Brooklyns Star Kyrie Irving im Spiel gegen Chicago

Antisemitismus-Vorwürfe Kyrie Irving - ein NBA-Star im Abseits

Stand: 03.11.2022 07:56 Uhr

Kyrie Irving gilt schon länger als der etwas andere NBA-Star. Mit seiner Werbung für einen antisemitischen Film hat er sich nun aber komplett ins Abseits gestellt. Auf die Kritik reagierte der Profi der Brooklyn-Nets nun mit einer Großspende.

Einen seiner berühmtesten Auftritte hatte Kyrie Irving in einem Werbespot als "Uncle Drew". Als Opi verkleidet, schlurft Irving auf den berühmten Freiplatz "Rucker Park" in Harlem, fragt die jungen Basketball-Cracks, ob er mitspielen darf - und macht dann, natürlich, einen nach dem anderen nass.

Die Rolle des "Uncle Drew", die er später sogar in einem gleichnamigen Film spielen durfte, prägte Irving auch in der NBA: Der etwas andere NBA-Star, leicht durchgeknallt, immer für einen "Prank" zu haben.

Irving - anfällig für Verschwörungstheorien

Ein Bild, das sich lange hielt, auch als Irving mal über das wahre Aussehen von Dinosauriern sinnierte und darüber, dass die Erde womöglich doch eine Scheibe sei. Spätestens mit dem Bezug auf die "Flat Earth"-Theorie aber hätte eigentlich Schluss mit lustig sein müssen.

Irvings Anfälligkeit für Verschwörungstheorien wurde spätestens offensichtlich, als er sich hartnäckig gegen die Corona-Impfung weigerte, garniert mit den einschlägigen Begründungen. Dafür verpasste er den Großteil der vergangenen Saison, weil er laut Anordnung der New Yorker Behörden als Ungeimpfter nicht spielen durfte, und soll finanzielle Einbußen in Millionenhöhe hingenommen haben.

Irving teilt Film mit antisemitischen Narrativen

Bislang, so konnte man noch argumentieren, hatte Irving vor allem sich selbst geschadet. Und seinem Verein, der an ihm festhielt, weil er eben ein begnadeter Spielmacher ist.

Beim neuesten Kapitel der Kyrie-Saga allerdings verhält sich die Sache anders: Irving hatte in der vergangenen Woche auf seinem Twitter-Kanal einen Link zum Film "Hebrews to Negroes: Wake Up Black America" geteilt. Der Film, so berichten US-Medien unter Berufung auf Anti-Diskriminierungsorganisationen, basiert auf einem Buch, das rassistische und vor allem antisemitische Narrative verbreite.

Die Brooklyn Nets und die Liga reagierten entsetzt. Die NBA wandte sich in einer Erklärung gegen jede Form von "Hassrede". Auch die Spielergewerkschaft der NBA hat inzwischen ein Statement veröffentlicht und Antisemitismus verurteilt, ohne jedoch Irvings Namen zu erwähnen. Der Allstar sitzt auch im Vorstand der Gewerkschaft.

Nets-Besitzer Tsai über Irving: "Enttäuscht"

Joe Tsai, Besitzer der Nets, äußerte sich enttäuscht über Irving, der offenbar "antisemitische Desinformation" unterstütze und kündigte ein Gespräch mit dem Spieler an. Ob dies stattfand, ist unklar. Irvings Tweet verschwand im Anschluss zwar von dessen Account.

Öffentlich verweigerte er sich aber weiter gegen jede Kritik. Er werde nicht von seinen Überzeugungen abrücken, betonte er in einer Medienrunde nach dem Nets-Spiel. Mehr noch: Die Kritik werde ihn noch bestärken, denn er sei nicht alleine: "Ich habe eine ganze Armee um mich herum."

US-Filmemacher: "Grenze zum Gefährlichen überschritten"

Damit, so der afro-amerikanische Filmemacher Jesse Washington beim Online-Magazin "Andscape", habe Irving eine Grenze zum "Gefährlichen" überschritten: "Er hat zwar nicht zu Gewalt aufgerufen, aber es gibt genügend Verschwörungsgläubige, die sich für Soldaten halten und bereit sind, für ihre verdrehten Ansichten zu töten."

Indem Irving, als berühmter Basketballer mit großer Aufmerksamkeit, einen Link zu einem Film veröffentlicht, der jüdische Menschen als Feindbild malt, könnte er damit Munition für den nächsten Killer liefern, befürchtet Washington, der sich in seinen Dokumentarfilmen mit Rassismus und Diskriminierung beschäftigt.

Irving spendet 500.000 Dollar

Um weiteren Druck auf Verein und Liga zu nehmen, hat Irving inzwischen reagiert. Der Superstar will als Reaktion auf seine Äußerungen 500.000 Dollar (knapp 510.000 Euro) spenden. Die Nets verdoppeln den Betrag auf eine Million Dollar. Das Geld soll an eine Organisation gehen, die sich gegen Hass in der Gesellschaft einsetzt.

Irving räumte ein, dass sein Verhalten unüberlegt gewesen sei. "Ich lehne alle Formen von Hass und Unterdrückung ab und stehe fest an der Seite von Gemeinschaften, die jeden Tag an den Rand gedrängt werden", sagte der 30-Jährige: "Ich bin mir der negativen Auswirkungen meines Beitrags auf die jüdische Gemeinschaft bewusst und übernehme die Verantwortung. Ich glaube nicht, dass alles, was in dem Dokumentarfilm gesagt wurde, wahr ist oder meine Moral und Prinzipien widerspiegelt."

Nets-Fans protestieren gegen Irving-Aussagen

Beim Spiel gegen Indiana am vergangenen Wochenende hatte eine Gruppe von Fans in der ersten Reihe mit "Bekämpft Antisemitismus"-Shirts protestiert. Weitere Nets-Fans forderten Konsequenzen für Irving, auch die Sponsoren werden vom Verein ein Signal erwarten.

Beim Spiel gegen Chicago bekam Irving vorsorglich Interviewverbot: Man wolle nicht noch mehr Ärger, sagte Sean Marks, General Manager der Nets.

Marks kündigte bei ESPN an, dass der Verein sich mit Experten wie der Anti-Defamation-League über das weitere Vorgehen beraten wolle. Und darüber, wie man Irving wieder aus der Antisemitismus-Ecke herausbekommt.