Jens Baxmann

Interview | Ex-Eisbär Jens Baxmann Interview | Ex-Eisbär Jens Baxmann: "Wir waren damals im absoluten Rausch"

Stand: 16.04.2024 15:23 Uhr

Eine Ikone der Eisbären freut sich auf das anstehende DEL-Finale gegen Bremerhaven: Der ehemalige Verteidiger Jens Baxmann spricht über den möglichen zehnten Titelgewinn, wie der Erfolg nach Berlin kam und seine aktuelle Rolle.

rbb|24: Als langjähriger Eisbären-Spieler wird Ihr Herz beim anstehenden DEL-Finale sicherlich für die Berliner schlagen. Aber als einstiger Defensivspezialist - sind Ihnen die Fischtown Pinguins in diesem Jahr besonders sympathisch?
 
Jens Baxmann: Bremerhaven hat eine sehr stabile Saison gespielt. Auch in den Playoffs hat das Team die Siege teils souverän eingefahren. Das ein oder andere Halbfinalspiel von Bremerhaven gegen München habe ich verfolgt, und da war außerdem ganz deutlich der Wille zu erkennen. Der spielt in den Playoffs immer eine große Rolle: Wer will diesen Sieg oder den Titel mehr? Wer ist bereit, die größeren Opfer zu bringen? Es wird eine spannende Serie. Aber ich drücke ich den Eisbären die Daumen, das ist ja logisch.

Wie haben Sie den Weg der Berliner ins Finale bisher wahrgenommen?
 
Im Viertelfinale gleich das Gigantenduell gegen Adler Mannheim zu spielen, war keine leichte Aufgabe. Und auch wenn die Serie mit 4:1 dann relativ deutlich ausgegangen ist, war Mannheim nicht wesentlich schlechter, hatte zahlreiche gefährliche Phasen. Berlin war halt einfach abgezockter, hat die Tore in den entscheidenden Momenten gemacht. Im Halbfinale gegen Straubing gab es zweimal Verlängerung, so etwas kann dann auch in eine andere Richtung gehen. Aber insgesamt: Wenn du dich so durchsetzt, wie es die Eisbären im Viertelfinale und im Halbfinale gemacht haben, dann stehst du verdient im Finale.
 
Die knappen Spiele gegen Außenseiter Straubing waren für Sie also mehr Ausweis der Nervenstärke als Anzeichen von Schwäche?
 
Ich würde sagen, es war ein Zeichen der Qualität, die die Liga inzwischen erreicht hat. Du hast in den Playoffs keine leichten Gegner mehr. Natürlich wird dann immer von den vermeintlich haushohen Favoriten gesprochen und vom Etat, von den Underdogs oder was auch immer. Aber am Ende des Tages – das gilt auch für die DEL2 – sind die Ligen so ausgeglichen mittlerweile, da schläft niemand.

Choreografie in der Fankurve der Eisbären. (Quelle: IMAGO/Uwe Koch)
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Für die Eisbären geht es gegen Bremerhaven um den Gewinn des zehnten Meistertitels. Sie waren als junger Spieler Mitbegründer dieser Ära, waren Teil der Mannschaft, die 2005 den ersten Meistertitel des Klubs holte. Welche Bilder kommen Ihnen in den Kopf?
 
Wir waren damals im absoluten Rausch. Das war Wahnsinn. Nachdem die Anschutz-Gruppe damals eingestiegen ist (seit 1999 hält die Anschutz Entertainment Group aus Los Angeles die Lizenz der Eisbären in der DEL, Anm. d. Red.), wurde ja auf junge, talentierte Deutsche und absolute Top-Ausländer gesetzt. Es war eine super Mischung. Wir jungen Spieler haben von den damaligen Stars gelernt, sind mit unseren Aufgaben gewachsen. Und als wir zum ersten Mal den Henkelpott in die Höhe gehalten haben, war das natürlich der absolute Wahnsinn (Berlin schlug Mannheim mit 3:0-Spielen, Anm. d. Red.). Ich glaube, ganz Berlin ist durchgedreht. Und was heutzutage im Sport nicht selbstverständlich ist, dass auch in einer schwierigen Phase am Trainer festgehalten wurde. Und man sieht, okay, das muss nicht falsch sein.
 
War Kontinuität ein Schlüsselfaktor für die Eisbären beim Erreichen der neuen Eishockey-Vorherrschaft in Deutschland?
 
Bei uns damals definitiv. Wir haben über sehr lange Zeit einen großen Kern an Spielern gehabt, der zusammengeblieben ist. Wir haben dadurch alle diese Eisbären-DNA, so nenne ich es jetzt mal, verinnerlicht. Wenn du aber jedes Jahr 15 Wechsel hast, muss sich das jedes Mal immer erst neu finden, neu zusammenwachsen.

