Verband steht wegen Sponsoren-Debatte massiv in der Kritik DFB-Verhandlungen mit Qatar Airways sorgen für Empörung

Stand: 11.07.2021 19:16 Uhr

Die Verhandlungen des DFB mit Qatar Airways sorgen wegen der Menschenrechtslage im Ausrichterland der WM 2022 für große Empörung. Der krisengeschüttelte Verband arbeitet weiter an der Demontage seines Ansehens.

Die Zuschauer des EM-Endspiels konnten kaum übersehen, wer sie in knapp 500 Tagen zur WM fliegen möchte. Es dürften allerdings weniger die Werbebanden gewesen sein, die den Deutschen Fußball-Bund auf Qatar Airways aufmerksam gemacht haben. Es ist wohl eher die Finanzkraft der Airline, auf die der Verband fliegt. Die Sponsoring-Verhandlungen sorgen allerdings dafür, dass der DFB mit Blick auf sein öffentliches Ansehen schon wieder eine Bruchlandung hingelegt hat.

"Passt schwer zusammen"

"Der DFB muss sich der Außenwirkung solcher Verhandlungen deutlich bewusst werden. Auf dem grünen Rasen für Menschenrechte zu demonstrieren und dann Sponsorenverträge mit der staatlichen Airline eines Landes anzustreben, in dem die Menschenrechtslage äußerst fragil ist, passt schwer zusammen", sagte Gyde Jensen, die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, der "Bild am Sonntag".

Wie die FDP-Politikerin kann auch Cem Özdemir das Vorgehen des DFB nicht nachvollziehen. "Die EM hat gezeigt, wie weit sich der Fußball von der europäischen Wirtschaft entfernt hat - fast alle EM-Sponsoren stammen aus Asien oder den USA oder eben Katar", äußerte der Bundestagsabgeordnete der Grünen: "Wenn der DFB einen nachhaltigen Weg im Verbund mit ihm nahestehenden Stakeholdern gehen will, sollten diese Gespräche nicht geführt werden."

Verhandlungen laut "SZ" auf dem Weg zur Vorlage ans Präsidium

Über die Gespräche des Verbandes mit einem der wichtigsten Staatskonzerne des nächsten WM-Gastgebers hatte als erstes die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Demnach sind die Verhandlungen schon so weit, dass demnächst eine Vorlage für das Präsidium erstellt werden könnte. Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien warnten derweil den DFB.

Der SPD-Innenpolitiker und niedersächsische Sportminister Boris Pistorius bezeichnete es gegenüber der Zeitung "Welt" als "beschämend", dass "ein angeblich gemeinnütziger Verein wie der DFB, der die Nationalmannschaft für Human Rights Position beziehen lässt, mit derart fragwürdigen Sponsoren verhandelt".

Kein Kommentar vom DFB-Marketingchef

DFB-Marketingchef Holger Blask ließ wissen, dass der Verband generell keine Gespräche mit aktuellen oder potenziellen Partnern kommentiere: "Wenn es etwas zu vermelden gibt, können wir gerne darüber reden." Laut der "BamS" hat sich das DFB-Präsidium bereits dafür entschieden, den bis 2022 laufenden Vertrag mit der Lufthansa aufzulösen, weil die deutsche Fluggesellschaft ihre Zahlungen deutlich kürzen will.

Wie Blask hüllt sich aber auch DFB-Boss Peter Peters in Schweigen. "Ich kann einen Sachverhalt nicht bewerten und kommentieren, wenn ich die wirtschaftlichen Rahmendetails noch gar nicht kenne", sagte der Co-Interimspräsident. Um die wirtschaftlichen Rahmendetails geht es aber in der Debatte auch gar nicht.

Mit Anlauf ins Fettnäpfchen

Schon jetzt scheint klar, dass der krisengeschüttelte DFB erneut mit Anlauf in ein Fettnäpfchen gesprungen ist. Offenbar ist es an den Verantwortlichen des Verbandes vorbeigegangen, dass sowohl die Europäische Fußball-Union als auch Rekordmeister Bayern München für ihre Kooperationen mit Katar massiv in der Kritik stehen.

Dass Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß die Debatte über Katar am Sonntag im "Doppelpass" bei "Sport1" als "scheinheilig" bezeichnete, überrascht deshalb wenig. "Nur wegen des Fußballs wird darüber gesprochen", äußerte Hoeneß: "Da dürfen wir mit China auch keine Geschäfte machen."

Regenbogen-Auftritt von Koch im Zwielicht

Es passt dennoch ins diffuse Bild des führungslosen und von Skandalen erschütterten DFB, dass der Facebook-Auftritt seines Co-Chefs Rainer Koch nur so von Regenbogenfahnen wimmelt - während gleichzeitig mit dem Staatsunternehmen eines Landes verhandelt wird, in dem Homosexualität unter Strafe steht.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Menschenrechte dem DFB doch nicht so wichtig sind, wie er es rund um das Länderspiel der Nationalmannschaft im März gegen Island (3:0) propagiert hatte. Der Schriftzug "Human Rights" war damals auf den T-Shirts der Spieler zu lesen. Die viel beachtete Aktion richtete sich eindeutig an die Adresse Katars. Das Emirat wird seit Jahren wegen der Menschenrechtslage, der Situation der Gastarbeiter und der Korruptionsvorwürfe rund um die WM-Vergabe heftig kritisiert. Doch mit Dauer-Kritik kennt sich bekanntlich auch der DFB bestens aus.