Geht beim DFB: Joti Chatzialexiou

Umstrukturierung im Verband Chatzialexiou verlässt den DFB

Stand: 12.12.2023 11:47 Uhr

Erst Indonesien, dann noch Wales: Das waren die letzten Dienstreisen, die Joti Chatzialexiou im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zuletzt unternommen hat.

Der Sportliche Leiter Nationalmannschaften war beim WM-Triumph der U17-Junioren ebenfalls zum Finale vor Ort wie beim letzten Schritt der DFB-Frauen in der Olympia-Qualifikation. Nun aber ziehen beide Seiten nach zwei Jahrzenten einen Schlussstrich.

Chatzialexiou verlässt auf eigenen Wunsch zum Ende des Jahres den größten Einzelsportverband der Welt, teilte der DFB am Dienstag (12.12.2023) mit: "Nach offenen Gesprächen mit der Geschäftsführung hat sich die DFB-Führung entschieden, dem 47 Jahre alten, gebürtigen Frankfurter den Wunsch zu erfüllen, neue berufliche Wege zu gehen." Die Trennung hat sich seit langem abgezeichnet. Durchaus möglich, dass Chatzialexiou künftig in der Bundesliga in einer noch zu bestimmenden Funktion weiterarbeitet, Kontakte zum VfB Stuttgart soll es bereits gegeben haben.

Deshalb betonte er auch: "Die Entscheidung nach genau 20 Jahren zu gehen, ist schon seit längerem in mir gereift, weil ich mir den Wunsch erfüllen möchte, mein Wissen und meine Leidenschaft für eine innovative Nachwuchs- und Eliteförderung gemeinsam mit meinem globalen Netzwerk nach inzwischen einem halben Berufsleben beim DFB auch noch an einer anderen Stelle im sich dynamisch entwickelnden internationalen Fußball einzubringen, um mich beruflich und persönlich neuen Herausforderungen zu stellen und andere Themenfelder zu bespielen."

In der neuen Struktur ist sein Posten nicht mehr vorhanden

Warme Worte gab es von seinem alten Arbeitgeber. "Mit Joti Chatzialexiou geht ein zentraler Player, der den DFB in den letzten zwei Jahrzehnten maßgeblich mitgestaltet hat. Er hat mit hohem Einsatz und großem Fachwissen hinter den Kulissen immer wieder entscheidende Weichen für den deutschen Fußball gestellt", teilte DFB-Präsident Bernd Neuendorf zum Abschied mit. Über die schleichende Entmachtung seines Angestellten verlor der Verbandschef kein Wort.

Neuendorf hatte durch die Inthronisierung von Andreas Rettig als Geschäftsführer Sport die vergangenen Monate eine Struktur abgesegnet, in der Chatzialexiou schlicht nach und nach überflüssig wurde. Denn für die A-Nationalmannschaft und die U21 ist bekanntlich bis zur EM 2024 Rudi Völler seit Jahresanfang zuständig, Hannes Wolf verantwortet seit Sommer den Nachwuchs, und bei den Frauen kommt ab 1. Januar nächsten Jahres nun Nia Künzer für den Bereich der Nationalelf sowie der weiblichen U20.

Es war seine Idee, Martina Voss-Tecklenburg zu holen

Chatzialexiou hatte sich speziell bei den Frauen tief in die Materie eingearbeitet: Es war seine Idee, 2018 nach dem ersten Intermezzo des erfolgreichen Interimstrainers Horst Hrubesch die in der Schweiz arbeitende Martina Voss-Tecklenburg als Bundestrainerin zum DFB zu lotsen. Beide bauten über die Jahre ein enges Vertrauensverhältnis auf, auch bei der WM 2023 in Australien war Chatzialexiou vor Ort, konnte als Korrektiv aber die Fehlentwicklungen nicht verhindern.

Gleichwohl hob Chatzialexiou in der Rückschau das Positive hervor und verschwieg die Misstöne der jüngeren Vergangenheit: "Es war mir immer eine große Ehre, für den DFB zu arbeiten. Ich gehe daher mit einem weinenden und einem lachenden Auge. In den letzten zwei Jahrzehnten konnte ich mit unseren Teams nicht nur vieles vorantreiben und viele Erfolge feiern, sondern ich habe großartige und engagierte Menschen kennengelernt. Viele Freundschaften fürs Leben sind in dieser Zeit entstanden."

Das Konstrukt von Oliver Bierhoff ist zerschlagen

Da jedoch die Männer-Nationalmannschaft sowohl bei der EM 2021 als auch bei der WM 2022 ein denkbar schlechtes Bild abgab, dazu die U21-Auswahl im vergangenen Sommer bei der EM früh scheiterte, geriet auch der Sportliche Leiter in die Kritik.

Seine Expertise haben viele im Verband geschätzt, aber vermutlich hatte der Experte schlicht zu viele Zuständigkeiten. Zudem wollte der Verband offenbar das Konstrukt des nach der WM in Katar geschassten Direktors Oliver Bierhoff in Gänze zerschlagen: Chatzialexiou galt lange als enger Vertrauter des Managers Bierhoff.

Auch der Akadamieleiter Tobias Haupt bekam zuletzt den Laufpass. Der 39 Jahre alte Professor aus dem Sportmanagement war persönlich von Bierhoff eingestellt worden. Chatzialexiou kam indes bereits im Dezember 2003 zum DFB und erlebte das "Sommermärchen" 2006 als Referent von Generalsekretär Horst R. Schmidt aus nächster Nähe.

Viel Lob für die Verdienste der Vergangenheit

Anschließend übernahm er als Manager die U 21-Nationalmannschaft und erarbeitete gemeinsam mit Sportdirektor Matthias Sammer grundlegende Reformen der Talentförderung für den deutschen Fußball.

"Chatzialexiou war aber nie nur am sportlichen Heute interessiert, sondern brachte sich mit Blick auf die Zukunft des Verbandes mit Oliver Bierhoff in die Konzeptionierung und inhaltliche Entwicklung der DFB-Akademie und den Aufbau des DFB-Campus stark ein", schrieb der DFB in seiner Mitteilung. Auf sportlicher Ebene sei er zudem verantwortlich für die Erstellung des innovativen Konzepts "Projekt Zukunft" gewesen.

Zuvor hatte er Verantwortung für alle U-Nationalmannschaften des DFB getragen und im Hintergrund mit den Sportdirektoren Robin Dutt, Hansi Flick und Hrubesch zusammengearbeitet, die neben seiner Fachkenntnis vor allem auch seine Loyalität zu schätzen wussten.