Fußball | La Liga Atlético gegen Real - viel Ärger um den "Pasillo"

Stand: 06.05.2022 08:56 Uhr

Es ist eine übliche Ehrenbezeugung in Spanien: das Spalier für den Titelträger. Atlético Madrid weigert sich allerdings, am Sonntag vor dem Derby den "Pasillo" für Real zu machen.

Es ist ein Zeichen des Respekts vor dem erfolgreichen Gegner: Wann immer ein feststehender Meister oder Pokalsieger in Spanien zum Spiel antritt, zeigt der Gegner aus Respekt ein Spalier beim Einlaufen der Meisterspieler: den "Pasillo".

Doch beinahe ebenso lang wie die Tradition dieses Ritus ist der Ärger darum. Auch jetzt wieder. Denn: Atlético Madrid weigert sich, dem feststehenden spanischen Meister Real Madrid am kommenden Sonntag (08.05.2022) beim Stadtderby diese Ehre zu erweisen.

"Hauch von Demütigung"

Die spanische Nachrichtenagentur EFE zitiert eine namentlich nicht genannte Quelle bei Atlético, die sich gegen den "Pasillo" ausspricht: "Einige Leute wollen das, was als Geste der Anerkennung für den Meister geboren wurde, in einen öffentlichen Tribut verwandeln, der von den Rivalen zu entrichten und mit einem Hauch von Demütigung behaftet ist."

Stattdessen verlautet aus Atlético-Kreisen: "Das Team wird sich unter keinen Umständen an diesem Versuch der Verhöhnung beteiligen, bei dem die wahren Werte des Sports völlig in Vergessenheit geraten und der zu Spannungen und Konfrontationen zwischen den Fans führt."

Viel Zündstoff vor dem Derby

Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass es am Sonntag mal wieder hoch hergehen könnte im "Wanda Metropolitano". Was auch an der sportlichen Ausgangslage liegt: Real hat den Meistertitel bereits sicher und das Ticket für das Champions-League-Finale gegen Liverpool gelöst. Kurzum: die "Königlichen" können befreit aufspielen.

Das gilt mitnichten für Atlético, das nach einer durchwachsenen Saison irgendwie versuchen will, zumindest die Teilnahme an der nächsten Champions League abzusichern. Noch liegt das Team von Trainer Diego Simeone auf dem dafür notwendigen vierten Tabellenrang. Doch Betis Sevilla lauert nur drei Zähler dahinter - eine Niederlage gegen Real könnte für Atlético böse Folgen haben.

Wackelt Simeones Atlético-Bekenntnis?

Möglicherweise könnte ein Atlético-Scheitern sogar Trainer Simeone aus dem Amt spülen. Vielleicht geht er sogar freiwillig. "Es beschäftigt mich, und wie ich immer gesagt habe, muss man wissen, wie man sich in den komplizierten Momenten verhält, von denen es in diesen zehneinhalb Jahren nur sehr wenige gab, fast gar keine", sagte der 52-Jährige jüngst nach dem 0:2 gegen Athletic Bilbao. Kryptisch fügte er an: "Wir werden sehen, wer in diesem etwas schwierigeren Moment die Nase vorn hat."

Auch Real verweigerte schon

Das Ausbleiben des Atlético-"Pasillos" sollte Real Madrid allerdings wohlweislich nicht an die große Glocke hängen. Schließlich sind die "Königlichen" in dieser Disziplin auch nicht gerade die Meister ihres Landes. 2018 verweigerte Real die Geste gegenüber Meister FC Barcelona, was wiederum eine Retourkutsche war. Barca hatte zuvor keinen "Pasillo" nach Reals Sieg in der Klub-Weltmeisterschaft geleistet.