Stefan Horngacher

Nordische Ski-WM in Planica Skisprungtrainer - ein österreichischer Exportschlager

Stand: 03.03.2023 11:27 Uhr

Stefan Horngacher, Thomas Thurnbichler und Janko Zwitter kommen allesamt aus Österreich - und sie haben noch eine Gemeinsamkeit: bei der Nordischen Ski-WM in Planica haben sie mit ihren Schützlingen bereits WM-Titel feiern können.

Skisprungtrainer aus Österreich sind heiß begehrt bei den Topnationen. Bei den Männern stehen sie neben dem Heimatland etwa für Deutschland, Polen oder Norwegen auf dem Turm.

Mit ihnen kommt fast immer auch der Erfolg. Das haben sie auch bei den laufenden Weltmeisterschaften in Slowenien unter Beweis gestellt. Bei drei von fünf Entscheidungen - im Mixed-Team, auf der Kleinschanze bei den Männern und bei der Großschanzen-Entscheidung der Frauen - hatten sie ihre Finger im Spiel.

Skisprungkultur führt zu großem Know-How

Doch woran liegt es, dass Trainer aus der Alpenrepublik seit vielen Jahren so erfolgreich ihr Wissen über den gesamten Globus weitergeben und ihre Sportler und Sportlerinnen zu Spitzenathleten formen? Spricht man mit den Verantwortlichen in Planica fällt immer wieder das Wort "Skisprung-Kultur." So auch bei Horst Hüttel, dem Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV). "Dort können sich viele Athleten und Trainer entwickeln, die dann über großes Know-How verfügen", erklärt Hüttel.

Und er muss es wissen. Schließlich war er bei der Auswahl der letzten beiden Bundestrainer dabei. Allerdings habe die Herkunft von Stefan Horngacher (seit 2019) und seinem Vorgänger Werner Schuster (2008 - 2019) bei der Entscheidungsfindung keine Rolle gespielt: "Da geht es in erster Linie um Kompetenz, Wissen und eine Vision, etwas aufzubauen", so Hüttel.

Spezialisierung aufs Skispringen macht den Unterschied

Der Grundstein für ihr Fachwissen holen sich die Trainer in ihrer Ausbildung. "Die Trainerausbildung in Österreich ist speziell für die Disziplin Skisprung richtig gut. Es gibt eine eine lange Tradition und damit wird auf ziemlich viel Fachwissen zurückgegriffen. Viele ehemalige Athleten haben sich dazu entschieden, die Trainerausbildung zu absolvieren und danach als Trainer tätig zu sein. Das macht viel aus", sagt Horngacher.

Zudem gebe es im Unterschied zu Deutschland eine gewisse Spezialisierung, verrät der 53-Jährige weiter: "In Österreich gibt es den spezifischen Skisprungtrainer, und den gibt es in Deutschland nicht so, da gibt es den nordischen Trainer. Das ist schon ein Unterschied, ob man sich mit Langlauf und Skisprung oder ausschließlich mit Skisprung beschäftigt."

Österreicher in Polen, Norwegen und Kanada

Mit ihren Ideen konnten auch Alexander Stöckl in Norwegen und Thomas Thurnbichler in Polen überzeugen. Stöckl formt in Skandinavien seit 2011 Weltmeister, Olympiasieger und Vierschanzentournee-Sieger. Thurnbichler ist zwar erst seit letztem Jahr für die polnischen Springer verantwortlich, hat aber Piotr Zyla gleich zur erfolgreichen Titelverteidigung auf der Normalschanze verholfen.

Und auch bei den Frauen führte mit Janko Zwitter ein Österreicher die erst 19-Jährige Alexandria Loutitt zunächst zur ersten kanadischen Weltcup-Siegerin und nun direkt auf den WM-Thron.

Wissenschaft eng mit der Ausbildung verknüpft

Für alle drei ist dabei die enge Verzahnung von Trainerakademien und Universität ein entscheidender Faktor. "Unsere Ausbildung in Österreich ist wissenschaftlich aufgestellt", sagt Zwitter und Thurnbichler fügt hinzu: "Jeder Trainer hat ein sehr gutes System durchlaufen, zum Beispiel im Skigymnasium Stams, und über die Jahre dann sehr viel gute Arbeit erfahren. Es ist bei den meisten Schul- und ÖSV-Trainern eine fundierte Ausbildung mit Studium vorhanden. Das alles zusammen bringt viele gute Trainer hervor."

Auch der Umgang mit den Aktiven und der Arbeit an sich selbst sei wichtig, findet Stöckl: "Ich glaube auch, dass wir eine sehr gute pädagogische Ausbildung haben. Die Arbeit am Athleten ist sehr gut und hat eine sehr hohe Qualität. Die Trainer lernen in ihrer Zeit im Nachwuchsbereich und auch im Skigymnasium viel über sich selbst und ihre Arbeit zu reflektieren."

