Olympia | Eishockey Der Eishockey-Olympia-Check mit Rick Goldmann

Stand: 09.02.2022 14:34 Uhr

Rick Goldmann ist eine deutsche Eishockey-Legende. Er spielte in der NHL, war zweimal bei Olympia, trug 128 Mal das Nationaltrikot und spielte sieben Weltmeisterschaften. Bei den Olympischen Spielen in Peking gehört er als Experte zum Sportschau-Team und kommentiert mit Tom Scheunemann unter anderem alle deutschen Spiele und alle Endrundenspiele der Männer. Für das am Mittwoch beginnende Männer-Turnier nimmt der 45-Jährige einen Olympia-Check vor.

Das Eishockey-Team des Russischen Olympischen Komitees (ROC) gilt als absoluter Top-Favorit für das Olympia-Turnier. Was macht die russischen Athleten so stark?

Rick Goldmann: "Ich glaube auch, dass sie Favorit sind. Sie sind Olympiasieger 2018, sie haben eine große Tradition. Und sie haben den vermeintlichen Topscorer des Turniers.

Vadim Shipachyov hat über Jahre unter Beweis gestellt, dass er auf diesem Level scoren kann. Das Team ist sonst sehr von der Offensive getrieben. Diesmal sind sie ausgeglichener. Das einzige Fragezeichen sind die Torhüter."

Es wurde berichtet, dass die Russen vor Olympia zwei Wochen in Isolation gegangen sind, um eine Corona-Infektion zu vermeiden. Stimmt das? Hilft das?

Goldmann: "Vom russischen Team weiß man oft nur sehr wenig. Stand heute haben sie keine Corona-Infektionen. Andere Teams wie die Schweiz sind da stärker betroffen."

Die NHL entsendet keine Spieler, was vermutlich vor allem die USA und Kanada treffen wird. Was ist von den Nordamerikanern und ihren jungen Teams zu erwarten?

Goldmann: "Kurz zur NHL: Stand jetzt sind fast 900 Spieler mit einem Spiel oder mehr in der NHL im Einsatz gewesen. Es betrifft viele Länder, die USA und Kanada aber am meisten. Die beiden Kader sind ganz unterschiedlich. Kanada ist ganz ausgeglichen und stimmig. Sie haben einen Anführer mit Eric Staal, der bereits die NHL, die WM und Olympia gewonnen hat.

Er ist aber am Ende seiner Karriere. Als Gegenbeispiel haben sie mit Owen Power den aktuellen Nummer-1-Pick in der NHL dabei. Er ist ein junger Verteidiger, der die Zukunft vor sich hat. Das ist eine gute Mischung.

Die USA erinnern ein bisschen an 1980 und das 'Miracle on Ice', 15 Spieler aus dem College, die keine oder wenig Profi-Erfahrung haben. Dazu ein paar erfahrene Spieler. Ich bin aber gespannt, ob sie es besonders weit schaffen.

Sportschau-Wintersport-Podcast, 09.02.2022 13:13 Uhr

Zum deutschen Team. Was macht das DEB-Team ganz kurz beschrieben aus?

Goldmann: "Ganz kurz: Erfahrung."

Was sind die Stärken der DEB-Cracks?

Goldmann: "Es sind zehn Spieler von Olympia-Silber 2018 dabei. Und es sind 19 Spieler von der WM 2021 dabei. Sie haben Olympia-Silber, haben bereits K.o.-Spiele erfolgreich gestaltet, sind bei der WM bis ins Halbfinale gekommen. Der Kader ist nur zusammengestellt aus Spielern, die auf internationalem Eis Ausscheidungsspiele gewinnen können."

Gibt es Schwächen?

Goldmann: "Ein Spieler wie Moritz Seider fehlt. Er ist ein Verteidiger, der viel mit der Scheibe kann und mit seinen 20 Jahren auch offensiv das Powerplay führen kann. Er gehört in der NHL in seiner ersten Saison zu den 20 besten Scorern. Da sieht man schon, wie viel Qualität mit nur einem Mann fehlt. In der Verteidigung fehlt dieser spielgestalterische Typ. Dafür ist die Qualität auf vielen Schultern verteilt."

Der größte Erfolg der vergangenen Jahre war Olympia-Silber 2018. Ist auch dieses Jahr eine Medaille drin?

Goldmann: "Parallelen sind da. Die NHL-Spieler fehlen. Dafür hast Du einen erfahreneren Kader. Die Spieler haben sich weiterentwickelt. Die Deutschen haben jetzt drei Spiele in vier Tagen. Da wird sich schon zeigen, was sie abrufen können.

Sehr viele Nationen sind in etwa auf dem gleichen Niveau. Da kommt es viel auf die Tagesform an. Bei den Deutschen gehe ich fest von Top acht aus, wenn es gut läuft, dann ist auch mehr drin."

Wer ist der Geheimfavorit des Olympia-Turniers?

Goldmann: "Das Potenzial dazu haben die Schweizer. Der Kader ist sehr erfahren, hat immer wieder unter Beweis gestellt, dass er in die Weltspitze reinstechen kann.

Dieses offensive Power-Eishockey auf schlittschuhläuferischem Top-Niveau, sie können von der Schnelligkeit zu den Top-drei-Nationen bei Olympia gehören. Wenn sie das konstant in Gang bringen, können sie sehr weit kommen."

Erstmals seit 2010 wird wieder auf der kleineren Eisfläche gespielt, so wie in der NHL. Was bedeutet das?

Goldmann: "Ich kann die Zuschauer nur ermuntern, sich in der offensiven Zone die Ecken anzuschauen. Die Ecken sind viel kleiner und abgerundet. Da ist viel weniger Platz.

Allerdings sind die offensiven Zonen generell größer, die neutrale Zone ist kleiner. Das bringt mehr Torgefahr. In der offensiven Zone hast Du mehr Möglichkeiten, auszuweichen. Ich bin aber auch gespannt, wie lange die europäischen Mannschaften brauchen, sich darauf einzustellen."