Mariama Jamanka bei ihrem Job als ARD-Expertin im Wintersport (imago images/Eibner)

Interview mit ehemaliger Bob-Pilotin Mariama Jamanka: "Jetzt habe ich eine ganz andere Perspektive auf den Sport"

Stand: 27.02.2024 12:33 Uhr

Vom Eiskanal vor die Kamera: Die ehemalige Bob-Pilotin und Olympiasiegerin Mariama Jamanka ist als Bob-Expertin und Moderatorin für die ARD im Einsatz. Im Interview spricht die Berlinerin über eine andere Art der Aufregung und warum sie sich Sorgen um den Wintersport macht.
 

rbb|24: Frau Jamanka, Ihre Tage sind derzeit wieder geprägt vom Bobsport, schließlich laufen die Weltmeisterschaften in Winterberg. Mittlerweile rasen Sie allerdings nicht mehr selbst den Eiskanal runter, sondern begleiten das Ganze als Expertin für die ARD. Juckt es Sie trotzdem noch manchmal und würden Sie am liebsten nochmal auf die Bahn?
 
Mariama Jamanka: Es war schön, in Winterberg dabei zu sein und das Ganze mal wieder zu erleben. Ich hätte auch schon Lust, mich mal wieder in einen Bob zu setzen und runterzufahren, aber tatsächlich bin ich fein damit, keine Wettkämpfe mehr zu haben – so spannend und cool das jetzt auch wieder war. Einfach mal wieder Bob fahren also gerne, mit Wettkämpfen bin ich aber fertig.

Wie fühlt es sich für Sie an, Ihre Sportart nun aus einer journalistischen Perspektive zu betrachten?
 
Das ist wirklich spannend. Man ist als Sportlerin total auf sich selbst fokussiert und hat höchstens noch die Konkurrenz im Blick. Jetzt habe ich eine ganz andere Perspektive auf den Sport und lustigerweise habe ich das Gefühl, die Emotionen viel mehr mitzubekommen, als wenn ich selbst im Wettkampf war. Als jetzt beim Monobob der vierte Lauf der Frauen stattfand und Lisa Buckwitz eigentlich aus den Medaillenrängen gefallen war und dann doch noch Bronze geholt hat, wurde sie sehr emotional. Das habe ich als Beobachterin viel mehr mitgefühlt, als wenn ich selbst am Start gewesen wäre.

Eben mit dieser Lisa Buckwitz gewannen Sie 2018 olympisches Gold im Zweierbob. Am vergangenen Wochenende haben Sie Ihrer ehemaligen Anschieberin nun dabei zugesehen, wie sie als Pilotin eine WM-Medaille holte. Wie bewerten Sie die Entwicklung der Potsdamerin?
 
Sie hat eine super Entwicklung hingelegt. Direkt nach den Olympischen Spielen 2018 hat sie mit der Ausbildung angefangen und steht jetzt in ihrer zweiten Saison als Pilotin im Weltcup. Sie hat bereits in St. Moritz zwei Medaillen geholt und war nun bei der WM im Monobob sogar als Favoritin ins Rennen gegangen. Klar war es enttäuschend für sie, dass sie dann nicht Gold gewonnen hat, aber es war auch so krass. Ich freue mich sehr für sie und finde gut, dass Leute, mit denen ich große Erinnerungen teile, so erfolgreich dabei sind.

Hatte Buckwitz Ihnen schon damals gesagt, dass sie Pilotin werden wollte und konnte von Ihnen lernen?
 
Lisa und ich waren ja eigentlich nicht in einem Team und wurden erst kurz vor den Spielen 2018 zusammengesetzt. Aber sie hat schon da kommuniziert, dass sie gerne Pilotin werden möchte. Da haben wir natürlich über die Bahnen gesprochen und sie hat Fragen gestellt. Aber bei Bob-Pilotinnen und -Piloten geht es viel darum, seinen eigenen Weg und eigene Lösungen für Probleme zu finden. Trotzdem haben wir noch Kontakt und sprechen hin und wieder über Dinge.

Viele ehemalige Anschieberinnen versuchen sich derzeit als Pilotinnen im Monobob. Ist das Anschieben die beste Ausbildung dafür?
 
