Enttäuschte HSV-Spieler nach der Relegation 2023

Auffälligkeiten am Übergang Zweite Liga - in der Relegation ein logischer Verlierer

Stand: 23.05.2024 07:50 Uhr

Wenn Bundesligisten in der Relegation gegen Zweitligisten antreten, hat sich in zwölf von 15 Fällen das Oberhaus durchgesetzt. Im Falle der Entscheidungsspiele mit den Drittligisten ist es genau anders herum. Was sind die Ursachen?

An denkwürdigen Relegationsspielen herrscht in der Geschichte des deutschen Fußballs kein Mangel. Mit der Wiedereinführung solcher Entscheidungsspiele 2009 sollte auch der Nervenkitzel für die Zuschauer steigen.

Diesmal begegnen sich der VfL Bochum und Fortuna Düsseldorf heute (Ab 20.30 Uhr live in der Radio-Reportage und Ticker bei der Sportschau) im Westduell.

Unter dem Strich haben die Bundesligisten meist das bessere Ende für sich. In zwölf von 15 Fällen siegte der Erstligist - im Mai 2023 war der aktuelle Vizemeister VfB Stuttgart etwa dem Hamburger SV im Hin- und Rückspiel in allen Belangen überlegen. 3:0 und 3:1 siegten die Schwaben, die unter Retter Sebastian Hoeneß bereits erste Andeutungen ihrer enormen spielerischen Substanz machten.

Gewaltige Gehaltsunterschiede

Oder war es Ausdruck der wirtschaftlichen Überlegenheit? Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass die finanzielle Kluft im deutschen Lizenzfußball gewachsen ist. Der Wirtschaftsreport 2024 der Deutschen Fußball Liga (DFL) für die unter ihrem Dach versammelten 36 Lizenzvereine wies für die Saison 2022/2023 einen neuen Rekordumsatz von 5,24 Milliarden Euro aus, davon entfielen allein 4,45 Milliarden Euro aufs Oberhaus.

Heißt konkret: Der durchschnittliche Umsatz eines Erstligisten liegt inzwischen bei fast 250 Millionen Euro, bei einem Zweitligisten sind es keine 44 Millionen Euro. Noch krasser gehen die Gehälter auseinander: Die Bundesliga wies einen Personalaufwand im Spielbetrieb von im Schnitt fast 90 Millionen Euro aus, die 2. Bundesliga von knapp 14 Millionen Euro. Ein gewaltiges Delta.

Zuletzt schaffte es Union Berlin als Zweitligist

So hat sich der Hamburger SV als neuer Zweitliga-Dino zwangsläufig gesundschrumpfen müssen und kann keinen Kader mit Bundesliga-Qualitäten bezahlen. Der VfB Stuttgart hat kurioserweise aber auch als letzter Bundesligist erfahren, dass es trotz wirtschaftlicher Überlegenheit schiefgehen kann: 2019 scheiterte der VfB in zwei umkämpften Duellen nach der inzwischen abgeschafften Auswärtstorregel an Union Berlin (2:2, 0:0).

Relegationsspiele zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga seit 2009
Jahr Bundesligist Zweitligist Ergebnisse
2009 Energie Cottbus 1. FC Nürnberg 0:3, 0:2
2010 1. FC Nürnberg FC Augsburg 1:0, 2:0
2011 Bor. Mönchengladbach VfL Bochum 1:0, 1:1
2012 Hertha BSC Fortuna Düsseldorf 1:2, 2:2
2013 TSG Hoffenheim 1. FC Kaiserslautern 3:1, 2:1
2014 Hamburger SV Greuther Fürth 0:0, 1:1
2015 Hamburger SV Karlsruher SC 1:1, 2:1 n.V.
2016 Eintracht Frankfurt 1. FC Nürnberg 1:1, 1:0
2017 VfL Wolfsburg Eintr. Braunschweig 1:0, 1:0
2018 VfL Wolfsburg Holstein Kiel 3:1, 1:0
2019 VfB Stuttgart Union Berlin 2:2, 0:0
2020 Werder Bremen 1. FC Heidenheim 0:0, 2:2
2021 1. FC Köln Holstein Kiel 0:1, 5:1
2022 Hertha BSC Hamburger SV 0:1, 2:0
2023 VfB Stuttgart Hamburger SV 3:0, 3:1

Ansonsten haben nur Hertha BSC (2012 in dem Skandalspiel mit Platzsturm gegen Fortuna Düsseldorf) und Energie Cottbus (2009 gegen den 1. FC Nürnberg) den Rettungsanker in der Relegation nicht gegriffen.

Die Skandal-Relegation zwischen Düsseldorf und Hertha

Sportschau Bundesliga, 22.05.2024 09:47 Uhr

Seitdem 2009 der Club gleich zwei Siege schaffte, haben die Zweitligisten nur noch drei Spiele gewonnen. Ein Grund, warum immer wieder Verantwortliche der Zweitligisten den Sinn der Relegationsspiele hinterfragen.

