Cedella Marley, Tochter von Rita und Bob Marley

Zweites WM-Spiel gegen Panama Bob Marleys Geist schwebt über Jamaikas "Reggae Girlz"

Stand: 28.07.2023 10:00 Uhr

Jamaika will am Samstag (29.07.2023) im zweiten Vorrundenspiel gegen Panama den historischen ersten Sieg bei einer Frauen-WM einfahren. Dass die Mannschaft überhaupt diese Chance hat, verdankt sie auch Cedella Marley. Die Tochter von Reggae-Legende Bob Marley unterstützt das Team seit Jahren unter dessen Motto: "Fußball ist Freiheit".

Von Uli Petersen

Alles fing mit einem Flugblatt an, das Cedellas Sohn und Bobs Enkel Skip Marley im Jahr 2014 vom Fußballtraining in der Schule mit nach Hause brachte. Der Jamaikanische Fußballverband JFF bat darin um Geldspenden für den "Wiederaufbau" der Frauenfußball-Nationalmannschaft des Landes, die 2008 wegen "Unterfinanzierung" zugunsten des jamaikanischen Männer-Teams aufgelöst worden war.

Cedella Marley, die die Fußballbegeisterung ihres Vaters und ihrer Brüder früh inhaliert hat ("Diese Liebe steckt in meiner DNA"), wusste bis dahin nichts vom nationalen Frauen-Team und dessen finanziellen Problemen. Jetzt aber war ihr Interesse geweckt: Gleich am nächsten Morgen rief sie beim Verband an, wie Marley CNN erzählte - und bald darauf startete sie eine erste Spendenaktion. Unter anderem spielte die Musikerin Cedella mit zwei Brüdern dafür den Song "Strike Hard" ein, und am Ende kamen - auch mithilfe einer GoFundMe-Seite - insgesamt 300.000 US-Dollar für die "Reggae Girlz" zusammen.

WM-Teilnahme 2019 war ein erster Meilenstein

Doch Marleys Engagement führte zunächst nicht zu Erfolgen: Das Team verpasste die Qualifikationen für die WM 2015 und Olympia 2016 in Rio. Noch im selben Jahr löste der Verband die Frauen-Nationalmannschaft erneut auf - genau wie die nationale Frauenliga.

Doch die fußballverrückte Marley blieb hartnäckig und unterstützte das Team über die Bob Marley Foundation als Botschafterin und Sponsorin weiter. Im Oktober 2018 trug der Support dann endlich sportliche Früchte: "Ihre" Mannschaft qualifizierte sich für eine WM-Endrunde 2019 - als erste karibische Frauen-Nationalmannschaft überhaupt. Logisch, dass Marley mit Familie zum Turnier nach Frankreich reiste - allerdings auf eigene Kosten, und immer abseits von den Verantwortlichen des Verbands, von denen sie sich auch heute noch distanziert. Jamaika verlor dreimal und schied nach der Vorrunde aus.

Gründung von "Football is freedom" im Herbst 2021

Antrieb für Marleys nun schon seit fast zehn Jahren andauerndes Engagement für den Frauenfußball in Jamaika ist das Motto ihres fußballverrückten Vaters Bob Marley: "Fußball ist Freiheit".

Als sie noch jünger war, habe sie den Sinn dieses Satzes nicht verstanden. Mittlerweile habe er aber eine tiefe Bedeutung für sie. "Es ist, als ob ich es lebe", sagte Cedella Marley CNN. Im Oktober 2021 gründete sie deshalb eine Initiative mit genau diesem Namen: "Football is freedom". Das Projekt ermöglicht nicht nur Trainingslager für die Nationalmannschaft, sondern auch Fußball-Camps für den Nachwuchs.

Mädchen und Frauen in Jamaika bessere Chancen geben

Die Entwicklung junger Frauen als Spielerinnen und Menschen in Jamaika steht im Fokus des Projekts. "Wir wollen den Mädchen helfen, Lebenskompetenzen zu entwickeln, sie betreuen und ihnen die Möglichkeit einer höheren Bildung geben", sagt Marley. Fußball könne ein Ausweg für Mädchen aus den oft "rauen Gemeinschaften" in Jamaika sein. "Wir geben jedem Mädchen die Chance, etwas zu bewegen, nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch zu Hause, in ihren Gemeinden und im Leben allgemein."

