Thomas Müller und Bundestrainer Julian Nagelsmann

Testspiel gegen Mexiko Doppelte Vergangenheitsbewältigung für das DFB-Team

Stand: 16.10.2023 22:59 Uhr

Im zweiten Spiel unter Bundestrainer Julian Nagelsmann trifft die deutsche Nationalmannschaft in der Nacht auf Mittwoch (ab 2 Uhr live in der ARD und im Livestream, ab 9 Uhr im Relive in der ARD) auf Mexiko. Und damit auf den Gegner, der 2018 die jahrelange DFB-Krise einleitete.

So viele Gemeinsamkeiten Julian Nagelsmann und Thomas Müller auch haben, sie stehen für zwei verschiedene Generationen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Müller verkörpert die Weltmeister von 2014, aber eben auch das DFB-Team, das seit der WM 2018 auf einem langen absteigenden Ast war. Und genau das ist der Grund, warum Nagelsmann nun überhaupt wieder sein Trainer ist. Der Mann, der Deutschland wieder zu altem fußballerischen Ruhm verhelfen soll.

Müllers Erinnerung an schlimmere Zeiten

Besonders deutlich wurde dieses Generationen-Treffen bei der Pressekonferenz am Montag (16.10.2023) vor dem Testspiel gegen Mexiko. Müller wurde von DFB-Pressesprecherin Franziska Wülle an das bisher letzte Aufeinandertreffen der beiden Nationen erinnert - was beim Offensivspieler des FC Bayern München sichtlich für ein gewisses Unwohlsein sorgte.

Der sonst so positiv schlagfertige Müller schien sich ein wenig sammeln zu müssen und kramte in offenbar schmerzhaften Erinnerungen an das 0:1 zum Auftakt der Weltmeisterschaft in Russland. Es sei für ihn gar nicht mehr präsent gewesen, sagte Müller, der sich die Niederlage und deren Folgen aber in die Erinnerung zurückholte. "Das war der Auftakt der Periode in den letzten Monaten und Jahren, auf die wir sehr negativ zurückschauen. Das gehört zu unserer Historie als Mannschaft."

Thomas Müller - "Habe eher unseren guten Start im Kopf"

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Doch mittlerweile sitzt auf dem Podium mit Nagelsmann eben der Trainer, der ein neues Kapitel in der Geschichte des DFB-Teams schreiben soll. "Ich freue mich eher darüber, dass wir gut gestartet sind und lenke meine Gedanken darauf, dass wir das fortsetzen wollen, was wir gestartet haben", so Müller. Das Testspiel gegen Mexiko wird also eine Vergangenheitsbewältigung im doppelten Sinne. Eine direkte Revanche, aber eben auch der Versuch, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen.

Nagelsmanns Debüt als Neustart

Der Sieg gegen die USA (3:1) bei der Nagelsmann-Premiere war vielversprechend und ein erster Schritt, um diesen Neustart tatsächlich als einen solchen sehen zu können. Schluss mit den Altlasten und dem negativen Lauf. Nagelsmann soll für die Transformation zurück zu einer erfolgreichen Nation stehen - und er hat sich entschieden, dass Müller dabei zumindest aktuell eine Rolle spielen soll.

Entsprechend nimmt der Bundestrainer Rücksicht auf den Routinier, den er auch schon bei den Bayern trainiert hatte. Nagelsmann verweigerte eine Antwort auf die Frage, wie er die Niederlage vor etwas mehr als fünf Jahren gegen Mexiko erlebt hat, nahezu. "Thomas hat gesagt, dass er ungern darüber spricht, deswegen werde ich auch nicht viel sagen", meinte der 36-Jährige. "Wir wollen nun eine neue Geschichte schreiben, auch wenn dieses Spiel nicht so eine Tragweite haben wird. Aber hoffentlich wird Thomas in einem Jahr gefragt, wie er das Spiel im Jahr 2023 fand und dann positiver darüber denken als über das im Jahr 2018."

Keine Rotation, "damit wir Rhythmus kriegen"

Nagelsmann spricht bei seinem Vorhaben immer wieder von Schritten, die zu gehen seien. "Wir wollen ähnlich auftreten wie gegen die USA und kleine Schritte zu einer noch besseren Umsetzung machen", sagte er. Seine Premiere sei "ein gutes Spiel gewesen" und nun sei es "wichtig, das als neues Fundament zu sehen, um weitere Schritte zu gehen und die nächsten Spiele zu nutzen." Und, so Nagelsmann: "Die Mannschaft macht den Eindruck, dass sie da genauso gewillt ist."

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Entsprechend verzichtet der DFB-Coach auch darauf, seine Startelf grundlegend zu verändern. "Ich habe mich entschieden, dass ich nicht viel rotieren möchte, damit wir Rhythmus kriegen. Es ist auch wichtig, dass die Spieler eine Verbindung zueinander entwickeln, weil viele in unterschiedlichen Vereinen sind und deswegen nicht so oft miteinander spielen", sagte Nagelsmann, der jedoch ankündigte, zur Halbzeitpause mehrere Wechsel vornehmen zu wollen.

Rücksichtnahme auf Bundesliga-Spieltag

Der Bundestrainer hat dieses Vorhaben, um anderen Akteuren eine Gelegenheit zur Eigenwerbung zu geben. Aber er macht das auch, um Spielern eine Verschnaufpause vor dem anstehenden Bundesligaspieltag zu geben. In erster Linie gilt das für die Profis von Borussia Dortmund, die bereits am Freitag (20.10.2023) Werder Bremen empfangen und deswegen von ihrem Klub mit einem Privatjet unmittelbar nach der Partie nach Hause geflogen werden.

"Am Ende geht es auch um die Gesundheit der Spieler, das ist meine Verantwortung", sagte Nagelsmann. Gleichwohl verwies er schon auch darauf, dass das Problem mancherorts vielleicht etwas überdramatisiert wurde. Spieler aus anderen Nationen würden diesen Rhythmus auch kennen, etwa die aus Süd- und Nordamerika oder Asien - und die seien dadurch auch nicht besonders verletzungsanfällig. Nagelsmann führte Alphonso Davies als Beispiel an, der zu seiner Bayern-Zeit sowohl in München als auch bei Kanada Dauerspieler war.

Der Wunsch: Gleicher Auftritt gegen anderen Gegner

Wie das Personal auch aussehen mag, vom Spiel hat Nagelsmann schon eine genaue Vorstellung. "Im Vergleich zur USA ist Mexiko viel geradliniger und will nicht so von hinten rauszocken. Das ist eine sehr aggressive Mannschaft, die viel auf zweite Bälle geht, viele Diagonalbälle spielt und schnell vor das andere Tor will", so der Bundestrainer.

Es werde eine "ganz andere Partie", die aufgrund der frenetischen Mexiko-Fans "eine gewisse Charakteristik" bekomme. Bei aller Unterschiedlichkeit hofft Nagelsmann jedoch, "dass es tatenähnlich wird. Egal, wie der Gegner spielt". USA oder Mexiko - Hauptsache, die DFB-Elf spielt wieder gut und erfolgreich.