore-Fans wirklich authentisch begleitet und Nähe zulässt.

Es trifft den Zuschauer in der Seele, wenn er bei all den schwachen Momenten dieser Menschen tatsächlich hautnah dabei ist. Wenn man mitleiden kann, dann menschelt's halt.

Perfekt inszenierte Bilder

Das tut es bei "Behind the Legend" nicht. Nie. Dafür sind die Bilder aus dem Innersten des FC Bayern viel zu glatt, viel zu perfekt inszeniert. Wenn Oliver Kahn über seine Karriere sprechen darf, sitzt er perfekt ausgeleuchtet vor seinem trefflich aufgeräumten Schreibtisch, Hansi Flick ist im Interview vor einem riesigen Bayern-Logo zu sehen.

Sogar Joachim Löw wird beim Gespräch markengerecht in einer riesigen FC Bayern-VIP-Loge platziert. Unnötig zu erwähnen, dass auch die Logos und Werbetafeln der Bayern-Sponsoren im Serien-Verlauf bestens ins Bild gesetzt werden.

Trend: Über sich selbst berichten

Man darf nicht naiv sein. Dies und nichts anderes musste man von einer FC-Bayern-Doku erwarten. Kaum anders war es ja zuvor bei Manchester Citys Doku "All or Nothing", ebenso wie bei der Amazon-Serie "Inside Borussia Dortmund". Ähnlich waren auch Dokus bereits über Juventus Turin und Tottenham Hotspur. Es geht hier um kühles Geschäft, um das Erreichen neuer Altersgruppen und Märkte.

Es geht um das Image der Marke. Und damit setzt sich der Trend fort, dass Klubs der Fußball-Bundesliga zunehmend ihre eigene Berichterstattung installieren. Naturgemäß kommen darin Nachfragen oder Kritik unabhängiger Berichterstatter nicht vor. Unter diesen Aspekten scheint auch die Doku des FC Bayern ganz gut gelungen zu sein.