Basketball-Bundestrainer Gordon Herbert

Basketball-EM-Halbfinale gegen Spanien Gordon Herbert - Leisetreter mit klarem Plan

Stand: 16.09.2022 08:47 Uhr

Die deutschen Basketballer berauschen sich bei der Heim-Europameisterschaft am eigenen Spiel und greifen nach der ersten Medaille seit 17 Jahren. Am Freitagabend (16.09.2022) trifft die Auswahl des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) im EM-Halbfinale auf Spanien. Hinter dem Erfolg steckt auch der Plan von Bundestrainer Gordon Herbert.

Auch mit Gordon Herbert haben die tollen Basketball-Tage von Köln und Berlin etwas gemacht. Der Bundestrainer ist eigentlich Wein-Liebhaber, nach dem rauschhaften Sieg im Viertelfinale gegen Griechenland bekannte er aber bei der Pressekonferenz, dass er jetzt am liebsten ein kaltes Bier hätte.

Am Tag darauf, bei der täglichen Medienrunde im Hotel, wurde er dann gefragt, ob er sein Bier denn später noch bekommen habe. Ja, aber nur das eine, antwortete der Kanadier und lächelte: "Es war eine wilde Nacht."

Dass Herbert locker Scherze macht, gehörte in den ersten Tagen des Turniers noch nicht zum Programm. Da erfüllte der 61 Jahre alte Kanadier eher das Bild, das man von ihm aus seiner Zeit in der Bundesliga kannte: Ein ruhiger Mann mit angenehm wohltemperierter Stimme und natürlicher Autorität.

Voigtmann über Herbert: "Alles was er sagt, hat einen Sinn"

Jo Voigtmann, der unter Coach Herbert in Frankfurt zum Nationalspieler reifte, verweist auf die besondere Biografie des Trainers, der aus einer Kleinstadt in British Columbia stammt, aber fast 20 Jahre in Finnland gelebt hat: "Er ist Kanadier mit finnischem Einschlag", sagt Voigtmann, dies sei schon eine besondere Mischung.

Aber auch wenn es von ihm nicht viele Worte gebe: "Alles, was er sagt, hat einen Sinn. Er korrigiert viel und versucht uns immer zu verbessern." Aber nicht, weil man als Trainer eben viel korrigieren müsse, so Voigtmann, vielmehr hätten die Spieler bei ihm immer das Gefühl: "Er will, dass wir bestmöglich vorbereitet sind, in schwierigen Momenten."

Dass Herbert offenbar die richtige Ansprache beim DBB-Team findet, dies wurde bei den zwei brenzligsten Situationen des bisherigen Turniers deutlich: Wie schon beim Vorrundenspiel gegen Bosnien fand der Bundestrainer auch im Viertelfinale gegen Griechenland, als das Team schon zur Halbzeit 61 Punkte kassiert hatte, die richtigen Worte.

Herbert justierte vor allem die Verteidigung neu, das deutsche Team kam mit einem klaren Plan, anderer Rollenverteilung und mehr Zugriff beim Rebound aus der Kabine. So gelang es, den Aktionsradius des bis dahin unaufhaltsamen NBA-Giganten Giannis Antetokounmpo einzuschränken.

Herberts Handschrift beim DBB-Team: Teamgeist und Defensive

Die defensive Meisterleistung, die das deutsche Team gegen einen der besten Basketballer der Welt ablieferte, war der eigentliche Schlüssel für den starken Lauf im zweiten Durchgang und für den Erfolg gegen den Top-Favoriten. Die Handschrift des Trainers war nicht nur taktisch zu erkennen, sondern vor allem durch die große Geschlossenheit, die Herbert den Spielern offenbar einmal mehr erfolgreich in Erinnerung gerufen hatte.

Der starke Teamgeist, auch von den Spielern im Laufe des erfolgreichen Turniers immer wieder betont, darf sicher auch der Arbeit des Bundestrainers zugeschrieben werden. Herberts große Stärke sei die klare Rollenzuteilung, die er jedem Spieler gebe, sagte auch Pascal Roller, EM-Experte bei "Magentasport", der als Spieler in Frankfurt mit Herbert als Coach Meister wurde.