Gerade im Monobob sind ehemalige Anschieberinnen stark, was hauptsächlich an ihren guten Startzeiten liegt. Der Monobob ist annährend so schwer wie ein Zweierbob, aber man schiebt ihn allein. Da musst du also enorm athletisch und fit sein. Und das ist natürlich genau das, was Anschieberinnen ausmacht. Trotzdem ist es ein Lernprozess und es dauert eine Weile, bis man das fahrerische Niveau erreicht hat. Das hat man bei allen gesehen, auch bei Lisa Buckwitz. Sie haben alle sehr gute athletische Voraussetzungen und die Frage ist dann nur noch, wie gut man ihnen das Fahren beibringen kann. Aber der Weg von der Anschieberin zur Pilotin könnte die Zukunft sein.

Lisa Buckwitz am Start bei der Monobob-WM in Winterberg (imago images/Eibner)
Potsdamerin Buckwitz verpasst ersten WM-Titel

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Wie steht es denn um die Zukunft der Sportart ganz allgemein und welche Herausforderungen kommen auf sie zu?
 
Ich mache mir schon Gedanken um die Sportart. Das Thema Klimawandel beschäftigt den Wintersport. Es wird immer wärmer und auch dieser Winter war wirklich wieder kein richtiger Winter. Das ist für viele Disziplinen schwierig, auch das Bobfahren. Wir sind zwar nicht ganz so auf das Wetter angewiesen wie Biathlon, Skispringen oder Alpin, aber wir können auch nicht bei 20 Grad Wettkämpfe auf die Beine stellen.
 
Zusätzlich dazu kommen konkrete Probleme für den Bobsport. Für die Olympischen Spiele 2026 ist immer noch nicht entschieden, wo die Wettkämpfe stattfinden. Das finde ich furchtbar, zumal die Zeit rast. Die Italiener sind zwar Willens eine Bahn zu bauen, die Frage ist aber, ob sie das tatsächlich noch schaffen. Ich bin nicht so optimistisch, dass das noch aufgeht. Und dann die Wettkämpfe in einem anderen Land stattfinden zu lassen? Ich weiß nicht. Klar wäre das besser als gar kein Bobfahren, aber es zeigt auch, wie undurchdacht das ganze Konzept ist. Das finde ich sehr schade.

Nicht nur bei Bob-Events stehen Sie mittlerweile vor der ARD-Kamera, seit diesem Jahr moderieren Sie außerdem den Sportblock im Mittagsmagazin. Wie kam es dazu?
 
Das kam auch durchs Bobfahren. Durch meinen Job als Expertin hatte ich bereits viel Kontakt zum MDR, der für die Bob-Übertragungen verantwortlich ist. Schon während meiner aktiven Zeit wurde ich von der MDR-Sportredaktion angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, ins Fernsehen zu gehen. Dann ging es direkt nach meinem Karriereende als Bob-Kommentatorin los. Und dann kam das ARD-Mittagsmagazin zum MDR und eines führte zum anderen.

War es schon immer Ihr Wunsch nach der Sportkarriere Journalistin zu werden?
 
Nein, tatsächlich nicht. Ich studiere derzeit auch noch Psychologie in Berlin. Ich habe eigentlich nie konkrete Pläne in diese Richtung gehabt. Es war eine tolle Gelegenheit für mich, ich freue mich sehr darüber und schaue jetzt mal, wohin es geht. Aber ich habe nie gesagt, dass ich Fernsehstar oder Journalistin werden will. Allerdings habe ich als Kind auch nie gedacht, dass ich mal Olympiasiegerin werden würde.

Wo ist die Anspannung größer: Vor dem Start in den Eiskanal oder bevor das rote Licht der Kamera angeht?
 
(lacht) Das ist schwierig zu sagen. Es ist eine sehr andere Art von Anspannung. Als Sportlerin steht man beim Wettkampf da, ist voller Adrenalin, will sich auspowern und hundert Prozent geben. Vor der Kamera ist es eher so, dass man zwar nervös ist, aber dann ruhig, entspannt und locker wirken will. Es ist genau das Gegenteil des Sports. Es ist also anders aufregend, aber schon im gleichen Maße.

Vielen Dank für das Gespräch.
 
Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.02.2024, 10:15 Uhr