Sie arbeiten nun als Berater beim Kooperationsteam Lausitzer Füchse. Was machen Sie genau?
 
Ich bin mit allem betraut, was die Mannschaft angeht, etwa dem Vermitteln zwischen Trainer und Mannschaft. Ich bin im Zuge der Kooperationsarbeit mit den Eisbären viel im Kontakt mit meinem ehemaligen Zimmerkumpel André Rankel (mittlerweile Eisbären-Assistenztrainer sowie U18-Nationaltrainer, Anm. d. Red.). Ansonsten: Vertragsgespräche führen, telefonieren mit Spielervermittlern, Umschauen nach neuen Spielern. Und parallel mache ich mein Sportmanagement-Studium. Viel Freizeit bleibt nicht.

Die Eisbären Berlin feiern einen Sieg (Quelle: IMAGO / Eibner)
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Wie blicken Sie auf die gemeinsame Nachwuchsarbeit?
 
Es ist ideal, wie sich die Eisbären aufgestellt haben mit André, der ja nun gleichzeitig noch U18-Nationaltrainer ist und natürlich einen sehr guten Überblick hat über Spieler, die dann auch zu uns kommen könnten. Es sind ja diese 17-, 18-, 19-Jährigen, die aus dem Berliner Nachwuchs kommen, für die der Sprung in die DEL aber vielleicht noch zu groß ist, die aber bei uns dann weiter ausgebildet werden. Sie erhalten mehr Eiszeiten, werden geschliffen, um dann auch in Berlin ihren Weg zu gehen, wie wir es nun bei Korbinian Geibel, Eric Hördler oder Jonas Stettmer sehen.
 
Sie selber wurden einst als junger Hobbyspieler im Harz auf einem Weihnachtsmarkt von der Eisbären-Nachwuchsabteilung entdeckt. Wäre so etwas heute noch möglich?
 
Das war natürlich eine kuriose Geschichte. Heutzutage wird in den Akademien und Leistungszentren in jungen Jahren schon sehr vieles auf den Weg gebracht. Wenn ich überlege, als ich damals mit 16 Jahren aus dem Harz nach Berlin gegangen bin, da hatte ich ja zuvor noch nie eine Hantel gesehen, hatte noch nie Krafttraining gemacht. Das ist mit der heutigen Situation, auch bei uns in Weißwasser, nicht zu vergleichen. Es gibt ja das sogenannte Fünf-Sterne-Programm des DEB (Deutscher Eishockey Bund), wo du entsprechend eingestuft wirst, je nachdem, was du alles anbietest oder wie viele qualifizierte Trainer du hast. Es ist eher unwahrscheinlich, dass noch mal einer mit 16 Jahren auf dem Weihnachtsmarkt entdeckt wird und dann durchstartet.

Am Mittwoch startet das Finale. Der Trainer der Pinguins, Thomas Popiesch, ist gebürtiger Berliner, nun hat er im Endspiel gegen die Eisbären die Chance auf den ersten DEL-Titelgewinn. Haben Sie ihn mal kennengerlernt?

 
Ich kenne ihn persönlich nicht so gut. Aber auch bei ihm ist der Faktor Kontinuität extrem wichtig. Was dort unter seiner Federführung aus den bestehenden Verhältnissen aufgebaut wurde, davor kann man nur den Hut ziehen (Popiesch ist seit 2016 Trainer der Bremerhavener, Anm. d. Red.). Er hat eine Mannschaft, deren Kern sehr lange schon zusammen ist. Und dann wurde an den richtigen Stellen nachjustiert. Das ist jetzt natürlich für Bremerhaven eine einzige Erfolgsgeschichte.

 
Bremerhaven hat Berlin in der aktuellen Spielzeit in drei von vier Aufeinandertreffen geschlagen. Ist der Hauptrunden-Erste damit der Favorit?
 
Das würde ich nicht sagen. Es ist ausgeglichen. Beide sind relativ glatt durch ihre Viertelfinals und Halbfinals gekommen. Berlin hat den breiteren Kader, Bremerhaven ist sehr, sehr stabil, hat außerdem das Heimrecht. In der Serie werden beide Mannschaften zu ihren Möglichkeiten kommen. Ich wünsche den Fans, dass es eine spannendes Finale wird. Und es würde mich nicht wundern, wenn die Serie dann auch über sieben Spiele geht.

Vielen Dank für das Gespräch!
 
Das Interview führte Shea Westhoff, rbb Sport.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.04.2024, 11:15 Uhr