Armand "Mondo" Duplantis
analyse

Busemanns WM-Orakel Sprung: Klar, Gold für Mondo Duplantis, aber mit Weltrekord?

Stand: 16.08.2023 14:48 Uhr

Mit oder ohne Weltrekord, das ist hier die Frage beim WM-Gold von Super-Stabi Armand "Mondo" Duplantis. Für Hochsprung-Hoffnung Tobias Potye geht mit einem weiteren Wahnsinns-Wettkampf was, Malaika Mihambo wird schmerzlich vermisst. ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann mit seinen Einschätzungen für Budapest.

Hochsprung

Vierter Titel in Folge für Barshim? Die Luft wird dünner

Kann sich Titelverteidiger und Olympiasieger Mutaz Barshim noch mal retten und seine vierte Goldmedaille in Folge nach Hause bringen? Die Luft wird dünner, aber er verfügt über eine Menge Erfahrung, wie in solchen knappen Entscheidungen zu agieren ist. Aber der junge, ungestüme Amerikaner JuVaughn Harrison könnte ihn unter Druck bringen. Der wirkt zwar immer, als habe er das Hochspringen erst vor kurzem gelernt, aber… hat er auch. Irgendwie. So sieht es zumindest aus. Aber der ist noch lange nicht fertig, und mittlerweile hat er sich jenseits der 2,30 m stabilisiert.

Noch ein Wahnsinns-Wettkampf von Potye?

Tobias Potye ließ es kürzlich in Polen mit 2,34 m ordentlich krachen und schockte die Fachwelt, indem er seine Bestleistung um vier Zentimeter steigerte. Diese Leistung kann für eine Medaille reichen, allerdings sind solch wahnsinnige Wettkämpfe nicht nach Belieben zu wiederholen. Deshalb geht es für den Vizeeuropameister darum, in die globale Top Acht vorzustoßen.

Olyslagers gegen ein ukrainisches Trio

Bei den Frauen versucht die Olympiazweite Nicola Olyslagers aus Australien, ein ukrainisches Trio um Jaroslawa Mahutschich in Schach zu halten. Über den Titel wird die Tagesform entscheiden. Eine Überraschung wie im vergangenen Jahr, als plötzlich Eleonor Patterson ganz oben stand, wird es in Budapest nicht geben. Angelina Topic, Tochter des ehemaligen Topspringers Dragutin, ist in diesem Jahr noch nicht so weit, dass sie die Großen schlagen kann, aber ihre Zeit wird noch kommen.

Aus deutscher Sicht schauen wir auf das Abschneiden von Christina Honsel und Johanna Göring. Honsel steigerte sich im Winter auf unglaubliche 1,98 m und hatte eine fulminante Hallensaison, im Sommer klappt es leider nicht so gut. Gut in Form ist die erst 18-jährige Göring, die schon vor zwei Jahren 1,92 m sprang. Sie kann vollkommen befreit aufspringen, eine Menge für die nächsten Jahre lernen und vielleicht sogar ihre Bestleistung in Angriff nehmen.

Stabhochsprung

Duplantis ist klar, aber was passiert dahinter?

Eine ganz langweilige Disziplin. Armand "Mondo" Duplantis. Fertig. Nächste Disziplin. Doch weit gefehlt. Obwohl der schwedische Weltrekordler den Stabhochsprung scheinbar nach Belieben beherrscht, erfreut sich die Disziplin größter Beliebtheit. Zu Recht. Es gibt nämlich einige Fragen zu klären. Wird der Titelverteidiger gewinnen? Ja. Wird der diesjährige Weltranglistenzweite eine Medaille gewinnen? Nein. Sehen wir einen Weltrekord? Vielleicht.

Der Weltrekord ist dann immer die spannende Frage, auf den alle hoffen. Mit einem Fauxpas wie mit dem vierten Platz in Monaco ist beim Saisonhöhepunkt nicht zu rechnen.

Die Nummer zwei der Welt KC Lightfoot hat's bei den US-Trials zerlegt und alle dahinter Springenden sortieren sich gedanklich einen Platz weiter nach vorn. Für die zwei restlichen Medaillen kommen eine handvoll Athleten infrage, als da wären der Australier Curtis Marshall, der Philippine Ernst Obiena und natürlich die Amis. Insgesamt präsentiert das Feld sechs Springer mit Bestleistungen über der magischen Marke von 6,00 m.

Deutschlands Vizeeuropameister Bo Kanda Lita Baehre wird aufgrund einer in Monaco zugezogenen Blessur nicht zum Stab greifen. Für den WM-Fünften Oleg Zernikel, der sein Ticket im letzten Wettkampf vor Nominierungsschluss in Leverkusen klar machte, gilt es, weiter Sicherheit für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr zu sammeln und mit Saisonbestleistung abzuschließen.

