Brittney Griner beim Gerichtstermin in Moskau

Basketballerin Griner in Haft US-Präsident Biden sagt Hilfe zu

Stand: 06.07.2022 19:21 Uhr

Nach dem offenen Brief der in Russland im Gefängnis sitzenden US-Basketballerin Brittney Griner hat US-Präsident Joe Biden Hilfe angekündigt. Russland verteidigte die Inhaftierung der Sportlerin.

Das Schicksal der seit Februar in Russland inhaftierten US-Basketballerin Brittney Griner ist längst zu einem politischen Fall geworden. Nun ist er auch ganz offiziell beim US-Präsidenten gelandet: Wie das Weiße Haus bestätigte, hat Joe Biden einen handschriftlich verfassten Brief von Griner erhalten.

"Ich sitze hier in einem russischen Gefängnis. Alleine, ohne den Schutz meiner Frau, meiner Familie, meiner Freunde oder meiner sonstigen Verdienste", schrieb Griner. "Ich habe Angst, dass ich für immer hier bleiben könnte." In einem emotionalen Appell bat Griner den Präsidenten direkt um Unterstützung, für sich und für alle anderen US-Amerikaner, die in Russland festgehalten werden: "Bitte tun Sie alles, was in ihrer Macht steht, damit wir nach Hause können."

Griners Brief an Präsident Biden am 4. Juli

Dass der Brief am 4. Juli im Weißen Haus ankam, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, dürfte kein Zufall gewesen sein: Der 4. Juli sei für ihre Familie immer ein besonderer Tag gewesen, schrieb Griner auch an den Präsidenten. Ihr Vater habe im Vietnamkrieg gekämpft, die Familie habe diesen Feiertag auch immer zu Ehren aller US-Soldaten begangen. Independence Day, Vietnam, die Army - mehr politische Symbolkraft geht kaum in den USA.

Biden sagt Griners Ehefrau Hilfe zu

Nachdem das Weiße Haus zunächst nur den Erhalt des Briefes bestätigt hatte, sagte US-Präsident Biden Griners Ehefrau am Mittwoch (06.07.2022) zu, sich um eine baldige Freilassung der Olympiasiegerin zu bemühen. In einem Telefonat bot er Cherelle Griner seine Unterstützung an und versprach, dass die US-Regierung alle Möglichkeiten ausschöpfe, um Griner nach Hause zu holen, so die Mitteilung aus dem Weißen Haus. Biden las Cherelle Griner zudem den Entwurf eines Briefes vor, den er an Brittney Griner schicken wird. An dem Gespräch nahm auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris teil.

Letzteres war wohl auch eine Antwort auf die zuletzt lauter werdende Kritik von Griners Ehefrau Cherelle. Sie hatte der US-Regierung im "CBS"-Frühstücksfernsehen vorgeworfen, nicht genug für die Freilassung ihrer Frau zu unternehmen. Es sei zudem "entmutigend", dass sie aus dem Weißen Haus noch keine direkte Antwort erhalten habe, wurde sie bei der "New York Times" zitiert. "Ich werde nicht länger stillhalten. Meine Frau führt einen schweren Kampf, wir müssen ihr helfen."

Prozess gegen Griner hat begonnen - Verurteilung droht

Griner fühle sich nach nunmehr fast fünf Monaten in russischer Haft körperlich schwach, aber mental gesund, wie sie ihrer Frau Cherelle versicherte. Doch ein Ende ihrer Haft ist nicht in Sicht: Am vergangenen Freitag hatte es einen ersten Gerichtstermin gegeben. Nach Angaben von Griners Anwalt werde der Prozess mindestens zwei Monate dauern. Die Untersuchungshaft wurde nach dpa-Berichten bis Ende Dezember verlängert.

Russland verteidigt Griners Inhaftierung

Russland hat Griners Inhaftierung mit Blick auf die Anklage wegen eines Drogendeliktes verteidigt und zugleich Möglichkeiten für das Prozedere nach dem Prozess genannt. "Versuche, den Fall so darzustellen, als ob die Amerikanerin unrechtmäßig festgenommen wurde, halten keiner Kritik stand", sagte der Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexej Saizew, am Mittwoch (06.07.22) in Moskau. "Das Gesetz wurde gebrochen." Griner stehe es frei, nach einer Verurteilung den Richterspruch anzufechten oder ein Gnadengesuch zu schreiben.

Dass nun ein Verfahren gegen Griner eröffnet wurde, ist nach Einschätzung von Russland-Experten eher ein Zeichen dafür, dass Griner am Ende auch verurteilt wird. "Das russische Rechtssystem kennt keine Unschuldsvermutung", sagt William Pomeranz vom Kennan-Institut in der "New York Times". "Das heißt: Ein Fall wird eigentlich erst dann vor Gericht gebracht, wenn man davon ausgeht, dass er in einem Schuldspruch endet."

Demnach bliebe, so wird in US-Medien spekuliert, als einzige Möglichkeit wohl nur ein Gefangenenaustausch, um Griner aus der russischen Haft zu befreien. Angesichts von Griners Prominenz, sie ist einer der Topstars der WNBA, dürften dann bei möglichen Verhandlungen von russischer Seite wohl hohe Forderungen gestellt werden. In US-Medien kursieren Namen wie die des Waffenhändlers Viktor Bout oder des Hackers Roman Seleznev, beide in den USA zu hohen Haftstrafen verurteilt.

Offener Brief von prominenten schwarzen Frauen

Der Druck auf die US-Regierung nimmt in jedem Fall weiter zu. Der Aufschei sei immer noch nicht laut genug, sagte Brianna Turner, die mit Griner bei Phoenix Mercury spielt. Eine andere Teamkollegin, Sophie Cunningham, merkte an, dass der Fall wohl anders behandelt werden würde, "wenn es sich um LeBron James oder Tom Brady handeln würde."

Wie die "Washington Post" berichtete, ist am Dienstag ein weiterer Brief beim US-Präsidenten eingetroffen, unterzeichnet von 1.200 prominenten Afroamerikanerinnen aus Wirtschaft, Politik und der Unterhaltungsindustrie. Die Gruppe weiblicher Führungskräfte bezeichnete Griners Inhaftierung als "fortdauernde Menschenrechtsverletzung" und richtete sich direkt an Präsident Biden: Er müsse eine Vereinbarung mit der russischen Seite erreichen, "um Brittney schnell und sicher nach Hause zu bringen".