(v.l.) Greifswalds Guido Kocer, Energies Tim Heike und Dynamos Tobias Stockinger beim Torjubel (imago images/Bild13/Fotostand/Beautiful Sports)

Cottbus, Greifswald, BFC Wer im Aufstiegsrennen der Regionalliga Nordost die besten Chancen hat

Stand: 15.04.2024 16:51 Uhr

An der Spitze der Regionalliga Nordost spielt sich ein Krimi um den Aufstieg ab. Cottbus, Greifswald und der BFC liefern sich in der Endphase einen Dreikampf um den Titel. Doch wer wird am Ende die Nase vorn haben? Die Teams im Form-Check.

FC Energie Cottbus

Die Form

Als "Brustlöser" hatte Trainer Claus-Dieter Wollitz den Sieg seiner Mannschaft am vergangenen Freitag im Spitzenspiel gegen Greifswald bezeichnet. Mit einem 2:1-Erfolg eroberte Energie Cottbus erstmals seit dem 13. Spieltag wieder die Tabellenführung und hätte laut Wollitz nun "alle Chancen, dieses Jahr endlich diesen Schritt zu gehen."
 
Gemeint ist damit natürlich den Aufstieg in die 3. Liga, der für die Lausitzer nun zum Greifen nah scheint. Zwei Punkte Vorsprung haben sie derzeit auf der Pole Position und damit eine gute Ausgangslage. Auch der so wichtige Sieg gegen Greifswald dürfte der Mannschaft wohl noch einmal ordentlich Selbstvertrauen für den Endspurt gegeben haben.
 
Dieses müssen sie nun aber vor allem auch auswärts zeigen, denn gerade hier ließen die Lausitzer zuletzt immer mal wieder Punkte liegen. So zum Beispiel beim 1:1 in Jena und bei der 0:3-Niederlage bei Chemie Leipzig.

Große Kulisse im LEAG Energie Stadion beim Spiel zwischen Cottbus und dem Greifswalder FC (imago images/Fotostand)

Große Kulisse im LEAG Energie Stadion beim Spiel zwischen Cottbus und dem Greifswalder FC

Das Thema zum Saisonendspurt

Wie groß der Traum vom Aufstieg in der Region ist, zeigte auch die beeindruckende Kulisse am vergangenen Spieltag. 18.109 Zuschauer sahen im Leag Energie Stadion die Viertliga-Partie gegen Greifswald. Auch weit nach dem Abpfiff waren die Tribünen immer noch gut gefüllt mit feiernden Fans. "Schauen Sie sich das an", sagte der überwältigte Wollitz in diesem Moment ins rbb-Mikrofon. "Das ist vierte Liga, keiner geht nach Hause." Zu seiner Mannschaft sage er stets: "Wenn so viele kommen, ist das eine Anerkennung für das, was ihr leistet."
 
Es war eine Atmosphäre, an die man sich als Zuschauer vielleicht noch Jahre später zurückerinnern wird. Seit Jahren träumt man in der Lausitz von der Rückkehr in den Profifußball, doch selten war man so nah dran wie jetzt.
 
Und trotzdem warnte der Trainer auch davor, jetzt schon in übermäßige Euphorie auszubrechen. Denn die große Kulisse und die Eroberung der Tabellenspitze nützen alles nicht, wenn Energie jetzt nicht nachlegt und weiter punktet. "Aber so ein Publikum hat es dann auch irgendwann einfach verdient", so Wollitz.

Das Restprogramm

Die Stimmung im heimischen Stadion wird Cottbus nur bedingt beim Erreichen des großen Ziels helfen. Schließlich haben die Lausitzer in den verbleibenden fünf Spieltagen noch zwei Kracherduelle vor sich, die sie beide auswärts bestreiten müssen.
 
Am kommenden Sonntag geht es zum SV Babelsberg, der zuhause sehr schwer zu schlagen ist und in der Heimtabelle nur zwei Punkte hinter Energie auf Rang zwei steht. Und nur zwei Wochen später steht dann das vielleicht alles entscheidende Duell gegen den Verfolger BFC Dynamo an. Auch die Berliner sind extrem heimstark und haben im Sportforum Hohenschönhausen in dieser Saison erst eine Partie verloren.

Greifswalder FC

Die Form

Nach insgesamt 15 Spieltagen an der Tabellenspitze musste der Greifswalder FC die Führungsrolle nach der Niederlage in der Lausitz an Cottbus abgeben. Nach Wochen des Erfolgs steckt der Klub von der Ostsee derzeit in einem kleinen Formtief und hat nun drei Spiele in Folge nicht mehr gewonnen - das ist ihnen in dieser Saison zuvor noch nicht passiert.
 
Besonders ärgerlich war dabei wohl vor allem die 1:3-Heimpleite gegen Schlusslicht Hansa Rostock II in der vergangenen Woche. Zum einen bekamen die Gäste plötzlich prominente Unterstützung aus dem Zweitligakader der Hansa, zum anderen schenkte Greifswald dem Gegner zwei Treffer durch ein Eigentor und einem schwerwiegenden Fehler von Torhüter Ian Werner.
 
Auch gegen Cottbus gaben sie die Treffer zu leicht her und agierten nach vorne viel zu harmlos. Gerade die Chancenerarbeitung scheint sie derzeit vor große Probleme zu stellen.

Das Greifswalder Volksstadion aus der Luft (imago images/Andre Gschweng)

Das Greifswalder Volksstadion aus der Luft

Das Thema zum Saisonendspurt

Für den Greifswalder FC würde der Aufstieg in den Profifußball nicht nur sportlich große Veränderungen mit sich bringen, sondern vielleicht sogar einen Umzug in eine andere Stadt notwendig machen. Seit 2015 ist eigentlich das Volksstadion Heimat des Klubs, doch für die 3. Liga wäre es wohl nicht geeignet.
 
