Rennfahrer Max Verstappen auf der Rennstrecke

Großer Preis von Belgien Formel 1 in Spa - Spektakel mit tödlichem Schatten

Stand: 27.07.2023 23:28 Uhr

Der Große Preis von Belgien ist traditionell einer der großen Höhepunkte einer Saison in der Formel 1. Die Strecke in Spa ist wohl aber auch die gefährlichste, vor allem wegen einer Stelle.

Von Sebastian Hochrainer

Eau Rouge, Raidillon - wenn die Sprache von dieser Kombination ist, schlägt bei Formel-1-Fans und -Fahrern das Herz schneller. Es ist die wohl berühmteste Kurvenfolge aller Strecken, aber auch die, die immer wieder für gefährliche - und tödliche - Unfälle sorgt. Es ist in jeder Runde der Moment, in dem die Fahrer keinen Fehler machen dürfen und von ihnen Höchstleistung gefordert wird. Wehe, wenn dann doch mal etwas schiefgeht.

Zwei Tote innerhalb von vier Jahren

Erst Anfang Juli hat diese Stelle ein Todesopfer gefordert. Bei der Rennserie "Formula Regional European Championship by Alpine" kam der 18 Jahre alte Dilano van't Hoff ums Leben. Bei regennasser Strecke war es unmittelbar nach den beiden Kurven zum Crash gekommen, bei dem das Auto des Niederländers von der Straßenmauer auf die Strecke zurücklief und dort frontal von einem anderen Boliden gerammt wurde. Erst 2019 war an dieser Stelle auch Anthoine Hubert bei einem Formel-2-Rennen gestorben.

Schon mehrfach stand die Kurvenkombination mit der unübersichtlichen Streckenführung und Steigung in der Diskussion. Auch verschiedene Formel-1-Fahrer forderten dabei immer wieder, diese Stelle beim Großen Preis von Belgien sicherer zu gestalten. Die Spa-Betreiber haben versucht, dem Folge zu leisten - das Rennwochenende steht aber trotzdem in einem tödlichen Schatten.

Mit Vollgas den Berg hinauf ins Ungewisse

Die Ausläufe rund um Eau Rouge und Raidillon (die Kurven zwei bis vier) wurden großzügig erweitert, die Fahrer rasen aber noch immer im Höchsttempo durch diese Stelle, die eine lange Gerade unterbricht. An der steilsten Stelle müssen die Autos eine Steigung von elf Prozent bezwingen, innerhalb von kurzer Zeit bewältigen sie einen Höhenunterschied von 30 Meter - und mittlerweile schaffen sie es, diese Kurven zu nehmen, ohne vom Gas gehen zu müssen.

Mit über 300 Stundenkilometer geht es für die Formel-1-Piloten auch am kommenden Wochenende durch die berüchtigte Spa-Passage. Und die sorgt in der Kombination mit dem Streckenverlauf und vor allem dem oft einsetzenden Regen immer wieder für Dreher, bei denen die Fahrer oft die Orientierung verlieren. Dazu übersehen folgende Piloten wegen der Steigung oft die Unfälle vor ihnen und können entsprechend nicht oder zu spät reagieren - wie im Falle von van't Hoff vor etwa vier Wochen.

Verstappen liebt Spa, Gasly will mehr Schutz

Dennoch bezeichnet Ausnahmefahrer Max Verstappen Spa als seine "Lieblingsstrecke". Von weiteren baulichen Veränderungen hält der Niederländer wenig. "Natürlich wird das jetzt aufgebracht. Aber es ist ein bisschen unfair, es nur auf die Strecke zu schieben. Es ist sicher eine ziemlich gefährliche Kurve, aber wir fahren auch den Sektor 1 in Jeddah, und das ist für mich wahrscheinlich noch gefährlicher", sagte Verstappen, der in den vergangenen beiden Jahren beim Großen Preis von Belgien siegreich war.

Weitaus kritischer zeigte sich Alpine-Pilot Pierre Gasly. "Wir können es uns einfach nicht leisten, junge Talente so zu verlieren, wie es in den letzten Jahren geschehen ist. Wir sollten diese Jungs nicht einem solchen Risiko aussetzen", sagte der 27-Jährige. Es gäbe zwar "immer ein Element der Gefahr. Aber als Gemeinschaft und als Verband und Organisation ist es unsere Aufgabe, diese Wahrscheinlichkeit zu minimieren", forderte Gasly, der mit dem 2019 gestorbenen Hubert befreundet war.

Sprintrennen könnte Spa noch "chaotischer" machen

Für das kommende Wochenende gibt es aber keine zusätzlichen Maßnahmen, die Formel-1-Fahrer werden mit höchstem Risiko durch die gefährliche Kurvenkombination rasen. Während der Sport durch die Dominanz von Red Bull (alle Rennen der Saison gewonnen), speziell von Verstappen, der siebenmal in Folge als Erster über die Ziellinie fuhr und schon sehr frühzeitig seinen WM-Titel verteidigen dürfte, gewissermaßen ein Spannungs-Problem hat, werden die Tage in Spa-Francorchamps wieder Hochspannung liefern. Hoffentlich nur in sportlicher Hinsicht.

Das aber mit einem kleinen Extra. Denn beim Großen Preis von Belgien wird es wieder ein Sprintrennen am Samstag (29.07.2023) geben, das das klassische Qualifying ersetzt. "Wir werden sehen, welche Auswirkungen das haben wird, denn das macht es immer ein bisschen interessanter und chaotischer", sagte Verstappen. Wobei diese besondere Strecke dafür eigentlich nicht mehr dieses Extra bräuchte.