Bernhard Brink

One-Hit-Wonder in der Bundesliga Wie Schlagerstar Brink Blau-Weiß 90 ein musikalisches Denkmal setzte

Stand: 15.08.2023 06:04 Uhr

Blau-Weiß Berlin, das war ein One-Hit-Wonder in der Bundesliga, mit einer Vereinshymne, die bleibt. Gesungen hat sie Bernhard Brink, der sich an einen denkwürdigen Auftritt mit dem Team erinnert.

Von Shea Westhoff

Blau-Weiß 90 Berlin war, wenn man ehrlich ist, nicht mehr als ein Wimpernschlag in der Bundesliga-Geschichte. Ein flüchtiges Fußballwunder. Ein sympathischer Verein, der nach einem kurzen Höhenflug wieder im Niemandsland verschwand, um dort wie so viele andere Überraschungsteams zu ver-Wattenscheid-en. Wer erinnert sich heute noch an den Kiezklub aus Tempelhof?

Die Mannschaft von Tasmania Berlin in der Bundesliga-Saison 1965/66 (imago images/Horstmüller)
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Bernhard Brink, der Schlagerstar und Showmaster, hat den Anhängern des Klubs und der Fußballgemeinde allerdings ein Lied geschenkt, das bleibt. Blau-Weiß 90 und der fußballbegeisterte Wahlberliner, das passte einfach. "Ich habe ja selber Fußball gespielt bis zur A-Jugend", erzählt Brink. Und zu den damaligen Spielern des Teams habe er einen Draht gehabt: zum Verteidiger Jürgen Haller wie zum Torwart Holger Gehre und zum Trainer Bernd Hoss. "Ich kannte die Mannschaft gut."

Das Team in Bluejeans und Polohemd

Der Aufstieg 1986 von Blau-Weiß begeisterte Berlin, die Metropole im Aufbruch. Und Brink sang die passende Hymne: "Wir sind heiß auf Blau-Weiß".
 
Wer das Lied noch nicht kennt und es jetzt kennenlernen will, sollte es nicht nur anhören, sondern anschauen [youtube.com]. Zu sehen in der unwiderstehlichen Aufzeichnung des "Aktuellen Sportstudios" von 1986 ist Bernhard Brink mit einer knallblond strahlenden Lockenmähne, hinter ihm die in Bluejeans und Polohemd gekleidete Mannschaft, die im Refrain mit Brink einstimmt: "Wir sind heiß, wir sind heiß... auf Blau-Weiß!"
 
Was das Millionenpublikum vor den Fernsehgeräten nicht ahnen konnte: Brink hatte es an diesem Abend eilig. Denn für den gleichen Abend war ein Konzert in Mönchengladbach geplant, mehr als 200 Kilometer entfernt vom ZDF-Studio auf dem Mainzer Lerchenberg. Die Sendung dort sollte um zirka 22 Uhr beginnen. Beide Auftritte unter einen Hut zu bekommen, unmöglich. Eigentlich.

Kinder dehnen sich während des Sportunterrichts. Quelle: imago images/wolterfoto
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Mit Helikopter zum TV-Studio

"Ich habe das Konzert einfach aufgeteilt", sagt Brink. Eine halbe Stunde singen in Mönchengladbach, dann Auftritt im Sportstudio, dann wieder singen in Mönchengladbach. Zum TV-Studio nach Mainz wurde Brink sogar mit einem Helikopter geflogen, um Zeit zu sparen. Wieder zurück ging es wegen des Nachtflugverbots im Auto, in Irrsinnstempo.
 
Und so konnten sie tatsächlich gemeinsam auftreten, die sympathischen Himmelsstürmer von Blau-Weiß und der Schlagerstar. In der Aufnahme zu bestaunen sind, standesgemäß für die Zeit, zahlreiche Oberlippenbärtchen und Nackenspoiler unter anderem bei Karl-Heinz Riedle, späterer Weltmeister, damals gerade 21 Jahre alt.

Karl-Heinz Riedle sorgt für ersten Sieg

Riedle sei damals von Trainer Bernd Hoss übergangen worden, erinnert sich Brink: "Das habe ich nie verstanden, weil wenn der reinkam, dann brannte es lichterloh im Strafraum des Gegners."
 
So wie am 3. Spieltag 1986/87. Blau-Weiß lag im heimischen Olympiastadion mit 1:2 gegen Borussia Mönchengladbach zurück. Dann wurde Riedle eingewechselt, traf zweimal und führte das Team zum ersten Bundesligasieg der Vereinshistorie. Was folgte, war eine Serie von 21 sieglosen Spielen. Nach nur einer Saison stieg der Klub wieder ab, hielt sich noch ein paar Jahre in der 2. Liga, bevor er komplett aus dem Scheinwerferlicht verschwand und 1992 Konkurs anmelden musste.
 
Heute ist sind Berliner Fußballspiele im Olympiastadion unweigerlich verknüpft mit Frank Zanders Hertha-Hymne "Nur nach Hause". Erst am Wochenende sang diese Fußballversion des einstigen Rod-Stewart-Songs gemeinsam mit Zander bei dessen Karriere-Abschiedskonzert in Lübars.

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Gedankenexperiment: Brinks im Olympiastadion

Aber nur mal als Gedankenexperiment: Was wäre, wenn sich Blau-Weiß 90 damals in der Liga gehalten hätte? Und die Fans im Olympiastadion vor dem Anpfiff heute noch aus einer Kehle singen würden: "Wir sind heiß auf Blau-Weiß"? Der Stellenwert von Brinks Fußball-Song wäre wohl ein anderer.
 
"Da kann man auch mittrauern", bestätigt Brinks am Telefon. "Weil es war damals ein unnötiger Abstieg, das hätte die Mannschaft wirklich packen können." Er fügt an: "Shit happens im Leben, das ist wirklich schade."
 
Immerhin hat Brinks allen, die es damals mit dem Klub aus Tempelhof hielten, ein Lied geschenkt, das für sie Bestand hat: "Wir sind heiß auf Blau-Weiß".

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.08.2023, 18:15 Uhr