Bielefelds Benjamin Kanuric umarmt Kapitän Fabian Klos.

WDR-Sport Arminia Bielefeld - die Rückkehr der mentalen Stärke

Stand: 13.03.2023 20:11 Uhr

Beim 3:3 in Braunschweig erreichte die Mannschaft von Arminia Bielefeld ihren mentalen Tiefpunkt - und besiegte eine Woche später Tabellenführer Darmstadt nach Rückstand. Der neue Trainer Uwe Koschinat scheint in kürzester Zeit die richtigen Knöpfe gefunden zu haben.

Uwe Koschinat scheint zwei verschiedene Persönlichkeiten zu haben. Auf den Pressekonferenzen zeigte sich der neue Trainer von Arminia Bielefeld bislang immer ruhig und sachlich. Das deckt sich aber nicht mit den Beschreibungen seiner Spieler. Denn Kapitän Fabian Klos attestierte Koschinat gegenüber dem WDR eine "spezielle Art" und führte fort: "Er hat eine sehr besondere Art, Dinge auszudrücken. Ich finde das gut. Er hat auch manchmal ein bisschen einen crazy Blick drauf. Aber das brauchen wir gerade."

Liest man bei Klos zwischen den Zeilen, geht es in Koschinats Kabine wohl also auch mal ein bisschen unverblümter zu, als auf seinen Pressekonferenzen. Aber was auch immer Koschinat in der Kabine von sich gab, es hat geholfen. Denn mit dem überraschenden 3:1-Erfolg gegen Tabellenführer Darmstadt 98 feierte die Arminia ihren zweiten Sieg in diesem Kalenderjahr und verließ die Abstiegsränge der 2. Bundesliga.

Koschinats größte Umstellung in den Köpfen der Spieler

Sportlich hatte Koschinat seine Mannschaft im Vergleich zum letzten Spiel unter Trainer Daniel Scherning auf fünf Positionen verändert, wobei Lukas Klünter und George Bello krankheitsbedingt fehlten. Die größere Umstellung hatte Koschinat aber in den Köpfen der Spieler vorgenommen, die sich in der Vorwoche gegen die Eintracht noch eine 3:0-Führung aus der Hand nehmen ließen (3:3.) und mental am Tiefpunkt angekommen waren.

Das war gegen Darmstadt ganz anders. "Von der ersten Minute hat man den Glauben in der Mannschaft gesehen", sagte Abwehrspieler Manuel Prietl. "Jeder wollte das Spiel gewinnen und etwas mitnehmen. Es ist ganz wichtig, dass jeder immer noch an sich glaubt." Selbst von einem Rückstand durch Matthias Honsak (54.) ließen sich die Arminen nicht aus dem Konzept bringen. Prietl (72.), ein Traumtor von Benjamin Kanuric (90.+1) und Fabian Klos (90.+4) drehten die Partie noch für die Arminia. "Das zeigt, welche Mentalität in dieser Mannschaft steckt", sagte Prietl.

Wie Koschinat diesen Turnaround in den Köpfen seiner Spieler in nur zwei Tagen im Amt geschafft hat, konnte auch Prietl nicht sagen: "Es ist immer ein Stück unerklärlich. Klar ist ein Trainerwechsel immer auch ein neuer Impuls. Da sind dann ein, zwei Dinge ein bisschen anders als beim Vorgänger. Was er reingebracht hat, war Feuer, Energie und Vertrauen in die Spieler."

Klos: "Ist-Situation sehr gut angenommen"

Durch die Abgänge von Geschäftsführer Sport Samir Arabi und Trainer Daniel Scherning haben die Arminen nun auch keine Ausreden mehr. Diesen Eindruck wollte Klos seinen Teamkollegen in der vergagenen Woche vermitteln: "Es bringt jetzt nicht mehr, dem Vergangenen hinterher zu jagen. Das kommt nicht mehr wieder. Wir haben jetzt eine Ist-Situation und die haben wir sehr gut angenommen. Wir haben das, was in der vergangenen Woche war, weggeschoben und eine sehr gute Leistung gebracht."

Ebenfalls ein wichtiger Faktor: Das zuletzt angespannte Verhältnis zwischen Mannschaft und Fans ist wieder gekittet. Nach dem Spiel in Braunschweig hallte es noch "Absteiger" und "Wir haben die Schnauze voll" aus dem Gästeblock. Gegen Darmstadt verwandelte sich das Stadion in ein Tollhaus. "Es ist wunderschön, auf diese Art und Weise das Heimspiel zu gewinnen“, sagte Koschinat. "Für das Zusammenrücken aller Arminen war das sehr wichtig. Diese Saison hat genug Menschen leiden lassen. Es braucht dann viel Energie, um sie wieder ins Boot zu holen." Und auch Klos sagte über die Atmosphäre: "Ich habe diese Momente oft erlebt, aber heute war schon speziell. Das ganze Ding ist explodiert. Vielleicht war es der Anfang eines Schulterschlusses zwischen Mannschaft und Fans."

Ein gutes Verhältnis mit den Fans, nicht mehr auf einem Abstiegsplatz: Aktuell ist die Bielefelder Welt wieder in Ordnung. Prietl will den Sieg gegen Darmstadt aber nicht überbewerten: "Es war ein kleiner Schritt in die richtige Richtung", sagte er dem WDR. Die nächste Aufgabe, der Arminen ist am kommenden Freitag (18.30 Uhr) ein Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg. Prietl: "Da müssen wir genauso auftreten und kein Stück weniger geben."