Motosport | Formel 1 Deshalb fährt die Formel 1 um Deutschland herum

Stand: 17.03.2022 11:02 Uhr

Die Formel-1-Saison startet am Wochenende, 23 Rennen sind Rekord - aber Deutschland fehlt erneut. Die Sportschau erklärt, warum Nürburg- und Hockenheimring nur Aushilfs-Kandidaten sind.

Mit Sebastian Vettel (aktuell an Corona erkrankt, wird beim Auftakt durch seinen Landsmann Nico Hülkenberg ersetzt) und Mick Schumacher sind weiterhin zwei Deutsche Stammfahrer am Start, wenn es am Wochenende (ab Freitag, 18.03.2022, im Livecenter bei sportschau.de) in Bahrain losgeht. Der deutsche Autobauer Mercedes stellte bis zum Jahr 2020 siebenmal in Serie den Weltmeister. Die Königsklasse des Motorsports hat im Land von Michael Schumacher immer noch sehr viele Fans - warum dann nicht auch ein Rennen?

Überraschendes Comeback durch Corona

Im Coronajahr 2020 gab es ein überraschendes Comeback am Nürburgring, zuvor hatte die Formel 1 sieben Jahre einen Bogen um die Eifel gemacht. Am Hockenheimring war 2019 der bisher letzte Grand Prix. 2022 könnte es für eine der beiden Strecken höchstens dann wieder einen Kampf zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen geben, wenn der Ersatzort für das gestrichene Russland-Rennen bekanntgegeben wird.

Die Sportschau fragte bei beiden Rennstrecken, welche Perspektive es für die Motorsportfans in Deutschland gebe. Die Antwort lässt sich etwas ernüchternd so zusammenfassen: keine, wenn sich nicht doch ein Investor findet, der das finanzielle Risiko absichert oder wenn Formel-1-Inhaber Liberty Media nicht ihr gefordertes Antrittsgeld herunterschraubt. Nach Sportschau-Informationen will die Formel 1 zwischen 18 und 20 Millionen für ein Rennwochenende in Deutschland.

"Gespräche über alternierendes Rennen"

Nürburgringsprecher Alexander Gerhard erklärt dazu: "Die gute Nachricht ist, dass wir gerade wieder von der FIA für drei Jahre als Great-One-Rennstrecke zertifiziert worden sind, wir wären also bereit, wir haben großes Interesse an der Formel 1."

Gerhard erzählt weiter: "Aber wir sind nunmal ein mittelständisches Unternehmen mit 200 Angestellten und können es uns nicht leisten, mit einem Rennwochenende das Wirtschaftsergebnis eines gesamten Jahres aufs Spiel zu setzen. Wir sind in Gesprächen, auch gemeinsam mit dem Hockheimring über einen jährlich alternierenden Grand Prix in Deutschland. Aber im Moment gehen die Vorstellungen über die Austragung eines Rennens zu weit auseinander." Und zwar allein die fianziellen Vorstellungen.

Jorn Teske, einer von zwei Geschäftsführern der Hockenheimring GmbH sagt dazu: "Solange es viele Länder gibt, die bereit sind, Summen für ein Formel-1-Rennen zu bezahlen, die sich überhaupt nicht refinanzieren lassen, solange ist es schwierig, in diesem Konzert mitzuspielen."

Was haben Zandvoort und Monza?

Bei Rennen wie in Abu Dhabi oder ab 2023 für zehn Jahre in Katar klingt das nachvollziehbar. Aber was haben Monza und Zandvoort, was die beiden deutschen Strecken nicht haben? Genau das fragte zuletzt auch Stefano Domenicali, Ex-Ferrari-Teamchef und jetziger Formel-1-Boss, der den Deutschen einerseits die Tür öffnet, ihnen andererseits vorwirft, zu wenig risikofreudig an die Sache heranzugehen.

Das Jahr 2021 hat beide Antworten gegeben. Zandvoort in den Niederlanden hatte die Mega-Euphorie um den amtierenden Weltmeister Max Verstappen und dazu einen Hauptsponsor, der das Rennwochenende absicherte. Monza hatte großen Mut zur Lücke. Nach dem Grand Prix vor den Toren Mailands gab der Streckenbetreiber ein Minus von 15 Millionen Euro bekannt.

Nur die Tickets zur Refinanzierung

Alexander Gerhardt schüttelt darüber den Kopf: "So etwas können wir uns gegenüber unseren Mitarbeitern nicht erlauben. Wir haben nunmal nur die Tickets zur Refinanzierung."

Hockenheim-Chef Teske hat deshalb schon mit der Formel 1 über eine Risikobeteiligung gesprochen. Seine Absicht war, dass die Deutschen nur ein eventuelles Minus abgesichert bekämen.

Gerhardt erklärt die Details: "Wir verdienen nichts an den Werbebanden, wir verdienen nichts am TV-Geld. Wir übergeben den Ausrichtern eine komplett werbefreie Strecke, weil die Formel 1 ihre eigenen Sponsoren mitbringt. Ich kann das Verhalten teilweise sogar verstehen, sie haben ein Premiumprodukt und genügend Interessenten, die auf ihre Bedingungen eingehen."

Domenicali betont zwar einerseits, dass sein Zirkus auch gerne wieder in der Eifel oder in Nordbaden aufschlagen würde, er schwärmt aber gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland auch ausgiebig von weiteren Alternativen: "Ein Comeback in Afrika - egal, ob im Norden oder Süden - wäre toll." Dazu gilt China als potenziell größter Wachstumsmarkt, zumal es in Guanyu Zhou bei Alfa Romeo den ersten Stammpiloten aus dem Land des Olympiagastgebers gibt.

"Am Ende müssen es die Herren selber wissen"

Nürburgring-Sprecher Gerhardt hält Tradition und Qualität dagegen: "Es bleibt dabei, dass die Formel 1 hier jederzeit willkommen ist. Bei einigen neuen Rennstrecken gab es plötzlich nach kleinen Unfällen schon Rote Flaggen (Rennabbrüche, d. Red.). So etwas droht am Nürburgring nicht. Außerdem erinnert er an das spontane Einspringen vor zwei Jahren: "Wir haben 2020 gezeigt, wie schnell wir so ein Rennen stehen haben und wie schnell die Tickets verkauft sind. Wir arbeiten weiter an Lösungen - aber am Ende müssen die Herren selber wissen, wie wichtig ihnen der deutsche Markt für die Zukunft ist."