Dennis Schröder in Toronto

Saisonstart mit Toronto Raptors WM-Held Schröder schlägt das nächste NBA-Kapitel auf

Stand: 25.10.2023 10:17 Uhr

Dennis Schröder hat die deutschen Basketballer zum WM-Gold geführt. Der 30-Jährige schwelgt immer noch in Erinnerungen an den historischen Triumph. Dabei ist er nun in der NBA gefordert - bei den Toronto Raptors.

Die Trainingshalle der Raptors ist indes leicht zu übersehen - vor allem an einem nasskalten Tag wie diesem. Das Thermometer erreicht kaum zweistellige Grade, der 553 Meter hohe CN-Tower, einst das höchste Gebäude der Welt, ist ebenso in einen Nebel-Wolken-Mix gehüllt, wie all die anderen Wolkenkratzer in Downtown Toronto. Es ist Herbst in Kanadas größter Stadt - unverkennbar.

Im OVO Athletic Centre ist die Stimmung im NBA-Team dennoch ausgelassen. Dennis Schröder hat am meisten Spaß. Als der Braunschweiger nach der Trainingseinheit im Duell mit einigen Teamkollegen den entscheidenden Freiwurf verwandelt, sprintet er in seinem schwarzen, ärmellosen Shirt mit den roten Buchstaben "Toronto Raptors Basketball" einmal jubelnd durch die Halle.

Trainer Rajakovic ausschlaggebend für Schröders Unterschrift

Schröder ist erst seit wenigen Wochen hier, doch er fühlt sich bereits sichtlich wohl. “Team, Trainerstab, Organisation - alles ist sehr gut. Ich freue mich, hier zu sein”, sagt er im Gespräch mit sportschau.de. Toronto hatte ihm schon immer gut gefallen, als er in den vergangenen zehn Jahren mit seinen Teams hier zu Gast war.

Dennis Schröder mit dem Headcoach Darko Rajakovic

Und dann ist da noch ein wichtiger Punkt für seine Unterschrift unter einen Zwei-Jahres-Vertrag im Sommer gewesen: der neue Raptors-Trainer Darko Rajakovic. Der war 2018 Assistenzcoach bei den Oklahoma City Thunder. Als Schröder damals von den Atlanta Hawks dorthin getauscht wurde, meldete sich Rajakovic als Erster bei ihm und ging mit dem Deutschen und dessen Familie essen. "Wir haben damals sehr viel Spaß gehabt, sehr viel Zeit auf dem Feld investiert. Auch seinetwegen habe ich mich für Toronto entschieden", sagt Schröder.

Schröder contra Rajakovic - aber nur im WM-Finale

Rajakovic gibt die Komplimente gerne zurück. Sein deutscher Spielmacher sei "gereift" betont er. "In Oklahoma ist er großartig gewesen. Aber jetzt ist er auf einem komplett anderen Niveau", hebt der 44-Jährige hervor. Die gute Beziehung der beiden wurde am 10. September etwas strapaziert. Rajakovic ist Serbe - und Schröder spielte an jenem Sonntag im Finale der Weltmeisterschaft mit Deutschland gegen Serbien.

Der Braunschweiger kann sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er erzählt, wie beide sich vor dem Endspiel noch gegenseitig SMS geschrieben hatten. Der Coach hatte sich zwar über die 77:83-Niederlage seiner Landsleute geärgert, sich aber zugleich für Schröder gefreut. Generell bekam Deutschlands Nationalmannschafts-Kapitän, der zudem als "wertvollster Spieler" (MVP) der WM ausgezeichnet wurde, viele Gratulationen und Glückwünsche von seinem neuen Verein.

Deutschlands WM-Triumph "immer noch unreal"

Der WM-Triumph von Manila ist mittlerweile mehr als 44 Tage her. Für Schröder ist er aber vor allem eines: "Immer noch unreal. Gar nicht zu fassen. Echt Wahnsinn."

Obwohl für ihn und die Raptors am Mittwoch (Ortszeit) die neue NBA-Saison mit einem Heimspiel gegen die Minnesota Timberwolves beginnt, guckt sich Schröder noch täglich die deutschen WM-Highlights an. Und die WhatsApp-Gruppe der Nationalmannschaft gibt es natürlich auch noch. "Die ist aktiv und das sollten wir auch während der Saison so beibehalten", meint Schröder.

Sein Ziel in Toronto: die Playoffs. Natürlich. Damit das klappt, wird es auch auf sein Zusammenspiel mit Jakob Pöltl ankommen - dem 2,13 Meter großen Center und einzigen Österreicher in der NBA.

Jakob Pöltl von den Toronto Raptors

Jakob Pöltl von den Toronto Raptors

Pöltl findet es "angenehm, jemand zu haben, mit dem man auch Deutsch reden kann”, sagt er gegenüber sportschau.de. Der Wiener sieht es als Vorteil an, mit dem Braunschweiger "im Spiel auf Deutsch miteinander zu kommunizieren und die meisten anderen Spieler werden’s nicht verstehen".

Gute Basketball-Adresse Toronto

Toronto ist, sportlich gesehen, vor allem durch sein NHL-Team, die Maple Leafs, weltbekannt. Allerdings ist die Stadt längst auch eine gute Basketball-Adresse geworden. 2019 holten die Raptors, angeführt von Kahwi Leonard, erstmals den NBA-Titel nach Kanada. Und wer durch Torontos Vororte fährt, sieht keine Kinder auf der Straße Streethockey spielen, aber über vielen Garagentoren und in Grundstückseinfahrten Basketballkörbe hängen.

Schröder hat in seiner NBA-Karriere unter anderem für die Rekordmeister Los Angeles Lakers und Boston Celtics gespielt. Ab sofort trägt er das Trikot des einzigen NBA-Vereins aus Kanada. Ja, das sei schon etwas Besonderes, betont er. Schröder spricht nicht von "Kanadas Team", hat aber in den Wochen der Saisonvorbereitung bereits den Rückhalt der Anhänger gespürt.

Schröders siebte NBA-Station im elften Jahr

Das erste Vorbereitungsspiel gegen die Sacramento Kings im 4.400 Kilometer entfernten Vancouver war ebenso ausverkauft, wie die letzte Testpartie vergangenen Freitag in Toronto gegen die Washington Wizards. "Basketball hat einen Riesenstellenwert hier. Die Fans sind da, unterstützen. Mehr kannst du dir als Spieler nicht wünschen", so Schröder.

Die Raptors sind im elften NBA-Jahr seine siebte NBA-Station. Schröder hat schon viel gesehen in den USA. Atlanta, Oklahoma, L.A., Boston, Houston, wieder L.A.. Nun folgt in Toronto ein kanadisches Kapitel. Ihm ist klar, dass die NBA ein Business ist. "Du weißt nicht, was passiert, kannst bis Februar getradet werden." Dennoch wirkt Schröder bei diesen Worten gelassen. Klingt wie jemand, der sich an das Nomadenleben gewöhnt hat, vielleicht auch einfach gewöhnen musste. "Ich versuche einfach nur, Tag für Tag zu genießen, dass ich überhaupt hier in der besten Liga der Welt bin."