Olympia | Peking Eishockey: "Spielerisch, kämpferisch und körperlich ein Rückschlag"

Stand: 15.02.2022 11:38 Uhr

"Man kann nicht viele positive Dinge mitnehmen", sagt Sportschau-Experte Rick Goldmann nach dem Scheitern des deutschen Eishockey-Teams bei Olympia. Es gebe aber Hoffnung.

Vier Jahre nach der Silber-Sensation von Pyeongchang ist das deutsche Eishockey-Team in Peking früh gescheitert. Nach vier Spielen stehen drei Niederlagen gegen Kanada, die USA und die Slowakei nur einem Zittersieg gegen China gegenüber. Angetreten als Medaillenkandidat, ist das Turnier schon vor dem Viertelfinale vorbei.

Sportschau: Rick Goldmann, das deutsche Eishockeyteam verabschiedet sich nach einer 0:4-Klatsche im Alles-oder-Nichts-Spiel gegen die Slowakei mit einer herben Enttäuschung aus Peking. Welcher Eindruck bleibt bei dir nach diesem Match hängen?

Rick Goldmann: "Dass es die deutsche Mannschaft nicht geschafft hat, die Leistungssteigerung zu bringen, die man sich in einem K.o.-Spiel erhofft hat. Man muss einfach sagen, dass die Slowaken über 60 Minuten spielerisch die bessere Mannschaft waren, aber leider auch kämpferisch. Und das ist eigentlich eine Tugend, mit der Deutschland in Turnieren erfolgreich war."

Am Ende steht nach hohen Erwartungen nur ein Zittersieg gegen China. Warum hat es das Team nicht geschafft, sich in dieses Turnier zu spielen?

Rick Goldmann: "Vielleicht hat man sich selber zu viel Druck gemacht. Diese Erwartungshaltung, die man inzwischen an sich selbst hat, setzt die Messlatte schon sehr hoch. Trotzdem musst du bei den Basics anfangen und hart arbeiten. Und wenn du in vier Tagen drei Spiele hast, dann muss dein Mindset von Anfang an stimmen. Das wurde aber schon in den ersten zehn Minuten von den Kanadiern gebrochen. Ich glaube, davon hat sich das Team nie erholen und nichts aufbauen können."

Vor vier Jahren in Pyeongchang begann das Turnier auch nicht gut, da hat es dann aber geklappt …

Rick Goldmann: "Tatsächlich war das ja auch unsere Hoffnung, dass das Ganze wieder so ins Rollen kommt. Und das Spiel gegen die Slowaken hätte genau so ein Spiel sein können, das die Energie im Team öffnet, den Glauben entfacht, dass man weit kommt.

Wenn die NHL-Spieler allerdings nicht dabei sind, ist die Leistungsdichte der Teams sehr eng. Das heißt, es kommt mehr auf die Tagesform an, auf die Spieler, die outperformen und die durch ihre Leistung eine Mannschaft, die nicht zu den absoluten Favoriten zählt, tragen. Das hatten wir hier nicht."

Wer hätte im deutschen Team diese Rolle einnehmen müssen?

Rick Goldmann: "Das ist nicht so einfach und oft kommt es dann auch ganz anders. Genau genau das macht ja gute Mannschaften aus. Bei den Slowaken hat  beispielsweise Juraj Slafkovský - der ist 17 Jahre alt - bis zum deutschen Spiel vier Treffer erzielt. Natürlich haben ihn Scouts für Nordamerika auf dem Zettel, aber dass er hier mit vier Treffern aus den ersten drei Spielen kommt, hätte ihm keiner zugetraut. Und es geht nicht immer bloß darum, dass die Spieler liefern, von denen man viel erwartet. Sondern dass du irgendjemanden hast, der Outperformance bringt. Aber, und das muss man ganz ehrlich sagen, ist in diesem Turnier keinem der deutschen Spieler gelungen."

Gibt es trotzdem etwas Positives, dass du aus diesem Turnier ziehst?

Rick Goldmann: "Man darf nicht alles schlecht reden, aber von diesem Turnier kann man nicht viele positive Dinge mitnehmen. Das vorhandene Potenzial ist einfach nicht abgerufen worden. Aber das Turnier ist auch eine Momentaufnahme. Das deutsche Eishockey hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt, es gibt ja auch einge junge Spieler, die schon in Nordamerika spielen. Und es gibt noch eine Weltmeisterschaft in Finnland im Mai. Ich glaube, dass der Kader da etwas anders aussehen wird."

Was muss sich mit Blick auf die kommenden Turniere verbessern?

Rick Goldmann: "Man hat in diesem Turnier wieder gesehen, wie sich das Eishockey insgesamt verändert hat. Das ist so schnell geworden, es kommt so viel über die Schlittschuh-Geschwindigkeit. Ich glaube, da könnten wir im nächsten Turnier ein bisschen besser aufgestellt sein. Dieses Turnier ist spielerisch ein Rückschlag, kämpferisch und körperlich. Da kann die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft besser spielen, das muss man ganz klar so sagen. Insgesamt hat sich das deutsche Eishockey aber in die richtige Richtung entwickelt, und ich bin auf das nächste Turnier gespannt, ob es das Team dann besser macht."

Das Gespräch führte Franziska Wülle.