Renars Uscins beim Wurf gegen Carlsbogard

Spiel um Platz drei Deutschland verliert nach packender Aufholjagd knapp gegen Schweden

Stand: 28.01.2024 16:49 Uhr

Bitteres Ende eines tollen Comebacks: Deutschland hat das kleine Finale gegen Schweden knapp verloren und schließt das EM-Turnier im eigenen Land mit einer 31:34 (12:18)-Niederlage auf Rang vier und ohne Happy End ab.

Lange schien es nach einer deutlichen Klatsche gegen den Favoriten auszusehen, weil Deutschland aber in der zweiten Halbzeit noch einmal mit einem überragenden Youngster Renars Uscins (acht Tore) richtig aufdrehte und die letzten Kräfte mobilisierte, wurde es ein dramatisches Finish, das letztlich ohne die erhoffte Bronzemedaille endete.

So überwog in den ersten Momenten die Enttäuschung beim DHB-Team. "Der vierte Platz ist sehr undankbar", sagte Kapitän Johannes Golla niedergeschlagen: "Wir haben alles auf dem Spielfeld gelassen, aber am Ende hat es nicht gereicht. Deshalb ist die Enttäuschung groß."

Auch Alfred Gislason schaute etwas grimmig drein. "Wir haben in der ersten Halbzeit sehr schlecht geworfen", kritisierte der Bundestrainer in der ARD, sprach aber "ein riesiges Kompliment" für den Kampfgeist im zweiten Durchgang aus: "Das war richtig gut, da waren wir mehrere Male dran."

Gislason würde gerne weitermachen

Mit etwas Abstand dürfte sich das deutsche Team aber auch über viel Positives bei diesem EM-Turnier freuen, auch wenn Weltklasseteams wie Schweden sowie Dänemark und Frankreich noch ein großes Stück weit entfernt sind. Gegen alle der "Großen Drei" gab es Niederlagen bei diesem Turnier.

"Wir sind ganz sicher einen Schritt weitergekommen", meinte Gislason, der gerne mit dem jungen Team weiterarbeiten würde. "Ich habe Riesenspaß, letztlich entscheide ich das aber nicht", sagte der Isländer der ARD.

Schweden für Olympia qualifiziert

Gislason kann sich mit seiner Mannschaft bei einem Qualifikationsturnier im März das Olympiaticket sichern. Schweden hat sich durch den Sieg im kleinen Finale direkt für die Spiele im Sommer im Paris qualifiziert.

Jim Gottfridsson gegen Johannes Golla

Nach dem verlorenen Halbfinale gegen Dänemark schien an diesem großen Finalsonntag in Köln die Enttäuschung schnell verflogen. Wieder war die Kölner Arena mit fast 20.000 Zuschauern komplett ausverkauft und die Atmosphäre sehr stimmungsvoll.

Diesmal bekamen die deutschen Handballer auch prominente Unterstützung in der Halle. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der das EM-Turnier vor 18 Tagen in Düsseldorf vor der Weltrekordkulisse eröffnet hatte, war auch zum Abschluss dabei und drückte dem deutschen Team die Daumen, genau wie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Schweden ziehen früh davon

Alfred Gislason setzte zu Beginn wieder auf seinen Youngster Renars Uscins, der im Halbfinale gegen Dänemark großartig aufgetrumpft hatte. Routinier Kai Häfner, der ins Team zurückgekehrt war, saß zunächst auf der Bank.

Deutschland erwischte allerdings einen nicht so guten Auftakt in die Partie wie gegen Dänemark, als man eine ganz starke erste Halbzeit hingelegt hatte. "Das sind zu viele technische Fehler, das geht so nicht", meinte ARD-Co-Kommentator Johannes Bitter, die Schweden nutzten das aus. Gislason nahm früh eine erste Auszeit beim 4:7 (11. Minute).

Frühe Wechsel bei den Deutschen

Die Schweden schienen das so unglücklich verlorene Halbfinale gegen Frankreich zwei Tage zuvor abgeschüttelt zu haben, besonders Andreas Palicka zeigte sich in blendender Verfassung (13 Paraden in der ersten Halbzeit). Gislason reagierte, brachte in Sebastian Heymann und Philipp Weber zwei neue Leute im Rückraum und kurz danach auch David Späth für Andreas Wolff im Tor. Es nützte nichts. Die Schweden zogen auf 14:7 davon (22.).

"Wir kommen mit Einzelaktionen vorne nicht durch, wir brauchen mehr Pässe und müssen mehr in die Breite spielen", sagte Johannes Bitter. Die Schweden machten es taktisch besser und führten zur Pause mit sechs Toren deutlich. "Die Schweden haben eine höhere Durchschlagskraft. Wir scheitern zu oft mit freien Würfen an Torwart Palicka", meinte der verletzte Nationalspieler Patrick Groetzki zur Halbzeit am Sportschau-Mikrofon.

Max Darj gegen David Späth

Zweite Halbzeit am Ende dramatisch

Nach der Pause machten es die Deutschen besser. Zwar zogen die Schweden auf 21:14 mit sieben Toren davon, aber Gislasons Team steckte nicht auf und holte noch einmal kämpferisch alles aus sich heraus. Nach zwei Toren von Juri Knorr zum 21:24 (43.) kam noch einmal Hoffnung auf. Auch die Fans spürten nun, dass noch etwas gehen konnte und unterstützten das Team frenetisch. "Es ist sehr gut jetzt", meinte Gislason in der Auszeit.

Deutschland blieb dran, auch wenn besonders Schwedens Rückraummann Felix Claar die deutsche Abwehr vor große Probleme stellte. Als Christoph Steinert die Deutschen bei 28:30 erstmals auf zwei Tore heranbrachte, kochte die Kölner Arena. Die Deutschen setzten ihre Aufholjagd eiskalt fort und schnupperten beim 29:30 durch Renars Uscins sogar am Ausgleich (54.).

Gislason: "Die Dinger müsssen wir reinmachen"

Wenig später hatte Christoph Steinert die große Chance, auf 30:31 zu verkürzen. Er scheiterte aber am überragenden Keeper Palicka. "Diese Dinger müsssen wir reinmachen, dann geht es richtig rund", meinte Gislason.

Die letzten Minuten blieben hoch spannend, Gislasons Männer kämpften aufopferungsvoll - letztlich aber vergeblich, denn die abgebrühten Schweden behielten kühlen Kopf und dürfen sich verdientermaßen über Bronze bei dieser EM freuen. Andreas Palicka wurde mit insgesamt 19 Paraden und 44 Prozent gehaltener Bälle zum Spieler des Spiels gekürt.