Watzke-Kritik abgehakt Wie Wolf für mehr deutsche Top-Talente sorgen will
Mit einer einheitlichen "Trainingsphilosophie Deutschland" will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dafür sorgen, dass seine A-Nationalteams wieder Weltspitze werden. Zuletzt hatten mehrere prominente Fußballpersönlichkeiten die Reform-Debatte bestimmt, indem sie über wegfallende Ergebnisse und Tabellen im Kinderfußball lästerten. Dem trat der neue DFB-Direktor für Nachwuchs, Training und Entwicklung, Hannes Wolf, nun mit Verstärkung entgegen.
Hans-Joachim Watzke besaß gehörigen Anteil daran, dass der DFB am Mittwoch (27.09.2023) eigens eine Pressekonferenz zum Kinder- und Jugendfußball abhielt. Anfang September hatte der BVB-Geschäftsführer und DFB-Vizepräsident nämlich die laufenden Reformen des Kinder-Spielbetriebs als "unfassbar" und "nicht nachollziehbar" bezeichnet.
Dass ausgerechnet ein hoher DFB-Funktionär die Pläne des eigenen Verbandes derart niedermachte, wirkte wie ein Nackenschlag für die treibenden Kräfte und auch für Wolf, der die sogenannten neuen Spielformen zuvor vehement verteidigt hatte.
Wolf über Watzke: "Alles in Ordnung zwischen uns"
Nun aber bemühte sich Wolf, die Wogen zu glätten. "Wir haben zweimal telefoniert, es ist alles völlig in Ordnung zwischen uns. Ich sehe das nicht so eng." Sogar positiv sei es, dass Watzke etwas angestoßen habe. "Wir haben das erste Mal in Deutschland eine öffentliche Debatte über Nachwuchsfußball. Darüber freuen wir uns riesig."
Vor Watzke hatten sich auch Köln-Trainer Steffen Baumgart und Österreichs Nationalcoach Ralf Rangnick über den Wegfall von Tabellen und Ergebnisse echauffiert. Hintergrund ist, dass in der G- und F-Jugend, optional auch in der E-Jugend, die Vereinsduelle im Sieben gegen Sieben wegfallen sollen. Sie werden ersetzt durch flexible Kleinfeldturniere mit kleineren Teams und teilweise vier Minitoren.
Förderung für alle, auch die Elite
Wolf äußerte Verständnis für Vertreter aus dem Hochleistungs-Männerfußball, die sich skeptisch äußern. "Wenn du weißt, dass uns aktuell Intensität und Zweikampfverhalten in der Ausbildung ein bisschen fehlen, und das dann zum ersten Mal hörst, denkst du im ersten Moment: Jetzt verstärken wir das noch. Deshalb wollen wir die Bildungsoffensive starten und das Ganze in den Kontext rücken."
Der Grundgedanke der Spielbetriebsreform und auch der "Trainingsphilosphie Deutschland": Wenn Kinder und Jugendliche möglichst oft auf Tore spielen im Drei gegen Drei oder Vier gegen Vier, "schaffen wir Widerstandsfähigkeit, dann kannst du dich nicht mehr verstecken". Profitieren würden die noch nicht so starken Kleineren und Spätgeborenen, die dann mehr Ballkontakte haben. "Aber das ist auch Eliteförderung, denn du spielst auch öfter mit den drei Besten gegen die drei Besten."
Unterstützung durch die NLZ-Trainer
Deshalb sollen solche Kleingruppen-Spielformen nach den Plänen von Wolf und einem elfköpfigen Kompetenzteam künftig deutschlandweit die Trainingseinheiten dominieren - sowohl bei den Kleinsten im Breitensport als auch bei Jugendlichen in Nachwuchsleistungszentren. Eine optimale Trainingseinheit bestehe zu zwei Dritteln aus Spielblöcken und nur zu einem Drittel aus Warm-up und Techniktraining.
Wolf betonte, dass sich alle U15-, U17- und U19-Trainer der Nachwuchsleistungszentren bei einem Treffen in Nürnberg gewünscht hätten, dass diese Art von Training flächendeckend umgesetzt werde. "Referenz ist der Profibereich, da ist der Talentpool derzeit zu gering", sagte Wolf und verwies auf Belgien, das trotz deutlich weniger Einwohner viele Top-Talente hervorgebracht habe.
Balitsch, Di Salvo, Wagner und Bender-Zwillinge als Fürsprecher
Zuletzt war der DFB der Debatte meist nur hinterhergelaufen, weil die teils populistischen Worte der prominenten Kritiker verfingen. Der Verband konterte zwar mit besseren Argumenten, aber weniger medialer Wucht. Am Mittwoch hatte Wolf nun U21-Trainer Antonio Di Salvo und U18-Trainer Hanno Balitsch als Mitstreiter an seiner Seite. In Video-Ausschnitten kamen zudem Co-Bundestrainer Sandro Wagner und die Zwillinge Lars und Sven Bender zu Wort.
U18-Trainer Hanno Balitsch.
Wolf widersprach zudem dem Eindruck, dass die Vorbehalte immer noch groß seien. Im Vergleich zur Zeit vor fünf, sechs Jahren habe bereits ein Umdenken stattgefunden. "Wir kriegen das komplett unter die Leute." Kritik käme nur von denjenigen, "die ein Fragment rausnehmen, sich nicht den Kontext abholen und dann sagen: Es fehlt aber was."
Tabellen weiterhin nicht vorgesehen
Auf die Frage, ob der DFB künftig vielleicht doch Ergebnisse festhalten wolle bei den Kinder-Spielfesten, antwortete Wolf: "Wenn du aus zwölf Spielern vier Dreiermannschaften bildest und die anderen auch, dann kannst du keine Tabelle mehr machen. Wer soll das leisten, das zu zählen?"
Zudem sei diese Diskussion völlig irrelevant, weil "das, was wir bekommen, viel mehr ist als das, was wir verlieren, wenn wir im Kinderbereich keine Tabelle mehr haben. Es geht trotzdem volles Programm ums gewinnen. Wenn du sechs Minuten spielst, willst du sechs Minuten gewinnen. Danach geht es bei 0:0 weiter." Das sei viel motivierender als Ergebnisse wie ein 16:1, was im klassischen Spielbetrieb oft vorkomme.