Fußball-Idol Uwe Seeler wird 85: "Ein paar Jährchen würde ich gerne noch machen"

Stand: 05.11.2021 23:25 Uhr

Ehrenbürger, Ehrenspielführer, Ehrenmann: Uwe Seeler hat am Freitag seinen 85. Geburtstag gefeiert. Hamburg und die Fußball-Welt verneigen sich vor einem der Größten im Sport.

"An und für sich bin ich guten Mutes." Diese Redewendung, die sein Gemüt ziemlich treffend beschreibt, hat Uwe Seeler sehr häufig benutzt. An und für sich zeichnet ihn seine optimistische Grundhaltung auch heute noch aus - allerdings musste der Jubilar vor seinem 85. Geburtstag aus gesundheitlichen Gründen ein bisschen auf die Bremse treten. Alle offiziellen Termine wurden abgesagt, die Feierlichkeiten auf den engsten Kreis begrenzt.

"Die Lage ist nicht kritisch, aber der Arzt hat ihm eindringlich geraten, sich zu schonen", sagte seine Frau Ilka. Als kleine Entschädigung für die ausgefallene große Sause wurde zu Hause in Norderstedt eine von Seelers Leibspeisen serviert: Rouladen mit Rotkohl. Und ein kühles Pils durfte es sicher auch sein.

"Einzigartige Persönlichkeit": Bundespräsident gratuliert

Ganz vorne in der Schar der Gratulanten: Seelers Frau Ilka, mit der er seit 62 Jahren verheiratet ist, seine drei Töchter und die sieben Enkel. Glückwünsche erreichen das Fußball-Idol schon seit Tagen von überall her. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) würdigt Seeler als großartigen Menschen und Vorzeige-Fußballer: "Uwe Seeler ist Ehrenbürger unserer Stadt und eine Hamburger Legende. Mit seiner Gradlinigkeit, Offenheit und Bodenständigkeit ist er ein Vorbild und ein Botschafter Hamburgs, der weit über unsere Stadt hinaus bekannt ist. Er hat Großes geleistet - für den Fußball und für Hamburg."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb einen Brief an den Jubilar: "Meine guten Wünsche gelten einer Sportler-Legende und einer einzigartigen Persönlichkeit des deutschen Fußballs. Bei allem Ruhm und bei aller Popularität sind Sie sich stets treu geblieben."

Seelers Lebensleistung: Außergewöhnlich normal geblieben

Auch ehemalige Weggefährten und Bewunderer reihen sich zumindest virtuell mit Glückwünschen und Lobesreden ein. Von Uli Hoeneß bis Olli "Dittsche" Dittrich - fast jeder hebt die eigentliche Lebensleistung von Uwe Seeler heraus: dass er trotz seiner Erfolge und Prominenz ein außergewöhnlich normaler Mensch geblieben ist, ein Vorbild über Generationen.

"Irgendwann werden sie dich als Statue in Bleigold gießen, und dann steht die auf dem Rathausmarkt. Das wird passieren, ganz sicher."
— Olli Dittrich über seinen Freund Uwe Seeler

"Würde es den 'Dicken' nicht geben, müsste man ihn erfinden", sagt HSV-Legende Horst Hrubesch über "einen der Allergrößten" (Wolfgang Schäuble). Rudi Völler hofft auf ein Wiedersehen "im Volksparkstadion, wenn hoffentlich der HSV wieder aufgestiegen ist. Wir können zusammen in der Halbzeit dann ein Pils trinken." Dass der Jubilar gesund bleibt, hofft auch Paul Breitner: "Ich wünsche dir und ich wünsche mir und uns allen, dass wir dich noch lange bei uns haben", übermittelt er aus München.

"Uns Uwe" als Denkmal in den Herzen der Hamburger

Ehrenbürger, Ehrenspielführer, Ehrenmann: Die Liste der Verdienste des Sportlers und Menschen Uwe Seeler ist lang: Vizeweltmeister, 43 Tore in 72 Länderspielen, deutscher Meister, Pokalsieger, erster Torschützenkönig der Bundesliga, erster "Fußballer des Jahres", Träger des Silbernen Lorbeerblattes und des Großen Bundesverdienstkreuzes. Seiner Geburtsstadt und seinem HSV ist "Uns Uwe" immer treu geblieben - trotz eines für die damalige Zeit fast unmoralischen Angebots von Inter Mailand Anfang der 1960er-Jahre.

Dafür haben ihm die Hamburger in ihren Herzen schon jetzt ein Denkmal errichtet. Ehrenkommissar, Ehrenkapitän des Hamburger Hafens und der "Rickmer Rickmers", Ehrenschleusenwärter. Wer wollte einen, der Werte wie Bodenständigkeit, Treue und Ehrlichkeit so lebt wie Uwe Seeler, nicht ehrenhalber in seinen Reihen haben?

"Er hat den deutschen Fußball geprägt. Er ist ein fantastischer Mensch. Seine Werte, die er vermittelt, sind klasse."
— Bundestrainer Hansi Flick

"Selbst wir von St. Pauli mögen 'Euch Uwe', sagte Timo Schultz. St. Paulis Trainer erinnerte daran, dass die HSV-Ikone einst T-Shirts für den Kiezverein verkauft hatte, als es dem FC St. Pauli wirtschaftlich schlecht ging. "Das zeigt seine Größe und Klasse und sein großes Herz, in das nicht nur der HSV reinpasst, sondern auch ein kleines Fleckchen für uns da ist."

Blick zurück ohne Reue: "Wir können uns nicht beschweren"

In dem stolzen Alter, das Seeler mittlerweile erreicht hat, geht nun fast zwangsläufig der Blick häufiger zurück. "Wir sollten genießen, was wir haben. Wie lange, das steht in den Sternen. Und an die schöne Zeit zurückdenken, die wir gehabt haben. Wir können uns nicht beschweren", sagt Seeler im NDR Interview.

Der Alltag ist beschwerlicher geworden. Gehen, sehen, hören - vieles funktioniert nicht mehr so gut, sagt Ilka Seeler. Nach einem Sturz im vergangenen Jahr und einer Operation an der Hüfte braucht Uwe Seeler einen Gehstock. Er leidet unter Rückenschmerzen, auf dem rechten Ohr hört er nichts mehr, Gleichgewichtsprobleme machen ihm zu schaffen. Er sieht es - wie eh und je - realistisch: "Das Alter und auch die ganzen Verletzungen bleiben ja nicht so im Anzug stecken. Ich glaube schon, dass ich damit zurechtkomme, dass nicht mehr so viel geht."

Schafft sein Herzensverein HSV den Aufstieg?

Trotz aller Gebrechen und Einschränkungen: Ilka und Uwe Seeler schauen optimistisch auf das, was noch vor ihnen liegt. Sie haben sich fest vorgenommen, "nicht zu zanken" und weiter gut über die Runden zu kommen. "Ein paar Jährchen würde ich gerne noch machen", sagt Seeler. Und vielleicht darf er noch die Rückkehr seines Herzensvereins in die Bundesliga erleben? "Das", sagt er, "wäre für mich das Allergrößte."

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 03.11.2021 | 21:00 Uhr