Gillian Ladwig hat mit guten Leistungen seine Nominierung über die Weltrangliste klar gemacht und wird mit seinem ersten Einsatz bei einer WM belohnt.

Moon in der Pole Position für Gold

Bei den Damen verhält es sich ähnlich wie bei der männlichen Ausgabe dieser Disziplin, allerdings nicht so deutlich. Aber alles andere als eine Titelverteidigung der Olympiasiegerin Katie Moon wäre überraschend. Neuseelands Eliza McCartney wartet zwar mit Topleistungen in der Spitze auf, aber die Breite macht sie anfällig für klare Vorhersagen. Von Platz zwei bis zwölf ist alles drin. Nina Kennedy und Wilma Murto gehören zum engen Kreis der Medaillenaspirantinnen.

Die deutsche Meisterin der Jahre 2022 und 2023, Anjuli Knäsche, darf in diesem Jahr die Reise zu den Weltmeisterschaften antreten und versucht, dort im Bereich ihrer Bestleistung zu springen.

Weitsprung

Der Weitsprung könnte historisch werden. Schon im vergangenen Jahr gewann ein Zehnkämpfer bei den Spezialisten eine Medaille. Eben dieser Simon Ehammer könnte gleiches wiederholen. Die (insgesamt drei) ungültigen Sprünge beim Mehrkampfmeeting in Götzis waren erstklassig und zeigten einmal mehr sein Potenzial. Den Sturz im Hürdenfinale der Schweizer Meisterschaften hat er hoffentlich heile überstanden.

Für den Männer-Titel müssen mehr als 8,30 m her

Angeführt wird die Weltbestenlisten von den Indern Aldrin und Sreeshankar, wobei Letzterer der bessere ist und nicht unbedingt irgendwelche hergerichtete Sprungschanzen benötigt. Vizeweltmeister Tentoglou wurde im vergangenen Jahr kalt erwischt, als im der Jamaikaner Gayle den Titel entriss. Das wird dieses Jahr nicht passieren, weil man für den Titel über 8,30 m springen muss. Oder vielleicht haut der 18-jährige Italiener Mattia Furlani wieder einen raus?! Dieses Jahr wird's noch nicht reichen, aber die anderen müssen sich beeilen, denn demnächst wird ein weiterer Springer Medaillenbegehrlichkeiten anmelden.

Mihambo wird schmerzlich vermisst

Bei den Frauen vermissen wir Malaika Mihambo verletzungsbedingt zutiefst. Sie war Garant für Sport, Spaß und Spannung. Die anderen Damen werden sich nun einen Platz weiter vorn einreihen. Trotzdem verspricht auch dieser Wettkampf, ein knappes und vor allem hochklassiges Ding werden zu können. Favoritin ist die Amerikanerin Tara Davis-Woodhall. Sie springt bisher am konstantesten und das auch überall. Mihambos ewige Gegnerin Ivana Vuelta ist wie immer zu beachten, machte bisher aber nicht einen offensichtlichen Eindruck. Insgesamt springen in Budapest sieben 7,00-m-Springerinnen.

Mikaelle Assani, die im Mai 6,91 m in Weinheim sprang, muss versuchen, in Budapest eine gute Quali hinzulegen und in den Bereich um 6,70 m zu springen. Gleiches gilt für Maryze Luzolo, die am letzten Tag der Qualifikationszeitraumes 6,84 m sprang.

Dreisprung

"Wunderkid" Hibbert will die Weltherrschaft

Den Dreisprung wird die nächsten Jahre ein junger Jamaikaner namens Jaydon Hibbert beherrschen, wenn er gesund bleibt. Bei Instagram nennt er sich selbst "wunderkid", und das ist er auch. Es ist wahrscheinlich eine Frage der Zeit, wann der große Jonathan Edwards als Weltrekordler abgelöst wird. Vielleicht können sich der Etablierten noch ein Jahr retten, bevor Wunderkid die Weltherrschaft übernimmt. Hallenweltrekordler Hugues Fabrice Zango könnte noch am ehesten dagegenhalten. Wie fit Weltmeister Pedro Pichardo ist, bleibt abzuwarten.

Max Heß hat nach vielen Verletzungsjahren im Winter wieder an der 17 gekratzt, im Sommer will es noch nicht so recht gelingen.

Rojas in einer anderen Welt unterwegs

Bei den Damen springt Yulimar Rojas in einer anderen Welt umher. Die Kubanerin Hernandez ist ihr auf dem Papier auf den Fersen, allerdings hat Rojas immer noch Luft nach oben und sechs Versuche Zeit. Aus deutscher Sicht gab es bis kurz vor Toresschluss ein Kampf um die WM-Tickets, den Kira Wittmann letztlich für sich entscheiden konnte, da sie zwar kürzer gesprungen ist, aber in der Weltrangliste einen Punkt vor Maria Purtsa rangiert.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 20.08.2023 | 07:00 Uhr