Kanadas Christine Sinclair (auf dem Boden sitzend) ist nach einem verschossenen Elfmeter enttäuscht, während Nigerias Torhüterin Chiamaka Nnadozie (r.) gefeiert wird.

Bilanz nach dem 1. WM-Spieltag Vom kuriosen Elfmetertrend, Zu-null-Spielen und aufstrebenden Underdogs

Stand: 26.07.2023 13:59 Uhr

Der erste Spieltag bei der erstmals mit 32 Teams ausgetragenen Frauen-WM in Australien und Neuseeland ist Geschichte - und war alles andere als langweilig: Elfmeterflut, Spiele ohne Gegentor und "aufmüpfige" Außenseiter. Eine erste Zwischenbilanz.

Die WM begann mit einem verrückten Elfmeterwahnsinn. In den ersten acht Partien in Down Under entschieden die Schiedsrichter in jedem (!) Spiel einmal auf Strafstoß. Auch kurios: In den folgenden sieben Spielen, bis zum letzten Spiel der ersten Gruppenphase, gab es nicht einen weiteren Elfmeterpfiff.

Auffällig: Vier von neun Elfmetern nicht drin

Was für die Torhüterinnen und gegen die Schützinnen spricht: Von den neun Elfmetern führten nur fünf zum Torerfolg. Schon im Auftaktspiel versemmelte Ria Percival für Neuseeland, weil der Co-Gastgeber dennoch 1:0 gegen Norwegen gewann, hielt sich der Ärger darüber in Grenzen. Das gleiche Schicksal ereilte auch zwei "alte Hasen". Die routinierten Christine Sinclair (Kanada/0:0 gegen Nigeria) und Alex Morgan (USA/3:0 gegen Vietnam) brachten den Ball aus elf Metern nicht über die Linie. Auch Spaniens Jennifer Hermoso scheiterte im Spiel gegen Costa Rica (3:0). 

Gastgeber Australien gewann indes dank eines Elfmeters gegen Irland. Die Schweiz traf auch, England und Japan wiederum brauchten einen zweiten Versuch nach dem Eingriff des Videoschiedsrichters um erfolgreich zu sein.

Die verschossenen Elfmeter vom ersten Spieltag

Sportschau FIFA Frauen WM, 26.07.2023 12:46 Uhr

Das neunte WM-Spiel zwischen Dänemark und China war das erste, in dem nicht auf den Punkt gezeigt wurde. Und fortan hielten sich die Spielerinnen mit Zweikämpfen im Strafraum zurück. Zum Abschluss des ersten Gruppenspieltags zwischen Kolumbien und Südkorea führte dann ein Handspiel zum neunten Strafstoß, den die Südamerikanerinnen zur Führung nutzten. Ob die neun Elfmeter Trend oder Zufall waren, wird sich zeigen.

DFB-Keeperin Berger: "Lästern ist vorbei"

2019 gab es trotz der Premiere des Video-Schiedsrichter-Assistenten (VAR) übrigens keine Elfmeter-Auffälligkeit. Die Zahl der Versuche aus elf Metern (25) stieg im Vergleich zu 2015 nur um drei. Allerdings wurden auch damals schon zehn Prozent Elfmeter weniger verwandelt als noch 2015 (82 Prozent).

Ein Hinweis auf die gestiegene Qualität der Torhüterinnen? "Es wird mehr in den Frauenfußball investiert. Es gibt jetzt auch Torwarttrainier, die unser Spiel verbessern. Das sieht man an der Qualität in der ganzen Welt. Ich glaube, da kann man jetzt nicht mehr so viel lästern, weil wir immer besser werden", sagte Deutschlands Nummer 2, Ann-Katrin Berger. Die DFB-Frauen wollen übrigens nichts dem Zufall überlassen und haben Elfmeter schon mal geübt.

Ich glaube, da kann man jetzt nicht mehr so viel lästern, weil wir immer besser werden.
Ann-Katrin Berger
Die deutsche National-Torhüterin Ann-Katrin Berger

Auffällig: Wer das erste Tor schießt, gewinnt…

Na gut! Hundertprozentig klappt es nicht, aber wer bei dieser WM in Führung geht, hat gute Karten, am Ende zu jubeln. In den ersten neun Spielen gewann stets die Mannschaft, die das 1:0 erzielte, weil der Gegner es nicht schaffte, ein Tor zu erzielen. Nach der Führung zurücklehnen, funktioniert aber nicht. Das zeigte das zehnte WM-Spiel. Beim Duell Südafrika gegen Schweden ging der Außenseiter in Führung, steuerte ersten WM-Punkten entgegen und ging doch komplett leer aus, weil Schweden erst das 1:1 erzielte und in der Schlussminute mit dem 2:1 die Partie drehte. In den restlichen 13 Spielen strich die Mannschaft drei Punkte ein, die zuerst traf. Zwei Spiele endeten torlos.

Übrigens war schon bei der WM 2019 das erste Tor des Spiels entscheidend. Damals wurden stolze 87 Prozent der Spiele von dem Team gewonnen, dass den Ball zuerst über die Linie drückte. Zum Vergleich: 2011 waren es nur 67 Prozent.  

Auffällig: Mutige Außenseiter

Die Zeiten, in denen immer die gleichen Mannschaften der Sieger quasi schon vor dem Spiel feststand, sind vorbei. Die WM in Australien und Neuseeland zeigt, dass die Weltelite dichter zusammengerückt ist. "Die Spiele sind mehrheitlich eng. Alle Mannschaften haben die Qualität, jede andere Mannschaft vor Probleme zu stellen“, resümierte die deutsche Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg.

In den ersten 16 Partien gab es bisher nur drei klare Ergebnisse: Die deutsche Torgala gegen Marokko, das 5:0 von Japan gegen Sambia und das 4:0 von Brasilien gegen Panama.

Obwohl alle acht Teams, die in diesem Jahr zum ersten Mal bei einer WM dabei sind, in ihren ersten Partien keine Tore erzielt und auch keine Punkte gewonnen haben, kann man sagen, dass die kleinen Nationen längst kein "Kanonenfutter" mehr sind.

Das bekam unter anderem Europameister England zu spüren. Turnierdebütant Haiti bereitete dem Titelkandidaten überraschend Probleme. Am Ende macht der achte Elfmeter im achten WM-Spiel den Unterschied - allerdings erst bei der Wiederholung. Auch Frankreich hatte sich seinen Turnierstart anders ausgemalt. Trotz drückender Überlegenheit reichte es nur zur Nullnummer gegen Jamaika. Es war der erste Punktgewinn überhaupt für die Südamerikanerinnen.