Fans von Legia Warschau während des  UEFA Conference League Spiels zwischen AZ Alkmaar und Legia Warschau

Nachspiel auf höchster Ebene Gewaltvorwurf gegen Legia-Profis - UEFA ermittelt

Stand: 07.10.2023 10:55 Uhr

Das Spiel von Legia Warschau bei AZ Alkmaar in der Conference League hat nach Ausschreitungen und zwei Festnahmen ein Nachspiel auf höchster politischer Ebene.

Nachdem zwei Gäste-Profis in Gewahrsam genommen worden sein sollen, schaltete sich Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki ein. Für Samstag bestellte das Land zudem die niederländische Botschafterin ins Außenministerium ein. Die Europäische Fußball-Union UEFA kündigte am Freitagabend an, die Vorfälle rund um die Partie zu untersuchen. Die Fußball-Profis sind inzwischen wieder frei.

"Die polnische Regierung lässt nicht zu, dass unsere Bürger diskriminiert werden. Die Verantwortlichen müssen mit Konsequenzen rechnen", schrieb Vize-Außenminister Pawel Jablonski bei X, früher Twitter. Legias Präsident und Eigentümer Dariusz Mioduski sagte nach der Rückkehr am Freitag in Warschau, der Vorfall sei ein "absoluter Skandal".

Justiz: Spieler sollen gewalttätig geworden sein

Am Nachmittag klärte die Justiz in Alkmaar endlich auf, was den beiden festgenommenen Spielern vorgeworfen wird. Sie hätten Mitarbeiter von AZ Alkmaar misshandelt, erklärte die Oberstaatsanwältin Digna van Boetzelaer. Die Entscheidung, sie festzunehmen, sei nach reiflicher Überlegung erfolgt. Nach dem Angriff mussten die Klub-Mitarbeiter nach Angaben der Justiz medizinisch behandelt werden. In einer gemeinsamen Erklärung betonten Staatsanwaltschaft, Polizei und Stadt: "Es waren die Spieler, die gewalttätig waren. Daher wurde beschlossen, sie festzunehmen."

Die beiden Legia-Spieler, Josué Pesqueira und Radovan Pankov, waren im Anschluss an das Spiel am Donnerstagabend festgenommen worden. Warschau hatte das Spiel mit 0:1 verloren. Nach Angaben der Behörden konnte der Spielerbus den Parkplatz zunächst aus Sicherheitsgründen nicht verlassen, da die Fans aus Polen das Stadion noch verlassen mussten. "Einige Spieler und Offizielle waren damit offenbar nicht einverstanden und wurden gewalttätig", heißt es in der Erklärung.

Am Samstagmorgen sind die beiden Legia-Profis aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden und nach Polen zurückgekehrt. Beide seien zuvor in Anwesenheit eines Anwalts in ihren Muttersprachen verhört worden, zitierte das Portal "Onet.pl" am Samstag den Sprecher von Legia Warschau. Ungeachtet ihrer Freilassung blieben die Spieler "weiterhin tatverdächtig", teilte die niederländische Polizei mit.

Polens Regierungschef Morawiecki spricht mit Rutte

Die Angelegenheit war auch ein Thema am Rande des informellen EU-Gipfels im spanischen Granada. Nach eigenen Angaben bei Facebook sprach Polens Regierungschef Morawiecki persönlich dort mit seinem niederländischen Amtskollegen Mark Rutte über den Vorfall. "Ich habe meinen entschiedenen Protest gegen das brutale Verhalten der niederländischen Polizei gegen die Spieler und die Fans von Legia Warschau zum Ausdruck gebracht", schrieb er und erklärte, Rutte habe eine schnelle Aufklärung des Vorfalls zugesichert.

Schon vorher hatte Morawiecki via X geschrieben, das polnische Außenministerium angewiesen zu haben, dringend diplomatische Schritte einzuleiten, um die Ereignisse der Nacht zu überprüfen. In Polen ist derzeit Wahlkampf. Am 15. Oktober wählt das Land ein neues Parlament.

Legia prangert Gewalteinsatz von Polizei und Sicherheitspersonal an

Der polnische Sender "TVP Sport" berichtete auch, dass Legias Vereinspräsident und -Eigentümer Dariusz Mioduski von einem Schild im Gesicht getroffen worden sein soll. "Ich habe noch nie erlebt, dass unsere Spieler, unser Stab und Vorstandsmitglieder von Sicherheitsleuten und der Polizei angegriffen wurden", sagte er in der polnischen Hauptstadt. 

Die niederländische Polizei wies die Vorwürfe zurück, dass sie zu hart eingegriffen hätte. Schon im Vorfeld hätten Fans von Legia Warschau die Zugangstore gestürmt und Ordner und Polizei angegriffen. Dabei hatte den Angaben zufolge ein Polizist das Bewusstsein verloren, zwei andere wurden leicht verletzt. Eine Reihe von Fans sei ohne Tickets und ohne Kontrolle ins Stadion gelangt. 

Polnische Regierung: Intervention bereitet Sorgen

"Der Premierminister hat mich darüber informiert, dass er unsere diplomatischen Dienste gebeten hat, diese Angelegenheit dringend zu klären", sagte der Regierungssprecher Piotr Müller. "Auf den ersten Blick ergeben sich sehr ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingreifens der niederländischen Dienste und an der Art und Weise, wie dieses Eingreifen erfolgt ist." Es sehe "nicht nach einer ordnungsgemäßen Intervention aus, und das macht uns Sorgen".