Fußball | Bundesliga Playoffs in der Bundesliga? Ein schwieriger Prozess und Vergleich

Stand: 06.05.2022 07:00 Uhr

Von höchster Stelle ist eine Diskussion um Playoffs angeregt worden. Aber es wurde schnell wieder ruhig. Ein Blick auf andere europäische Ligen und Gespräche mit Experten zeigen, dass der Prozess hin zu Änderungen schwierig sein dürfte.

Dass es um nichts mehr geht, ist auch nicht richtig, denn je höher ein Verein nach der Saison in der Tabelle platziert ist, desto mehr Geld kassiert er. Aber der sportliche Wert des Bundesligaspiels zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach ist sehr gering.

Ähnliches gilt am 33. Spieltag für das Duell zwischen der SpVgg Greuther Fürth und Borussia Dortmund. In anderen Partien, etwa beim Spiel des Meisters FC Bayern, geht es nur noch für eine Mannschaft um etwas, in diesem Fall für den VfB Stuttgart sogar um sehr viel.

Im Schnitt deutlich mehr als zehn Punkte Vorsprung der Bayern

Der Modus der Bundesliga, seit der Gründung 1963 nur marginal verändert, bringt so etwas mit sich. Über Jahrzehnte störte sich kaum jemand daran. Die Dominanz der Bayern, die nun zum zehnten Mal hintereinander den Titel holten und dabei im Schnitt deutlich mehr als zehn Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten aufwiesen, löste aber zumindest einen Denkprozess aus.

Keine Pläne, keine Modelle, keine Abstimmung

Donata Hopfen, seit Beginn des Jahres Chefin der Deutschen Fußball Liga (DFL), nahm sogar das Wort Playoffs in den Mund. Dabei blieb es aber. Mit dem Münchner Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn fand sich immerhin ein hochrangiger Vereinsverteter, der auch darüber sprach, aber weiter ist der Prozess - zumindest in der öffentlichen Diskussion - noch nicht gekommen. Es stehen keine Pläne im Raum, keine Modelle zur Auswahl, schon gar nicht zur Abstimmung.

Schweiz drohen neue Diskussionen beim Votum

Anders ist das in der Schweiz. Dort wird es am 20. Mai eine Abstimmung geben über eine Aufstockung der höchsten Liga und die Einführung von Playoffs. Seit Jahren wurde die nun vorgeschlagene Reform erörtert. Der Grund war - ähnlich wie in Deutschland - die Dominanz einer Mannschaft.

Der FC Basel gewann sämtliche Meistertitel von 2010 bis 2017. Als dann die Young Boys Bern mal Meister wurden, gab es Stimmen, dass doch keine Reformen nötig seien. Dann aber wurden die Young Boys vier Mal hintereinander Meister mit teils großem Vorsprung, und so kamen die Überlegungen doch zum Abschluss.

Ein paar Wochen, nachdem der FC Zürich den Titel holte, wird die Abstimmung aber alles andere als eine Formsache sein. "Der FC Zürich lehnt die Playoffs ab", sagt Philippe Guggisberg von der Swiss Football League, vergleichbar mit der DFL. Möglicherweise werde der FCZ bei der Versammlung am 20. Mai einen eigenen Vorschlag einbringen.

In Belgien liegt wieder "alles auf dem Tisch"

Schon seit der Saison 2009/10 gibt es in Belgien drastische Änderungen am Format, das zuvor auch klassisch ausgesehen hatte.

Seitdem ist das Format wieder mehrmals geändert worden, und aktuell gelte: "Es liegt wieder alles auf dem Tisch." Das sagt Mike Notermans, Journalist beim deutschsprachigen "Grenzecho" im belgischen Eupen. Aufstockung, Reduzierung, Rückkehr zum klassischen Ligasystem, reformierte Playoffs, alles sei möglich.