Deutsche Basketballer spielen um EM-Medaille

Morgenmagazin, 16.09.2022 05:30 Uhr

Schröder unter Herbert endlich der Anführer

Am auffälligsten ist Herberts Input wohl an der Entwicklung von Dennis Schröder zu beobachten. Bei den vergangenen Turnieren war es beim DBB-Team immer wieder um die Egoismen des NBA-Spielmachers gegangen. Bei dieser EM schafft es Schröder aber, die Rolle des Anführers auszufüllen, die ihm eigentlich schon längst zugedacht war.

Basketball-Bundestrainer Gordon Herbert (r.), Kapitän Dennis Schröder

Führungsrolle angenommen: Bundestrainer Herbert (r.), Kapitän Schröder

Offensichtlich hat es der Bundestrainer, anders als seine Vorgänger, geschafft, sich den Respekt des Spielmachers zu verschaffen, mit seiner klaren Ansprache: Als die Kapitänsposition vor dem Turnier neu besetzt werden musste, habe er im Gespräch mit Schröder nur wenige Minuten gebraucht, erzählte Herbert, dann habe sein Entschluss festgestanden: Er sei "captain’s material", also aus dem Holz geschnitzt, das es für einen echten Spielführer braucht.

Dieses Vertrauen zahlt ihm Schröder zurück, gegen Griechenland lieferte er einen echten Superstar-Auftritt ab. Es sei bei der EM sehr viel über Doncic, Jokic und Antetokounmpo geredet worden, sagte Herbert. Jene drei NBA-Stars, die nun im Halbfinale allesamt nicht mehr dabei sind. Es sei aber langsam an der Zeit, über Dennis Schröder zu sprechen, so Herbert: "Er gehört zu den besten fünf Spielern des Turniers. Er kann das Spiel diktieren wie kaum ein anderer."

DBB-Team mit neuem Glauben an die eigene Stärke

Zum bislang außergewöhnlich erfolgreichen Verlauf des Turniers gehört es wohl auch, dass der Bundestrainer seine Spieler vom ersten Tag an stark geredet hat. Waren vor dem Turnier bei einigen noch Zweifel herauszuhören, ob das ehrgeizige Ziel, eine Medaille, nicht vielleicht doch etwas zu hochgesteckt wäre, stellt das Team inzwischen geschlossen das neue Selbstbewusstsein zur Schau, auch gegen höher eingeschätzte Gegner.

Am Abend vor dem Griechenland-Spiel habe er der Mannschaft gesagt, dass sie gewinnen werden, verriet Herbert. Dies sei der entscheidende Faktor, sagte der Coach: "Dass wir ihnen den Glauben geben, dass sie auch gegen die besten Spieler der Welt einen Weg finden können. Und was sie machen müssen, damit sie auch diese Spiele gewinnen."

Dies gelte auch für das Halbfinale gegen Spanien, eine Neuauflage von der EM 2005, als es das DBB-Team zuletzt in ein großes Finale schaffte, dank eines legendären Gamewinners von Dirk Nowitzki gegen Spaniens Verteidiger Jorge Garbajosa.

Herbert vor Halbfinale gegen Spanien: "Mission noch nicht zu Ende"

Auch der Bundestrainer betonte, dass das große Ziel noch vor ihnen liege: "Das Einzige, was wir jetzt nicht machen dürfen, ist, dass wir uns zu sehr am Sieg gegen Griechenland berauschen."

Die Mannschaft habe aber schon jetzt "Unglaubliches geleistet" für den deutschen Basketball, betonte der Bundestrainer, mit der Art und Weise wie sie bislang bei der Heim-EM aufgetreten sei: "Die Leute da draußen sehen eine Identität, das ist etwas, was hängen bleibt." Es gebe aber immer noch zwei Spiele: "Unsere Mission ist noch nicht zu Ende."