Trainer-Pionier Baldur Preiml

Geht es um die Entstehung der besagten "Skisprung-Kultur" fällt stets der Name Baldur Preiml. Der Bronzegewinner der Olympischen Winterspiele 1968 in Grenoble begann Anfang der 1970er Jahre in Stams seine Lehrtätigkeit. Dort begann er mit einer neuen Art von Training. Horngacher hat in dessen Schule gelernt und versucht dies nun an seine Springer weiterzugeben: "Baldur hat eine andere Denkweise in den Sport hereingebracht. Er hat nicht nur über die Technik gesprochen, sondern auch andere Dinge im Leben."

"Baldur Preiml war wirklich sehr innovativ", lobt auch Stöckl den inzwischen 83-Jährigen. Seinem Wege wollen viele folgen: "Der Drang zur Innovation und den Sport technisch sowie beim Material weiterzuentwickeln, ist ein Grund, warum die Trainer aus Österreich auch international so erfolgreich sind."

Individueller Ansatz bei jedem Athleten

Wie aber zeigt sie diese Lehre in der Praxis? "Es kommt gar nicht so sehr aus dem technischen. Die Fehler zu sehen, ist ja nicht das Thema. Der Zugang dazu, wie man einen Fehler löst, ist wichtig", sagt Zwitter, der neben dem kanadischen Frauen-Team auch noch die Japanerin Sara Takanashi betreut und diese schon zu WM-Silber und -Bronze führte. Dabei greife er auf die Erfahrungswerte seiner Ausbildung zurück.

"Teil der Kunst" sei es auf jeden Athleten persönlich einzugehen, findet Stöckl: "Sowohl was das Technik- als auch das Krafttraining oder die Anpassung des Materials betrifft, passiert das alles auf sehr individuellen Niveau. Da ist es wichtig, das man den richtigen Zugang zu jedem einzelnen Athleten findet."

Das war auch für Thurnbichler wichtig, als er 2022 die polnische Mannschaft übernahm. Mit seinen 33 Jahren ist er zum Teil jünger als die von ihm betreuten Springer. Dies sei aber keineswegs ein Problem, da die erfolgsverwöhnten rot-weißen Adler auf neue Impulse von außen gewartet hätten: "Sie waren offen für neue Inhalte." Arrivierte Sportler wie etwa einen Kamil Stoch, der mehrfacher Weltmeister und Olympiasieger ist, müsse man natürlich etwas anderes behandeln als Nachwuchsspringer. "Man muss sie von Anfang an mehr in die Entscheidungsprozesse und die Saisonplanung integrieren. Und sie damit aktiv mitarbeiten lassen. Dann funktioniert das auch ganz gut", erklärt Thurnbichler.

Österreichische Fachgespräche beim Kaffee

Und wie ist das eigentlich unter Landsmännern während so einer langen Weltcup-Saison? Auf einen Kaffee treffe man sich immer mal wieder, sagt Horngacher. Generell sei das Verhältnis untereinander "sehr kollegial", findet Stöckl: "Man schaut schon gegenseitig die Athleten an und hat auch großen Respekt, wenn der andere erfolgreich ist und gewinnt. Man sieht aber auch, wenn es jemanden schlecht geht, da leidet man mit, weil man weiß, wie die Situation ist."

"Philosophiert" werde abseits der Schanze über den letzten Wettkampf oder den Skisprungsport im Allgemeinen: "Aber über genaue Trainingsmethoden tauscht man sich nicht aus", fügt Thurnbichler an. Auch Stöckl behält die "Feinheiten" lieber für sich.

Horngacher fühlt sich in der neuen Heimat sehr wohl

Dass es nie zu einer Anstellung als Cheftrainer in Österreich gekommen ist, bereut Horngacher nicht: "Mein Weg hat mich woanders hin verschlagen. Ich wollte andere Systeme außerhalb des österreichischen kennenlernen und mich weiterentwickeln. Ich habe auch keine großen Ambitionen nach Österreich zu gehen, ich lebe mit meiner Familie seit vielen Jahren in Deutschland und mir gefällt es in Deutschland sehr gut."

Wie aber würde es beim deutschen Team weitergehen, wenn Horngacher irgendwann aufhört? "Der Markt bei Skisprungtrainern ist nicht so groß", erklärt Hüttel, deshalb müsste man frühzeitig mit der Suche beginnen. Auch ein junger Trainer wie Thurnbichler in Polen wäre denkbar: "Grundsätzlich: warum nicht? Wenn es sich ergibt und das Vertrauen da ist. Es muss aber passen, wie beispielsweise bei Max Mechler, dem Bundestrainer der Frauen." Und der hat schließlich mit Katharina Althaus und dem deutschen Frauen die zwei Goldmedaillen geholt, bei denen die Österreicher nicht ihre Finger im Spiel hatten.