Teniel Campbell bei der Tour de France Femmes
Tourreporterin

Tour de France Femmes Teniel Campbell: Aus der Karibik zum größten Rennen der Welt

Stand: 25.07.2023 07:53 Uhr

Der Kampf um den Sieg ist im Radsport der Frauen meist eine europäische Angelegenheit. Eine der wenigen Schwarzen Fahrerinnen im Peloton ist Teniel Campbell, die das ändern möchte.

Von Katarina Schubert, Mauriac

Trinidad und Tobago ist eigentlich für seine schönen Strände und überragendes Wetter bekannt. Und was Sport angeht, glänzt der karibische Inselstaat vor allem in der Leichtathletik – bis heute kennt dort jedes Kind den 200-Meter-Weltmeister von 1997, Ato Boldon. Doch im Radsport sind Fahrer und Fahrerinnen eher eine Seltenheit in den Pelotons der Welt. Eine Ausnahme stellt Teniel Campbell dar. Sie startet für das australische Team Jayco Alula und feierte am Sonntag ihr Debüt bei der Tour de France Femmes.

Laufen gefiel Campbell nicht

"Das war ein kleines bisschen eine Enttäuschung", fasst Campbell die erste Etappe in Clermont-Ferrand zusammen, als sie nur den 125. Platz belegte. "Ich fuhr vorher fünf Wochen keine Rennen und habe die Hitze unterschätzt." Die 25-Jährige hatte allerdings auch mit ihrer Nervosität zu kämpfen. Immerhin war es das erste Mal für sie bei der Tour. "Ich war so aufgeregt und dachte, was zur Hölle?", erinnert sie sich lachend. Die Spannung im Peloton sei zum Greifen gewesen, sogar schon während des Einrollens vor dem eigentlichen Start.

Teniel Campbell bei der Tour de France Femmes

Das Rennen habe sich wie eine Weltmeisterschaft angefühlt, so viele Menschen seien an die Strecke gekommen. Dass Campbell einmal bei der Tour de France Femmes am Start stehen würde, hätte sie sich als Kind mit Sicherheit auch nicht gedacht. Zu wenig Bedeutung hat Radsport nicht nur auf Trinidad, sondern auch in der Karibik allgemein. Campbell und ihr Bruder, selbst Bahnradsportler, haben wegen ihres Vaters mit dem Sport angefangen. Deren Mutter war in der Leichtathletik und Netball aktiv. "Aber Laufen gefiel mir nicht. Und Netball war mir zu aggressiv", so Campbell.

Historische Olympia-Premiere

Seitdem ist einiges in der Karriere von Campbell passiert. Nicht nur gewann sie als erste Radsportlerin Trinidad und Tobagos Medaillen bei panamerikanischen und karibischen Meisterschaften, sie nahm auch als erste Frau ihres Landes am Straßenrennen der Olympischen Spiele 2021 in Tokio teil. Bereits vor diesem Sommer konnte sie die großen Rennen der Women’s World Tour, der höchsten Rennserie der Frauen, auf ihrer Bucket List abhaken: Paris–Roubaix, Giro D’Italia Donne oder die Flandern-Rundfahrt. Nur die Tour de France Femmes fehlte noch.

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Jetzt in Frankreich dabei sein zu dürfen, sei ein ziemlich großes Ding für eine Fahrerin aus der Karibik. "Dass ich es geschafft habe, gibt anderen Fahrern aus kleinen Nationen vielleicht die Hoffnung, dass sie es auch packen können", so Campbell. Sie stammt jedoch nicht nur aus einem Land, in dem der Radsport keine Rolle spielt, sondern sie ist auch eine der wenigen Schwarzen Fahrerinnen im Peloton. Diese Tatsache spiegelt sehr gut die Diversität, oder besser fehlende Diversität im Radsport allgemein wider. Erst 2022 gewann mit Biniam Girmay der erste Schwarze Fahrer eine Etappe bei einer der großen Rundfahrten der Männer. Bei den Frauen? Fehlanzeige.

Vorbild für andere Fahrerinnen

Für Campbell ist es daher besonders wichtig, sichtbar zu sein. "Wenn andere Menschen mich sehen und dass ich es auf die größte Bühne des Frauenradsports geschafft habe, kann das inspirierend sein. Und es zeigt, dass man es mit harter Arbeit packen kann, egal welche Hautfarbe man hat." Ihren Weg in die Women’s World Tour hat sie nach eigenen Angaben dem Radsportweltverband UCI und seinem Diversity-Programm zu verdanken. Zu Beginn ihrer Karriere wurde Campbell Mitglied des WCC-Teams der UCI, welches jungen Sportlerinnen die Teilnahme an internationalen Rennen ermöglicht. Von dort aus ging es zu einem Continental-Team in Italien, bevor sie ihren Weg zum World Team Jayco Alula fand.

Letzteres unterstützte sie auch, als Campbells Karriere fast vorbei gewesen wäre. Im vergangenen Oktober stürzte Trinidads Sportlerin des Jahres 2019 schwer, vor allem das Knie wurde in Mitleidenschaft gezogen – eine angerissene Patellasehne sowie Knochenbrüche waren das Resultat. Sie kämpfte sich zurück, so wie sie sich in die Elite des Frauenradsports kämpfte. "Ich hatte viele tolle Momente, aber auch Tiefschläge, vielleicht sogar mehr Tiefschläge, in meiner Karriere. Als Sportlerin bin ich nicht immer stark."

Hoffnung auf einen Etappensieg

Nach ihrer schweren Verletzung hofft Campbell nun, bei der Tour zeigen zu können, was sie draufhat. Aber vor allem nach den ersten beiden Etappen ist sie realistisch. "Erst war mein Ziel, eines der Trikots zu gewinnen, aber nun muss ich einsehen, dass das wohl nicht klappt. Aber ein Etappensieg wäre richtig cool." Am Montag war bei Regen jedoch nicht mehr als der 136. Platz drin, die Beine wären einfach nicht da gewesen, so Trinidads Radsport-Star nach dem Rennen.

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