Minerva Hase und Nikita Volodin

Eiskunstlauf-EM Minerva Hase und Nikita Volodin - der beschwerliche Weg zum Traumpaar

Stand: 09.01.2024 11:03 Uhr

Am Mittwoch (10.01.2024) beginnen die Eiskunstlauf-Europameisterschaften im litauischen Kaunus. Die Paarläufer Minerva Hase und Nikita Volodin sind heiße Titelkandidaten. Sportschau.de überträgt alle Entscheidungen live.

Von Daniel Weiss

Mit voller Energie gehen die deutschen Eiskunstläufer in die 115. Ausgabe, allen voran das neue deutsche Duo Minerva Hase und Nikita Volodin. Der gebürtige Russe aus St. Petersburg und die Berlinerin laufen ihre erste gemeinsame internationale Saison und gewannen bisher prompt alle wichtigen Wettkämpfe - unter anderem das Grand-Prix-Finale der weltbesten Paare Anfang Dezember.

Die Kür von Hase und Volodin beim Grand-Prix-Finale

Sportschau Wintersport, 08.12.2023 09:00 Uhr

Damit starten die beiden 24-Jährigen als Titelfavoriten in Litauen. Ob sie schon ein "Traumpaar" sind, müssen sie nicht nur bei diesen Europameisterschaften unter Beweis stellen, sondern vor allem in den nächsten Jahren bis zu den Olympischen Spielen 2026 in Mailand-Cortina.

Potenzial zum "Traumpaar"

Hierzulande werden gerne und schnell Superlative verwendet, wenn Sportler erfolgreich sind. Ohne Zweifel haben Hase/Volodin das Potenzial zum "Traumpaar", aber dazu gehört mehr, als zwei Grand-Prix-Siege und Gold im Finale.

Die technischen Elemente haben sich nach dieser kurzen Zeit des gemeinsamen Trainings schon sehr gut entwickelt, aber gerade beim Paarlauf benötigt es Zeit, um die fast schon akrobatischen Figuren zu perfektionieren. Beim absoluten Symbol-Element der Paarläufer, dem sogenannten Dreifach-Twist, schafft es Minerva nicht, den geforderten Absprung zu finden, um den höchsten von vier Schwierigkeitsstufen zugesprochen zu bekommen.

Seit Frühjahr 2023 gemeinsam auf dem Eis

Aber Eiskunstlauf und vor allem Paarlauf ist mehr als nur ein technisches Element. Die Paarharmonie ist bei Hase/Volodin nach dieser kurzen Zeit schon ausgesprochen gut, das choreografische Selbstverständnis muss jedoch noch wachsen und reifen, um zu dem zu werden, was zuletzt Aljona Savchenko und Bruno Massot mit ihrer unvergesslichen Kür bei ihrem Olympiasieg 2018 geschafft hatten.

Eine Kür für die Unendlichkeit - der Gold-Lauf von Savchenko/ Massot

Sportschau, 25.04.2022 00:00 Uhr

"Minervas Trainer Dimitri Savin hat mich 2022 angerufen und mir gesagt, dass wir gut zusammenpassen würden. Als wir uns dann zum fünftägigen Probetraining in Berlin getroffen haben, wussten wir sofort, dass es passt“, blickt Volodin zurück. Nachdem der gebürtige St. Petersburger noch vertragliche Verpflichtungen in seiner Heimat zu absolvieren hatte, begann erst im Frühjahr 2023 das kontinuierliche Training in Berlin.

Hase hatte schlaflose Nächte

Zuvor lag eine Zeit der Zweifel hinter Minerva Fabienne Hase: "Es gab so viele Fragezeichen vor unserer Partnerschaft und es gab nicht wenige, die gesagt haben, ob ich mir sicher wäre, mir diesen Stress anzutun. Er ist Russe und als wir entschieden haben, zusammen zu laufen, war schon der Krieg in der Ukraine", erzählt Hase. Es sei schwierig mit der Einreise, Genehmigungen und Aufenthaltstiteln gewesen. "Es hat sehr viele Nerven gekostet. Ich hatte auch Momente, da habe ich mir gedacht, es lohnt sich nicht. Aber mit Blick auf die letzten Monate muss ich sagen, die schlaflosen Nächte haben sich ausgezahlt", sagt die Paarläuferin.

