Newcastle Uniteds Anthony Gordon (l.) im Duell mit Borussia Dortmunds Nico Schlotterbeck (r.).

Shootingstar von Newcastle United Anthony Gordon und die Kunst des Lernens aus Fehlern

Stand: 07.11.2023 11:00 Uhr

Anthony Gordon startet in dieser Saison nach schwierigem Start bei Newcastle United durch und ist die große Hoffnung der "Magpies" vor dem Gruppenspiel in der Champions League bei Borussia Dortmund am Dienstag (07.11.2023, ab 18.35 Uhr im Sportschau-Audiostream). Laut eigener Aussage halfen dem Engländer eigene Fehltritte, um so weit zu kommen.

Eddie Howe hat einiges an Geduld an den Tag legen müssen. Zwischen der Verpflichtung von Anthony Gordon im Januar 2023 und seinen aktuell starken Leistungen liegen jede Menge (zwischenmenschliche) Arbeit und Momente, in denen sehr viel Nachsicht von Newcastle Uniteds Trainer gefordert war. Doch es scheint, als würde Howe dafür belohnt werden.

Streit um Auswechslung beflügelt Verhältnis zu Howe

Im April prophezeite der 45-Jährige in einer Zeit, als Gordon schon in Ungnade gefallen war: "Ich weiß, dass Anthony in der Zukunft ein Topspieler bei uns sein wird." Dabei sah zu dieser Zeit recht wenig danach aus. Wenige Monate zuvor hatten die "Magpies" Gordon für etwa 50 Millionen Euro vom FC Everton verpflichtet, doch gute Leistungen gab es kaum. Und dann gab es da diesen Vorfall, der viele vermuten ließ, dass das Howe-Gordon-Verhältnis kein gutes mehr werden könne.

Newcastles Trainer Eddie Howe

Newcastles Trainer Eddie Howe

Im Ligaspiel gegen den FC Brentford wurde der Offensivspieler erst ein- und kurz vor Schluss wieder ausgewechselt. Die Reaktion Gordons fiel entsprechend rüde aus, unter anderem verweigerte er den Handschlag mit Howe, nachdem er den Platz verlassen hatte. Im Nachhinein nannte der Engländer diese Szene "eine weitere Gelegenheit, etwas zu lernen", wie er im Vereinsmagazin "United" vor kurzem erklärte.

"Ich bin immer noch ein junger Bursche und werde Fehler machen. Ich habe mich beim Manager entschuldigt und er hat sich während des gesamten Prozesses ausgezeichnet verhalten", sagte Gordon weiter. "Unsere Beziehung ist jetzt so gut wie nie zuvor, wahrscheinlich wegen dieser Dinge. Wir haben diese Erfahrungen durchgemacht und sind so dahin gekommen, wo wir jetzt sind."

"Ich scheue mich nicht, Fehler zu machen"

Gordon ist durchaus jemand, der auch mal Probleme machen kann. Den Wechsel nach Newcastle forcierte er, indem er bei Ex-Klub Everton in den Streik gegangen war. Im Februar drohte ihm sogar eine Gefängnisstrafe, weil er mit seinem Auto gefahren ist, obwohl ihm zuvor ein sechsmonatiges Fahrverbot erteilt worden war. Doch Gordon steht dazu, dass er Fehler macht. Und er hat für sich herausgefunden, wie er das Beste aus ihnen ziehen kann.

"Ich denke, um am besten zu lernen, muss man Fehler machen. Und ich habe im letzten Jahr viele Fehler gemacht", sagte Gordon. "Ich bin sehr offen und scheue mich nicht, Fehler zu machen. Ich bin sehr glücklich damit, sie zu machen und daraus zu lernen. Sie haben mir geholfen, weil ich einfach hartnäckig geblieben bin."

Gordon ist auch als Kämpfer wichtig

Überhaupt ist diese Hartnäckigkeit ein großes Thema bei Gordon. "Ich gebe mich nicht damit zufrieden, in etwas nur durchschnittlich zu sein. Ich möchte in allem, was ich mache, der Beste sein. Das ist eine gute Einstellung, aber ich denke, sie stresst die Menschen um mich herum", sagte er. In Bezug auf seine fußballerische Entwicklung sieht sein Trainer das natürlich ganz anders. "Anthony hat den Wunsch, sich zu verbessern, das sehe ich jeden Tag im Training. Es ist großartig zu sehen, dass er dafür belohnt wird", sagte Howe.

Newcastle Uniteds Anthony Gordon jubelt.

Newcastle Uniteds Anthony Gordon jubelt

Seit dieser Saison ist Gordon Stammspieler in Newcastle, mit vier Toren und zwei Assists in zehn Spielen hat er einen großen Anteil am Erfolg des Teams in der Premier League. Doch die Statistiken zeigen auch, dass Gordon mehr ist als ein guter Offensivspieler, auch fußballerisch ist er ein Kämpfer, seine defensive Arbeit ist ähnlich wertvoll wie die in der Offensive. Ein Beispiel: in der Premier League schoss Gordon in seiner Karriere bislang zwölf Tore, sah aber 17 Gelbe Karten. In dieser Saison war er sogar schon nach seiner fünften Verwarnung gesperrt.

Bester Spieler bei der U21-EM - und dann ging es bergauf

Dass diese Saison für ihn so erfreulich läuft, ist auch das Ergebnis der englischen U21-Nationalmannschaft bei der EM im vergangenen Sommer. Die "Three Lions" gewannen nicht nur den Titel, sondern Gordon wurde auch noch als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. "Das war ein enormer Selbstvertrauensschub für diesen Sommer, denn das letzte Jahr war offensichtlich ziemlich schwierig für mich", sagte er.

Englands Anthony Gordon (l.) und Curtis Jones (r.) posieren mit der Tophäe der U21-Europameisterschaft.

Englands Anthony Gordon (l.) und Curtis Jones (r.) posieren mit der Tophäe der U21-Europameisterschaft.

Der Grund dafür, warum es nicht gut lief? "Ich würde sagen, letztes Jahr war es schwierig, weil ich mein Ego ziemlich unterdrücken musste. Die Leute halten Ego für eine schlechte Sache, aber das ist nicht der Fall. Keiner von uns erreicht dieses Niveau, ohne ein Ego zu haben", sagte Gordon, der mittlerweile sein persönliches Glück sehr gut mit dem seines Teams vereinen kann.

Keine Angst vor großen Gegnern

Zwei Dinge will Gordon aber möglichst schnell noch erreichen. Bislang wurde der Angreifer noch nicht von Gareth Southgate für die A-Nationalmannschaft nominert und in der Champions League konnte er - abgesehen vom starken Auftritt gegen Paris St. Germain (4:0) - noch nicht glänzen, ist noch ohne Torbeteiligung. Ändert sich das nun im Spiel bei Borussia Dortmund?

Am vergangenen Wochenende zeigte Gordon mit seinem Siegtreffer gegen den FC Arsenal (1:0), dass er einer für die große Bühne ist. "Dass er so furchtlos ist, ist eine seiner besten Eigenschaften. Ich denke, er spielt das Spiel, er spielt nicht gegen den Gegner", sagte Howe. Vielleicht ist die Zeit auch vorbei, in der Gordon selbst sein größter Gegner war.