Doping im Sport Spritze ins Bein

Nach dem Fall Vuskovic Die lange Doping-Geschichte des Fußballs

Stand: 31.03.2023 14:19 Uhr

Der Dopingfall des Hamburger Zweitligaprofis Mario Vuskovic hat viele überrascht. Dabei hat Doping auch im Fußball eine unrühmliche Historie. Eine unvollständige Chronologie.

Die öffentliche Aufregung ist schon lange nicht mehr besonders groß. Zu häufig gab es schon Dopingfälle im Profisport. Ob in der Leichtathletik, im Radsport oder auch im Fußball. Mario Vuskovic vom Zweitligisten Hamburger SV ist nur der jüngste Fall, der öffentlich wurde.

Bei einer am 16. September 2022 genommenen Dopingprobe des 21-Jährigen war körperfremdes Erythropoetin (Epo) nachgewiesen worden. Epo fördert die Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) und erhöht die Sauerstoffkapazität des Blutes. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sperrte Vuskovic für zwei Jahre. Der Verteidiger sowie der HSV kündigten an, in Berufung zu gehen.

Kritik von Anti-Doping-Ermittlern

Die so lange verbreitete Mär, dass Doping im Fußball "nichts bringen" würde, scheint damit wieder einmal widerlegt worden zu sein. Der berühmte ehemalige Arzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und Ex-Vereinsarzt des FC Bayern München, Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, hatte noch im Jahr 2018 an dieser Erzählung festgehalten. Nicht nur zur Überraschung der Fachwelt.

"Wer die Augen vor Doping so zumacht oder zumindest so tut, der übersieht natürlich die aktuellen Trends im Doping im Fußball. Müller-Wohlfahrt hat einfach vom Thema keine Ahnung, er sollte sich auf seine Fähigkeit des Muskel-Tastens konzentrieren. 'Mull' redet Müll", antwortete der Nürnberger Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel schon damals auf die gewagte These aus München.

Wohl kein Vitamin C

Der Wunsch nach verbesserter körperlicher Leistungsfähigkeit besteht wohl schon so lange, wie sich Sportler und Mannschaften duellieren. Selbst beim deutschen Team von 1954, das so überraschend den Weltmeistertitel und damit "das Wunder von Bern" schaffte, schwebt der Verdacht, man habe dabei mit Stimulanzien nachgeholfen.

Der Historiker Erik Eggers von der Humboldt-Universität in Berlin, der an einer Studie über Doping in Deutschland seit den 1950er Jahren arbeitete, formulierte es im Jahr 2010 folgendermaßen: "Die Indizien sprechen dafür, dass in ihren Spritzen kein Vitamin C war. Es könnte Pervitin gewesen sein."

Das unter dem dem Begriff "Panzerschokolade" bekannte Methamphetamin wurde seit 1938 hergestellt. Ein Wirkstoff, den die Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg millionenfach ihren Soldaten gaben, damit sie im Kampf nicht so schnell müde wurden.

Später wurde Pervitin offenbar (Leistungs-)Sportlern, darunter Fußballern, verabreicht. Viele Spieler erkrankten an Gelbsucht, Ersatzspieler Richard Herrmann ist an den Spätfolgen einer nicht behandelten Hepatitis gestorben.

Schumacher spricht über Doping

In den folgenden Jahrzehnten blieb Doping im Fußball in Deutschland stets ein (Tabu-)Thema. "Auch in der Fußballwelt gibt es Doping - natürlich totgeschwiegen, klammheimlich, ein Tabu", schrieb Toni Schumacher einst in "Anpfiff", was ihn den Job beim 1. FC Köln kostete. Außerdem flog er aus der Nationalmannschaft. Schumacher selbst räumte ein, mit dem Aufputschmittel Captagon experimentiert zu haben. 

Toni Schumacher mit seinem Buch

Toni Schumacher präsentiert sein 1987 erschienenes Buch "Anpfiff".

Eine Evaluierungskommission stellte 2015 fest, dass in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren beim Bundesligisten Stuttgart in systematischer Weise und beim damaligen Zweitligisten SC Freiburg in Einzelfällen mithilfe des Freiburger Sportmediziners Armin Klümper gedopt wurde.

Guardiola und Juventus Turin

Aber die Vergabe von leitungssteigernden Medikamenten blieb beileibe kein deutsches Phänomen. Auch der Profifußball Italiens und Spaniens tat sich auf unrühmliche Weise bei dieser Thematik hervor. In Italien gab es zwei sehr prominente Beispiele.

Im Jahr 2001 wechselte Pep Guardiola vom FC Barcelona zu Brescia Calcio in die Serie A. Am 21. Oktober und 4. November 2001 wurde er zwei Mal positiv auf Nandrolon - ein anaboles Steroid - getestet. Guardiola wurde von der FIFA und dem italienischen Fußballverband für vier Monate gesperrt.

Pep Guardiola im Brescia Trikot

Pep Guardiola im Trikot von Brescia Calcio.

2005, als er aus Italien längst weg war, verurteilte man ihn zu einer siebenmonatigen Haft- und einer Geldstrafe. Die Gefängnisstrafe musste er aber nie antreten. Guardiola war der erste Fußballer in Italien, den es auf Grundlage des damals neuen Doping-Gesetzes in dieser Härte traf.

Auf die Erfolgsserie von Juventus Turin in den neunziger Jahren legte sich ebenfalls ein dunkler Schatten. Das Gericht verurteilte Juve-Teamarzt Riccardo Agricola wegen Sportbetrugs durch Epo-Doping und Verabreichung gesundheitsschädlicher Medikamente zu einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis. Mindestens zwischen 1994 und 1998 soll in Turin systematisches Doping betrieben worden sein.

Fuentes und del Moral

Nicht weniger große Schlagzeilen zum Thema Doping wurden in Spanien in den 2000er Jahren geschrieben. Ein Name sticht dabei besonders heraus: Eufemiano Fuentes. Der Frauenarzt aus Gran Canaria war im Radsport, in der Leichtathletik, im Boxen, aber auch im Fußball aktiv.

2006 flog er auf. Davor soll er unter anderem für Real Sociedad San Sebastian, Betis Sevilla, FC Valencia, Real Madrid und den FC Barcelona "gearbeitet" haben. Fuentes wurde zu einer einjährigen Haftstrafe und vier Jahren Berufsverbot als Sportmediziner verurteilt.

Und dann war da noch Luis Garcia del Moral, der als Erfinder des Dopingsystems rund um Lance Armstrong gilt und von 1999 bis 2003 beim Radteam US Postal beschäftigt war. Del Moral bestreitet jegliche Beteiligung an Dopingpraktiken. Im US-Sport ist er allerdings im Zusammenhang mit Dopingvergehen lebenslang gesperrt. Nach seiner Tätigkeit bei US Postal arbeitete er für ein Beratungsinsitut für Sportler in Valencia. Dort warb man mit seiner Tätigkeit als medizinischer Berater für den FC Barcelona und den FC Valencia.