Italien - Österreich 2:1 n.V. Erst Rekord, dann Verlängerung - Italien ringt Österreich nieder

Stand: 27.06.2021 00:10 Uhr

Italien hat einen neuen Rekord aufgestellt: Kurz vor Schluss der regulären Spielzeit im Achtelfinale gegen Österreich war die "Squadra Azzurra" 1.144 Minuten am Stück ohne Gegentor. Um weiterzukommen, benötigte der Turnier-Mitavorit gegen einen top eingestellten Gegner aber die Verlängerung.

Die Bestmarke für Landerspielminuten ohne Gegentor hatte zuvor ebenfalls Italien gehalten. Sie stammte noch aus der Ära des legendären Dino Zoff in der Zeit zwischen 1972 und 74. Das davor letzte Gegentor hatte Italien am 14. Oktober 2020 in der Nations League beim 1:1 gegen die Niederlande durch Donny van de Beek kassiert.

Joker Chiesa bringt die Erlösung

Am Samstagabend (26.06.2021) in London wackelte dieser Zu-Null-Rekord allerdings ein paar Mal bedenklich - aufgrund einer taktisch, kämpferisch und phasenweise auch spielerisch beeindruckenden zweiten Halbzeit war Österreich dem Viertelfinale sehr nah. Erst in der Verlängerung schaffte Italien das erlösende Siegtor: Joker Federico Chiesa traf in der 95. Minute, Matteo Pessina legte in der 105. Minute das 2:0 nach.

Italiens Rekordserie endet nach 1.168 Minuten

Der Anschlusstreffer von Sasa Kalajdzic sechs Minuten vor dem Ende kam zu spät, beendete aber Italiens Zu-Null-Rekordserie nach 1.168 Minuten.

Österreich startet defensiv

Die Italiener, die zuletzt elf Spiele in Serie zu Null gewonnen und seit 30 Partien nicht mehr verloren hatten, begannen die Partie mit totaler Kontrolle. Österreich mit Kapitän David Alaba diesmal auf der linken Außenbahn verteidigte extrem tief und mit hohem Personalaufkommen, selbst Mittelstürmer Marko Arnautovic schaltete sich ab und an in das für ihn normalerweise fremde Metier der Defensivarbeit mit ein.

Bachmann pariert gegen Barella

Entsprechend schwer tat sich die "Squadra Azzurra", Lücken zu finden. Nach einer guten Viertelstunde hatte sich Nicoló Barella mal im Zentrum freigespielt, seinen Flachschuss parierte Daniel Bachmann etwas unkonventionell mit dem Fuß.

Die Österreicher bekamen nur wenige Gelegenheiten zum Kontern. Und wenn sie mal Platz hatten, agierten sie zu unpräzise und verloren die Bälle immer wieder sehr schnell - Gianluigi Donnarumma im Tor der Italiener blieb praktisch beschäftigungslos.

Immobile im Pech

Sein Gegenüber hingegen musste zweimal fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Als Österreichs Abseitsfalle in der 25. Minute einmal nicht zuschnappte, weil Stefan Lainer zu tief stand, hatte Ciro Immobile die Chance zum Alleingang. Er kontrollierte den Ball aber schlecht, sodass Alaba mit einer starken Rettungsaktion noch klären konnte.

Immobile blieb der Spieler, der Österreichs Abwehr die größten Probleme bereitete. Als ihn Florian Grillitsch im Mittelfeld nur begleitete, probierte es der Ex-Dortmunder mit einem kernigen Distanzschuss - statt Alaba rettete diesmal das Aluminium für Bachmann.

11:1 Torschüsse zur Pause

Elf Torschüsse standen für die Italiener zur Pause zu Buche, nur einen verbuchten die Österreicher. Der zweite folgte gleich nach Wiederanpfiff - und brachte die erste Großchance. Alaba bekam nach einem Foul von Barella die Gelegenheit zum Freistoß aus 18 Metern - doch er zirkelte die Kugel, an die Donnarumma nie herangekommen wäre, knapp am rechten Winkel vorbei.

Italien wirkte in der Folge zunehmend genervt, dass sich trotz aller Überlegenheit einfach kein Ertrag einstellen wollte. Und Österreich wurde frecher. Marcel Sabitzers abgefälschter Distanzschuss verfehlte nach einer guten Stunde nur knapp das Ziel, auch Arnautovic kam kurz danach gefährlich zum Abschluss, scheiterte aber an Donnarumma.

Österreich Zentimeter am Führungstor vorbei

In der 64. Minute jubelte das Team Austria dann tatsächlich, aber nur vorübergehend. Alaba hatte sich im italienischen Strafraum im Luftduell durchgesetzt und auf Arnautovic quergelegt, der den Ball per Kopf kunstvoll am Keeper vorbeistreichelte. Der Treffer hätte nach Einschätzung der Unparteiischen gezählt, doch Arnautovic stand beim Zuspiel minimal im Abseits - der VAR kassierte nach knapp zwei Minuten Prüfzeit das vermeintliche 1:0 wieder ein.

Und Österreich hatte gleich nochmal Pech mit dem Video Assistant Referee. Eine Viertelstunde vor dem Ende bekam Lainer im Strafraum einen Ellenbogencheck von Matteo Pessina ins Gesicht, der mögliche Elfmeter-Check kam aber nicht zum Tragen, weil Lainer mit dem Knie die Abseitslinie überschritten hatte.

Nur noch wenig von Italien

Von den Italienern kam in dieser Phase wenig bis gar nichts mehr nach vorne, das Torschussverhältnis für den zweiten Durchgang war inzwischen deutlich zugunsten des krassen Außenseiters gekippt. Der Taktikplan von Franco Foda hatte sich längst als brillant erwiesen, mit dem immer wieder zwischen die hochkonzentrierten Innenverteidiger Martin Hinteregger und Aleksandar Dragovic abkippenden Florian Grillitsch hatte er den eigenen Strafraum abgeriegelt.

Erst als in der Verlängerung dann Kraft und Konzentration ein wenig nachließen, setzte sich die Mannschaft von Roberto Mancini doch noch entscheidend durch. Beim Gegentor von Chiesa stand Alaba sehr unglücklich im Raum, auch Konrad Laimer agierte zu unentschlossen. Ähnlich passiv agierte Hinteregger vor dem 0:2, das mit Pessina ebenfalls ein Einwechselspieler erzielte. Pessinas Tor war bereits das 100. bei dieser EM im 38. Turnierspiel.

Österreich mit herausragender Moral

Doch selbst nach diesen beiden krachenden Wirkungstreffern gaben sich die Österreicher nicht auf. Und sie bekamen noch große Chancen: Louis Schaub musste in der 106. Minute bei seinem 18-Meter-Kracher die Erfahrung machen, dass zu einem Weltrekord auch ein brillanter Torwart gehört, Donnarumma war auf dem Posten.

Auch Sabitzer scheiterte kurz danach aus spitzem Winkel, doch dann war das Bollwerk geknackt: Sasa Kalajdzic, wie alle Torschützen an diesem Abend erst eingewechselt, köpfte in der 114. Minute einen Eckball knapp über der Grasnarbe ins kurze Eck. Mehr als dieses 1:2 gelang Österreich dann nicht mehr - die Österreicher dürfen das Turnier aber hocherhobenen Hauptes verlassen. Auf die Italiener wartet nun die nächste schwere Prüfung: Sie treffen am Freitag in München auf den Sieger des Duells zwischen Portugal und Belgien.