Minerva Hase und Nikita Volodin

Minerva Hase und Nikita Volodin

Russen von der EM ausgeschlossen

Normalerweise dominieren die russischen Spitzenpaare die Paarlauf-Disziplin bei den Europameisterschaften. In diesem Jahr werden sie fehlen. Die Internationale Eislauf Union (ISU) hat die russischen Eiskunstläufer wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht zugelassen.

Von daher ist die Tür für Minverva Hase und Nikita Volodin 13 Jahre nach dem bisher letzten Europameistertitel von Aljona Savchenko und Robin Szolkowy am Donnerstag weit offen. Es könnte zum ersten Mal wieder Gold für Deutschland geben. Selbst mit russischer Beteiligung wären die beiden absolut konkurrenzfähig.

Die Favoritenrolle schiebt das Duo aber beiseite. "Es gibt noch viele gute Kandidaten neben uns. Die Georgier und auch die Italiener haben in der Vorbereitung nicht geschlafen, es ist ein wirklich hart umkämpftes Podium, daher versuchen wir, entspannt zu bleiben und uns nicht zu viele Gedanken zu machen. Auf der anderen Seite ist es echt schön, als Favorit gehandelt zu werden", so Minerva Hase gegenüber Sportschau.de und weiter: "Man merkt schon, dass das Interesse an uns gestiegen ist. Wir geben zurzeit zwei, drei Interviews die Woche. Das ist vor allem megaschön, weil es auch unseren Sport interessanter macht."

Verband baut keinen Druck auf

Die Deutsche Eislauf-Union kann auf den größten Erfolg seit mehr als einem Jahrzehnt hoffen, möchte aber den Erwartungsdruck nicht noch weiter erhöhen: "Ich weiß, dass die beiden in sehr kurzer Zeit auf ein sehr hohes Level gekommen sind, wenn es aber nicht so weitergeht, dann muss man auch dafür Verständnis haben", so der DEU-Präsident Andreas Wagner, der selbst in Litauen dabei sein wird.

Mit ein bisschen Glück könnten sogar zwei Medaillen beim Paarlauf winken, denn die EM-Bronze-Medaillengewinner der vergangenen Saison, Annika Hocke und Robert Kunkel, haben durchaus Chancen, denken nach Kunkels hartnäckigen Rückenproblemen aber nicht an eine Top-Platzierung. "Wir haben jegliche Zielstellung hintenangestellt und sind erstmal froh, dass wir schmerzfrei unter voller Belastung laufen können. Wir haben nicht die Vorstellung von einer Medaille oder Bestpunktzahl", so Kunkel.

Isaev vor EM-Premiere

In den Einzeldisziplinen kämpft die neue deutsche Meisterin Kristina Isaev bei ihrem ersten Start bei einer EM um den Einzug in das Kür-Finale der besten 24 Damen Europas. Nikita Starostin aus Dortmund muss beweisen, dass der zweite Platz bei den deutschen Meisterschaften nur ein "Ausrutscher" war, und ohne Vierfachsprung ist bei den Herren sowieso keine Top-Ten-Platzierung zu holen.

Die Eistänzer Jennifer Janse van Rensburg und Benjamin Steffan aus Oberstdorf wollen auch dieses Jahr zeigen, dass sie zu den besten zehn Europas gehören. "Wir haben sehr viel an unserem Rhythmustanz gearbeitet, aber gerade mit unserer Tango-Kür haben wir ein tolles Programm und sehr viel positives Feedback bekommen", sagte Steffan, der hofft, dass die Vorstellung für einen Platz unter den besten Zehn reicht.

Jennifer Janse van Rensburg und Benjamin Steffan in Aktion

Jennifer Janse van Rensburg und Benjamin Steffan in Aktion

Alle Augen auf das Paarlaufen

Aber: Die Parade-Disziplin der Deutschen ist das Paarlaufen und dort ruhen alle Hoffnungen auf Minverva Hase und Nikita Volodin. Ob sie bereit sind, den nächsten Schritt zum "Traumpaar" zu machen, müssen sie in den nächsten Tagen in Litauen unter Beweis stellen. Am Mittwoch steht das Duo mit dem Kurzprogramm (ab 12.45 Uhr im Stream) erstmals auf dem Eis. Am Donnerstag steht die Kür (ab 18.05 Uhr/beide sportschau.de) auf dem Programm.

Ursprünglich sollten die Titelkämpfe in Ungarns Hauptstadt Budapest stattfinden, aus Sorge vor den steigenden Energiekosten im Zuge des Krieges in der Ukraine gab der Veranstalter die Austragung Anfang Mai 2023 zurück.

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