Es fehlen überdachte Sitzplätze, eine Rasenheizung und eine ausreichend helle Flutlichtanlage. Aktuell arbeiten die Vereinsverantwortlichen mit Hochdruck daran, gemeinsam eine Lösung zu finden. Es scheint aber nicht ausgeschlossen, dass mögliche Umbauarbeiten bis zum Drittligastart im August noch nicht fertiggestellt sein könnten und die Heimspiele vorübergehend in ein Alternativstadion verlegt werden müssten.

Neben dem Stadion an der Lohmühle in Lübeck wird auf der Suche nach dieser Alternative wohl auch über das Berliner Mommsenstadion nachgedacht. So könnte es in der Hauptstadt vielleicht also auch Drittligafußball geben, wenn der BFC nicht aufsteigt.

Das Restprogramm

Von den drei Aufstiegsaspiranten hat Greifswald das vermeintlich leichteste Restprogramm. Es stehen keine Duelle gegen Top-fünf-Teams mehr im Spielplan und mit Meuselwitz und dem Berliner AK trifft man noch auf Mannschaften aus dem Tabellenkeller.
 
Gerade in der aktuellen Form ist dennoch Vorsicht geboten, denn Teams wie Chemie Leipzig und die VSG Altglienicke haben in der Vergangenheit schon bewiesen, dass sie schnell mal zum Favoritenschreck werden können.

BFC Dynamo

Die Form

Eigentlich hätte es der BFC Dynamo sein sollen, der nach Greifswalds Niederlage in Cottbus die Tabellenspitze übernimmt. Doch die Berliner machten ihre Hausaufgaben nicht und verloren bei Stadtrivale Viktoria in Lichterfelde mit 1:3.
 
Von der Leistungskonstanz, mit der das Team von Trainer Dirk Kunert über weite Strecken der Saison aufgetreten war, ist momentan nicht mehr viel übrig. Statt Ungeschlagen-Serien wechseln sich nun Siege und Niederlagen ab und die Weinroten verpassten durch die Pleiten gegen Viktoria, Luckenwalde und Chemnitz gleich drei Mal den Sprung an die Spitze.
 
Stattdessen gehen sie nun punktgleich mit Greifswald als Tabellendritter in die entscheidenden letzten fünf Spieltage.

BFC-Abwehrchef David Haider verlässt gegen Luckenwalde mit schmerzverzerrtem Gesicht den Platz (imago images/Matthias Koch)

BFC-Abwehrchef David Haider verlässt gegen Luckenwalde mit schmerzverzerrtem Gesicht den Platz

Das Thema zum Saisonendspurt

Allerdings kommt derzeit auch ein wenig Pech dazu. Immer wieder machen dem BFC in diesen entscheidenden Wochen Ausfälle von Schlüsselspielern zu schaffen. Abwehrchef David Haider zog sich gegen Luckenwalde eine Muskelverletzung zu und muss pausieren. Zudem fehlt der Mannschaft seit zwei Wochen ihr Anführer, nachdem Kapitän Chris Reher sich einen Muskelfaserriss zugezogen hatte.
 
Extrem bitter ist auch der Ausfall von Toptorjäger Rufat Dadashov, der sich im Training so schwer am Knie verletzte, dass er in dieser Saison wohl kein Spiel mehr absolvieren können wird. Auch wenn er zuletzt mit zwei verschossenen Elfmetern sinnbildlich für Dynamos Probleme stand, wird der Stürmer mit seinen 14 Saisontoren in der entscheidenden Phase schwer vermisst werden.

Die große Hoffnung ist nun, dass zumindest Reher und Haider bis zum Topspiel gegen Energie Cottbus wieder fit werden.

Das Restprogramm

Das Heimspiel gegen die Lausitzer ist dann vielleicht auch die letzte große Chance, um es in die 3. Liga zu schaffen. Noch hat man alles selbst in der Hand und könnte mit einem Sieg im direkten Duell an Energie vorbeiziehen.
 
Alles drumherum sind Pflichtaufgaben, meist gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte. Einzig auswärts gegen Chemie Leipzig könnte es noch eine böse Überraschung geben.

Die Prognose

Im Dreikampf um den Aufstieg ist weiterhin alles möglich. Dennoch spricht die aktuelle Formkurve wohl am meisten für Energie Cottbus. Die Lausitzer gehen in die Wochen der Entscheidung mit dem großen Sieg im Spitzenduell gegen Greifswald im Rücken und haben die beste Ausgangssituation. Auch spielerisch haben sie gerade einfach mehr zu bieten als die Konkurrenten.
 
Der Greifswalder FC scheint hingegen ein wenig die Nerven verloren zu haben. Nach einer gefühlten Ewigkeit an der Tabellenspitze gelingt den Vorpommern offensiv derzeit wenig und es ist gut denkbar, dass sie die kleine Niederlagenserie - trotz des machbaren Restprogramms - weiter ausbauen und sich dementsprechend früh aus dem Aufstiegsrennen verabschieden.
 
Bleibt der BFC, der ebenfalls mit Leistungs-, vor allem aber auch mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hat. Ohne ihren Toptorjäger Dadashov wird es für die Berliner schwierig werden, die Kontrahenten doch noch hinter sich zu lassen. Eine ganz große Chance bleibt mit dem direkten Duell gegen Cottbus aber auf jeden Fall noch.

Sendung: Der Tag, 15.04.2024, 18 Uhr