Einige Spielerinnen erhalten auch Stipendien. Mittlerweile ist zum Beispiel Adidas Partner der Initiative. "Ich habe alles, was ich in den letzten neun Jahren gelernt habe, genutzt, um eine hoffentlich bessere Zukunft aufzubauen, nicht nur für mein Land. 'Football is Freedom' ist eine Initiative, die hoffentlich von der ganzen Welt übernommen wird", sagte Marley bei CNN.

0:0 gegen Frankreich ging in Jamaikas Fußball-Historie ein

In diesem Jahr gelang den jamaikanischen "Reggae Girlz", die ganz nach Marleys Geschmack eine Vorbildrolle für die Jugend ausfüllen, im ersten Gruppenspiel bei der WM in Australien und Neuseeland gegen die Titel-Mitfavoritinnen aus Frankreich erneut Historisches: Beim bravourös erkämpften 0:0 holten sie - nach den drei verlorenen Gruppenspielen 2019 - den verdienten ersten WM-Punkt überhaupt.

In diesem Jahr bringt das Team bereits eine gewisse Erfahrung mit nach Down Under: Elf Spielerinnen von 2019 sind auch beim Ozeanien-Turnier im jamaikanischen Aufgebot - unter anderen Havana Solaun, die beim 1:4 gegen Australien das erste und bislang einzige WM-Tor für ihre Mannschaft erzielt hatte.

Kapitänin Shaw fehlt gegen Panama gesperrt

In Spiel zwei gegen Panama am Samstag (14.30 Uhr MESZ, im Live-Ticker auf sportschau.de) soll nun die nächste Krönung folgen: Klappt es im fünften Anlauf endlich mit dem ersten Sieg in einem WM-Endrunden-Spiel? Erschwert wird das Vorhaben auf jeden Fall dadurch, dass Topstar und Kapitänin Khadija Shaw (20 Tore für Manchester City in der vergangenen Saison) nach ihrer Gelb-Roten-Karte aus dem Frankreich-Spiel gesperrt ist. Trainer Lorne Donaldson wirft ihr das aber auch nachträglich nicht vor: "Sie hat fantastisch gespielt und alles gegeben."

Streit mit Jamaikas Fußballverband schwelt

Die Vorbereitung auf das Turnier in Australien und Neuseeland verlief nicht ganz geräuschlos - das aber lag nicht an Marley. Viele Spielerinnen wendeten sich in einem offenen Brief an den Fußballverband JFF und beklagten mangelhafte Unterstützung und Bedingungen, auch ums Geld gibt es Streit. Die Dinge seien "nicht perfekt gelaufen", räumte der Verband ein und versprach Besserung.

Marley hofft auf weitere Erfolge der "Reggae Girlz"

Cedella Marley und ihre Mitstreiter haben mit ihrem Einsatz in den vergangenen fast zehn Jahren insgesamt auf jeden Fall dafür gesorgt, dass die Standards und Bedingungen für die jamaikanische Mannschaft viel besser geworden sind - und dass sie in der Bevölkerung viel Rückhalt bekommt. Nun hofft die Team-Botschafterin, dass das Team die Querelen im Hintergrund ausblenden und sich auf das Wesentliche konzentrieren kann: "Wir wollen da rausgehen - und wir wollen gewinnen." Für sie sei es wunderschön, die Spielerinnen auf dem Platz zu beobachten: "Sie sind hochkonzentriert, das kann ich Ihnen sagen. Sie gehen da rein, als wären sie Krieger."

Fakten zum Spiel

- Spiele gegeneinander: 3 (2 Siege Jamaika /1 Unentschieden)

- FIFA-Ranking: Panama Platz 52 / Jamaika Platz 43

- Beste WM-Platzierung: Panama - Erste Teilnahme 2023 / Jamaika - Vorrunde 2019

- Fun Fact: Panama buchte als letztes der 32 Teams sein WM-Ticket - durch einen 1:0-Sieg über Paraguay. Lineth Cedeno erzielte das entscheidende Tor.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau FIFA Frauen WM | 28.07.2023 | 10:00 Uhr