Mehr Content für die Vermarkung

An deren Einführung hatte noch Heribert Bruchhagen als DFL-Vorstandsmitglied mitgewirkt. "Erst einmal ist es natürlich im Interesse der ersten Bundesliga gewesen, diese Regelung der Relegation einzuführen", sagte er damals. "Der Hauptgrund war mehr Content zu schaffen für die verschiedensten Fernsehanbieter, die wir hatten. Das Free-TV musste bedient werden und bekam dann auch die Relegation."

Natürlich hatten die Bundesliga-Macher auch nach England geschaut, wo die Playoffs von vier Teams mit Halbfinale und Finale in Wembley nach Saisonende traditionell ein Millionenpublikum in den Bann zieht.

Die 3. Liga beweist in den Entscheidungsspielen ihre Stärke

In Deutschland wurden die Entscheidungsspiele 2009 auch am Übergang zwischen zweiter und dritter Liga installiert. Und hier zeigt sich nach 15 Jahren ein gegensätzliches Bild: Elf Mal setzten sich die Drittligisten durch, nur vier Mal die Zweitligisten. Die letzten drei Jahre war immer der klassenniedrigere Verein der strahlende Gewinner. Nach dem FC Ingolstadt (2022) und dem 1. FC Kaiserslautern (2022) erteilte der SV Wehen Wiesbaden zuletzt Arminia Bielefeld (4:0, 2:1) sogar eine fußballerische Lehrstunde.

Relegationsspiele zwischen 3. Liga und 2. Bundesliga seit 2009
Jahr Drittligist Zweitligist Ergebnis
2009 SC Paderborn VfL Osnabrück 1:0, 1:0
2010 FC Ingolstadt Hansa Rostock 1:0, 2:0
2011 Dynamo Dresden VfL Osnabrück 1:1, 3:1 n. V.
2012 Jahn Regensburg Karlsruher SC 1:1, 2:2
2013 VfL Osnabrück Dynamo Dresden 1:0, 0:2
2014 SV Darmstadt 98 Arminia Bielefeld 1:3, 4:2 n.V.
2015 Holstein Kiel TSV 1860 München 0:0, 1:2
2016 Würzburger Kickers MSV Duisburg 2:0, 2:1
2017 Jahn Regensburg TSV 1860 München 1:1, 2:0
2018 Karlsruher SC Erzgebirge Aue 0:0, 1:3
2019 SV Wehen Wiesbaden FC Ingolstadt 1:2, 3:2
2020 FC Ingolstadt 1. FC Nürnberg 0:2, 3:1
2021 FC Ingolstadt VfL Osnabrück 3:0, 1:3
2022 1. FC Kaiserslautern Dynamo Dresden 0:0, 2:0
2023 SV Wehen Wiesbaden Arminia Bielefeld 4:0, 2:1

Warum bietet sich an dieser Nahtstelle ein völlig anderes Bild? Ein Grund könnte sein, dass die wirtschaftliche Ausstattung zwischen den Drittliga-Topteams und den Zweitliga-Abstiegskandidaten nicht ganz so weit auseinander klafft.

Die aktuelle Paarung zwischen dem Drittligisten SSV Jahn Regensburg und Zweitligisten SV Wehen Wiesbaden (Freitag ab 20.30 Uhr live in der Radio-Reportage und im Ticker bei der Sportschau) dient als gutes Beispiel, warum die Unterschiede hier leichter verschwimmen.

Wehen Wiesbaden und Jahn Regensburg haben Ligen getauscht - jetzt wieder?

Die Hessen mussten sich als Aufsteiger in die zweite Liga beim Lizenzspieleretat weit hinten einreihen. Regensburg hatte in Liga drei als Absteiger nach sechs Zweitligajahren noch einen gewissen Puffer mitgenommen. Beide Kontrahenten haben also gerade die Ligen getauscht - jetzt wieder?

SV Wehen Wiesbaden feiert im Vorjahr den Aufstieg

Relegation: SV Wehen Wiesbaden feiert im Vorjahr den Aufstieg

Die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) geführte 3. Liga ist ein Sammelbecken vieler Traditionsvereine mit großer Strahlkraft, was sich auch in steigenden Umsätzen widerspiegelt. Laut DFB-Wirtschaftsreport lagen die Gesamterträge der 20 Vereine in 2022/2023 bei knapp 235 Millionen Euro. Jeder Verein erwirtschaftet also mehr als 13 Millionen Euro im Schnitt.

Momentum spricht für das klassentiefere Team

Zum Vergleich: Als Zweitligist hatte Jahn Regensburg 22 Millionen Euro Umsatz bei knapp zehn Millionen Euro Personalaufwand ausgewiesen. Die finanzielle Schere zwischen diesen beiden Ligen geht also in der Regel nicht so weit auseinander.

Dann kann das klassenniedrigere Team das berühmte Momentum viel besser nutzen. Oft gilt schon das Erreichen der Relegation für einen Liga-Dritten als Erfolg. Ein Drittletzter bestreitet hingegen häufig nach einem Negativlauf die Nervenspiele um den Klassenerhalt - und versagt entsprechend dann leichter auch noch ganz zum Schluss.