Radja Nainggolan, der die meiste Zeit seiner Karriere in der italienischen Serie A spielte und nun bei Royal Antwerpen sein Geld verdient, sagte in einem Interview, dass "in Italien niemand das System (mit Playoffs, d. Red.) verstehe". Der Titel gehöre dem Tabellenersten nach der regulären Saison zugesprochen. In Belgien war das Royale Union Saint-Gilloise. Der Aufsteiger beendete die reguläre Saison sensationell vor dem wirtschaftlichen Branchenführer Club Brügge. Da die Punkte vor den Playoffs, einem Miniturnier mit dem besten vier Mannschaften, halbiert wurden, beträgt der Vorsprung jetzt nur noch drei Punkte.

"Ist das fair?"

Die beiden direkten Duelle zwischen Royale Union Saint-Gilloise und Club Brügge stehen am Sonntag (08.05.2022) und dem darauf folgenden Mittwoch noch an.

"Ist das fair?", stellt Journalist Notermans die Frage, die für Kritiker von Playoffs eine rhetorische ist.

Playoffs in Österreich ohne Auswirkung auf Titelkampf

Marcel Ketelaer, ehemaliger Bundesligaspieler für unter anderem Borussia Mönchengladbach und den Hamburger SV, hält nichts von Playoffs als Lösung gegen die Langeweile im deutschen Titelkampf. "Alle großen Ligen spielen so wie die Bundesliga, und das hat sich bewährt", sagte der gebürtige Gladbacher im Gespräch mit der Sportschau.

Ketelaer lebt und arbeitet seit 2005 in Österreich. Aktuell ist der Sportdirektor des FC Admira Wacker mit seinem Klub in der Qualifikationsgruppe beschäftigt, in der ein Absteiger ausgespielt wird. Allerdings hat der Tabellenerste der Abstiegsgruppe später auch noch die Chance, über weitere Playoffs gegen Mannschaften aus der Meistergruppe in den Europapokal zu kommen.

Der Gedanke dahinter ist nachzuvollziehen, denn so soll möglichst jedes Spiel einen sportlichen Wert haben und somit Interesse locken. Allerdings, so Ketelaer: "Ich glaube jetzt nicht, dass mehr Zuschauer kommen oder vor dem Fernseher sitzen, dass das Pay-TV mehr Abonnenten gewinnt."

Ein spannenderer Titelkampf sei zudem ausgeschlossen, weil Serienmeister Red Bull Salzburg "nun mal über den Dingen steht. Ich glaube auch nicht, dass das - was auch immer sich irgendwer einfallen lässt - in den nächsten Jahren anders sein wird." Das, so Ketelaer, dürfte auch analog zu Deutschland und den FC Bayern gelten.

Unternehmer empfiehlt Deutschland Reformprozess

Pieter Nieuwenhuis hingegen empfiehlt der DFL, zumindest einen Diskussionsprozess zu starten. Dieser Vorschlag gehört quasi zu seinem Geschäftsmodell, denn Nieuwenhuis ist Direktor des niederländischen Unternehmens "Hypercube", das gemeinsam mit Verbänden Modelle entwickelt und umsetzt.

Am Schweizer Modell wirkte die Firma mit, ist auch in Belgien involviert, ebenso auch im dänischen, rumänischen und bulgarischen Fußball.

Ergebnisoffene Untersuchung mit allen Beteiligten

"Eine Lösung macht Feinde, ein Prozess Freunde", sagt Nieuwenhuis im Gespräch mit der Sportschau. Daher müssten alle sogenannten Stakeholder von Beginn an einbezogen werden: vor allem also Vereine, Sponsoren, Fans, Inhaber und potenzielle Käufer von Medienrechten. Die Untersuchung müsse völlig ergebnisoffen sein. Heißt also: Es geht nicht um eine Reform der Reform willen. Sollte sich herausstellen, dass eine Bundesliga mit 18 Mannschaften im Modus "jeder gegen jeden" in Hin- und Rückspiel das Beste sei, dann bliebe es dabei.

Dann bliebe es auch dabei, dass es am 33. Spieltag Partien wie Eintracht Frankfurt gegen Borussia Mönchengladbach gibt. Würde die Bundesliga nach der Saison in Meister- und Abstiegsrunde geteilt und würden sogar noch die Punkte halbiert, wäre das Spiel am Sonntag ganz schön brisant.