Fahnenschwenker in der Veltins Arena auf Schalke

Schreckensszenario 3. Liga Schalker Angst vor dem Totalschaden

Stand: 01.12.2023 11:05 Uhr

Beim FC Schalke 04 sind sie Probleme eigentlich gewohnt. Aber: Einen Abstieg in die 3. Liga dürfte der Klub kaum überleben. Die Verantwortlichen und die Spieler sind überaus nervös - so wie der gesamte Verein.

Die Pommes-Bude auf dem Arena-Ring wurde gerade noch auf Vordermann gebracht. Der Getränkestand in die richtige Position gezogen. Der LKW mit dem Bier-Nachschub war zwei Tage vor dem Abstiegsgipfel gegen den Tabellenletzten VfL Osnabrück ebenfalls an die riesigen Tanks im Bauch des Stadions angeschlossen.

Die Besucher der Gelsenkirchener Arena heute (Ab 18.30 Uhr live in der Radio-Reportage und im Live-Ticker bei der Sportschau) sollen zumindest kulinarisch bestens versorgt werden. Was den Profi-Fußball beim Ruhrgebietsklub angeht, steht ein Verwöhnprogramm ja schon länger nicht mehr auf der Agenda.

Schalke kämpft ums Überleben

Es gibt seit Wochen nur eine Richtung - und die zeigt direkt in den Abgrund. Der Absturz des Traditionsvereins auf den 16. Tabellenplatz der 2. Fußball-Bundesliga nach 15 Spieltagen ist kein Zufall mehr - sondern ein hausgemachtes Problem. "Ich schäme mich", hatte André Hechelmann nach dem jüngsten 3:5 bei Fortuna Düsseldorf gesagt und damit die Leistung der Schalker Spieler gemeint.

Unglücklich nur, dass ausgerechnet der 39 Jahre alte Sportdirektor gemeinsam mit Sportvorstand Peter Knäbel für die Zusammenstellung des aktuellen, kaum konkurrenzfähigen Kaders zuständig ist. Der Mangel an Unterschiedsspielern im Schalker Kader macht aus dem selbst ernannten Aufstiegskandidaten einen überaus biederen Zweitligisten, der ums Überleben kämpfen muss.

Knäbel wird den Klub spätestens im kommenden Sommer - auch aufgrund mangelnder Unterstützung seitens des Klubs - verlassen. Die Diskussionen um den Verbleib von Hechelmann haben ebenfalls schon lange begonnen.

Deutlich geringere Einnahmen

Der stolze Klub ist bekanntlich schon durch viele (sportliche) Krisen gegangen. Auch früher schon. 1989 etwa musste ein gewisser Peter Neururer den Verein als Trainer-"Feuerwehrmann" in letzter Sekunde vor dem Abstieg in die Drittklassigkeit retten. Damals waren die Zeiten ebenfalls schwierig. Aber die derzeitigen Probleme sind deutlich größer. Damals hatte der Stand der Gesamtverbindlichkeiten nicht einmal annähernd eine Größenordnung von 165,1 Millionen Euro wie heutzutage.

Zwar zeigt die Bilanz im aktuellsten Geschäftsbericht eine deutliche Verbesserung zum Vorjahr (180,1 Millionen Euro) auf. Allerdings würden bei einem Totalschaden wie dem zweiten Abstieg in Folge die dann deutlich geringeren medialen Verwertungsrechte und die zudem deutlich kleineren Sponsoren-Einnahmen ein Fortbestehen des Klubs in seiner jetzigen Form kaum noch möglich erscheinen lassen.

Zwei "Sonder-Briefe" an die Mitglieder

"Wir werden uns auch auf dieses Szenario vorbereiten. Dazu sind wir verpflichtet", sagte Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers bei der Vorstellung der Bilanz im Oktober. Ob der Verein dieses Schreckensszenario überleben würde, dazu sagte sie nichts. Eine Insolvenz und ein Neuanfang im Amateurfußball erschienen in diesem Fall allerdings eher als realistisch.

Entsprechend nervös ist der gesamte Klub: In zwei "Sonder-Briefen" an die rund 178.000 Mitglieder in dieser Woche warben sie um - ja, um was eigentlich? Vorstand und Aufsichtsrat merkten in ihrem Schreiben unter anderem an: "In der Zusammensetzung des Kaders sind Fehler gemacht worden, einige Ideen sind nicht aufgegangen - dafür tragen wir die Verantwortung." Die Spieler schrieben ferner: "Wir schämen uns für einige Auftritte in den letzten Monaten."

Trainer Geraerts muss Substanz im Team finden

In dieser schwierigen Gesamtgemengelage arbeitet zudem eine Opposition - offenbar auch um den ehemaligen Schalker Aufsichtsrat Clemens Tönnies - daran, die Führungsgremien um den Schalker Aufsichtsratsvorsitzenden Axel Hefer - dem eine zu große Nähe zur Schalker Fanszene nachgesagt wird - abzulösen.

Und mittendrin in diesem Schalker Chaos ist seit Anfang Oktober Trainer Karel Geraerts, der die schwierige Aufgabe hat, zumindest ein wenig fußballerische Substanz aus dem Kader herauszufiltern. Neben den spielerischen Schwierigkeiten und den Defiziten bei der Kreativität im Aufbauspiel hat der 41-Jährige bei den Schalker Spielern zudem Fitness- und Konditionsprobleme ausgemacht.

"Ja, natürlich, dafür bin ich da", sagte der belgische Fußballlehrer auf die Frage der Sportschau, ob er noch Lösungen für die vielen schwerwiegenden Probleme im Team finden könne. Seine Bilanz in der 2. Liga ist bislang wenig ermutigend. Zwei Siegen stehen drei Pleiten gegenüber.

Explosionsgefahr am Schalker Markt

Gegen den VfL Osnabrück benötigen die Schalker dringend ein Erfolgserlebnis. Auch, um die eigenen Anhänger wieder versöhnlicher zu stimmen. Über 60.000 Besucher sollen wieder in die Schalker Arena kommen. In Düsseldorf stellten die Ultra-Fangruppen zum wiederholten Mal in dieser Saison die Unterstützung des Teams ein. Viele verließen das Stadion bereits in der Halbzeitpause.

Bei weiteren desaströsen Auftritten wie in der Landeshauptstadt und zuvor im Heimspiel gegen Elversberg (1:2) wird die vielen Anhänger auch das weitreichende kulinarische Angebot des Klubs nicht mehr beruhigen können. Es besteht Explosionsgefahr am Schalker Markt.