Die deutschen Basketballer beim Spiel gegen Slowenien

Vor Basketball-EM DBB-Team: Schub durch Sieg gegen Slowenien

Stand: 29.08.2022 14:08 Uhr

Deutschlands Basketballer holen sich mit dem unerwartet souveränen Sieg gegen EM-Favoriten Slowenien einen Extra-Schub Selbstvertrauen für die Heim-EM. Auch bei den anderen offenen Fragen sieht es kurz vor dem Start der Europameisterschaft im eigenen Land (1. September bis 18. September 2022) wieder etwas positiver aus.

Bundestrainer Gordon Herbert tat, was er tun musste: Er kühlte erst einmal die Stimmung herunter: "Wir werden das kurz genießen und dann weiter arbeiten", sagte Herbert am Sonntagabend (28.08.2022) nach dem 90:71-Sieg gegen Slowenien.

Doch trotz dieser nüchternen Aussage ist klar: Der in dieser Höhe eher unerwartete Erfolg im letzten Härtetest vor der EM gegen den Titelverteidiger mit Superstar Luka Doncic brachte dem deutschen Team einen gehörigen Schub an Zuversicht für die anstehende Heim-EM. Jungstar Franz Wagner fasste die Stimmung im deutschen Team wie folgt zusammen. "Das wird richtig geil."

Der Sieg gegen einen der Turnierfavoriten, der anders als das ersatzgeschwächte deutsche Team auch mit voller Kapelle angetreten war, änderte schlagartig auch die mediale Wahrnehmung von Deutschlands Basketballern: So zählte die "Süddeutsche Zeitung" Herberts Team prompt zum Favoritenkreis für die anstehende EM-Endrunde mit Heimspielen in Köln und Berlin.

Stimmung vor WM 2019 als Mahnung

Womöglich erinnert sich aber auch der Bundestrainer daran, dass die Auswahl des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) auf den Tag genau vor drei Jahren, damals noch angeleitet von Henrik Rödl, im letzten Härtetest vor der WM einen trügerischen Sieg gegen Australien verbucht hatte.

Das Team um Dennis Schröder wähnte sich auch damals auf dem richtigen Weg, um dann beim anschließenden Vorrunden-K.o. umso härter auf dem Boden der Tatsachen zu landen.

Der Sieg gegen die Slowenen dürfte dennoch gewichtige Erkenntnisse geliefert haben, schon deshalb, weil es eben kein Freundschaftsspiel war: Es ging um Punkte in der WM-Qualifikation.

Und anders als beim Quali-Sieg gegen die vor allem offensiv limitierten Schweden drei Tage zuvor durfte die deutsche Mannschaft beweisen, dass sie in der Lage ist, gegen Top-Teams wie Slowenien nicht nur zu bestehen, sondern ihnen auch erfolgreich den Spaß am Spiel zu nehmen.

Deutsche Defensive stark gegen Doncic und Co.

Das DBB-Team zeigte vor allem in der Defensive eine starke geschlossene Leistung, auch weil der frisch eingebürgerte Nick Weiler-Babb gut in der Mannschaft angekommen ist.

Der 26-Jährige, auch beim FC Bayern einer der herausragenden Defensiv-Akteure, hatte seinen Anteil daran, dass Sloweniens Anführer Doncic am Ende bei 23 Punkten stehen blieb, ein für den Gegner durchaus akzeptabler Wert bei einer Offensivmaschine wie Doncic, den man nie völlig aus dem Spiel nehmen kann.

Außerdem schnappte sich das deutsche Team mehr als doppelt so viele Rebounds wie die Slowenen. Im Basketball immer eine wichtige, untrügliche Statistik, weil sie anzeigt, wie viele zweite Wurfchancen man sich im Angriff erarbeitet - oder sie dem Gegner am eigenen Korb wegnimmt. Bundestrainer Herbert hob im Anschluss auch die Abwehrleistung als entscheidenden Faktor hervor.

Zuversichtlich stimmte es zudem, dass Anführer Schröder seine Knöchelblessur offenbar auskuriert hat und schon wieder seine Schnelligkeit ausspielen konnte.

Auch die Distanzschützen kommen besser in ihren Rhythmus, rechtzeitig zum Turnierbeginn. Allen voran Andreas Obst, der gegen Slowenien vier von sieben Würfen von jenseits der Dreipunktelinie traf. Johannes Voigtmann versenkte drei von sieben Dreiern.

Franz Wagner bärenstark während der Vorbereitung auf EM

Gute Quoten von "downtown" dürften auch ein entscheidender Faktor bei der EM werden. Zumal der Einsatz von Daniel Theis weiterhin fraglich ist und der Bundestrainer auch deshalb versucht, das Team taktisch variabler auszurichten.

Schon gegen Schweden probierte Herbert immer wieder Spielzüge, bei denen die wurfstarken "Big Men" wie Voigtmann sich nach dem Blockstellen nicht in die Zone bewegen, sondern vom Korb weg Richtung Dreierlinie, um dort eine freie Wurfposition zu bekommen.

Ein Spielzug, der auch über den bislang bärenstarken Franz Wagner laufen kann und bei der EM eine wirksame Variante im Angriff sein könnte.

Erst recht, wenn Daniel Theis, der mit einer Knieverletzung während der Vorbereitung pausieren musste, wirklich ausfallen sollte und das deutsche Team unterm Korb dünn besetzt wäre, vor allem wenn es gegen die Top-Teams mit Weltklassecentern geht.

Einsatz von Theis weiter offen - Entscheidung am Dienstag

Die Personalie Theis ist weiterhin das größte Fragezeichen vor der EM. Vor allem als Anker in der Defensive ist der Center, der mit Boston bis in die NBA-Finals kam, kaum zu ersetzen. Zumal das deutsche Team auf den großen Positionen weitere Ausfälle wie Maxi Kleber, Isaiah Hartenstein und Tibor Pleiß zu beklagen hat.

Der Bundestrainer wird wohl auch die Nominierung seines endgültigen Zwölf-Mann-Kaders für die EM davon abhängig machen, ob Theis seine Knieprobleme zumindest soweit auskuriert hat, dass er das Turnier spielen kann.

EM-Auftakt am Donnerstag gegen Frankreich

Eine Entscheidung dazu wurde für Dienstag angekündigt. Theis musste die letzten vier Spiele in der Vorbereitung aussetzen und sich in München am Knie behandeln lassen, äußerte sich aber am Sonntag am Rande des Spiels gegen Slowenien "sehr zuversichtlich", dass es mit der EM-Teilnahme klappt.

Am Donnerstagabend wartet beim EM-Auftakt in Köln mit Frankreich gleich ein Top-Favorit. Angeführt von NBA-Star Rudy Gobert, einem 2,16-Meter-Hünen. Einen wie Theis könnte das DBB-Team da sicher gut gebrauchen.