NBA-Profi Chris Paul Basketballstar mit Botschaft: "Du kannst jetzt nicht aufgeben"

Stand: 06.07.2021 09:39 Uhr

Chris Paul ist ein genialer Spielmacher und einer der Stars der NBA. Meister ist er trotzdem nie geworden. Nun hat er erstmals die Chance. Nach 16 Jahren. Paul steht mit den Phoenix Suns im Finale gegen die Milwaukee Bucks. Auch, weil er sich einen Gospel zu Herzen nahm.

Der 16. Juli 2019 ist ein Tag, an dem Chris Paul in der NBA vor einem Neuanfang steht. Mal wieder. Allerdings ist es keiner, der ihn fasziniert wie noch sein Wechsel 2011 von New Orleans zu den Los Angeles Clippers. Oder der Tausch von L.A. zu den Houston Rockets 2017.

Nein, diesmal geht es zu keinem Team, das mit ihm das vermeintlich letzte, fehlende Puzzle-Teil holt, um ein klarer Titelanwärter zu werden. Diesmal wird Paul von Houston nach Oklahoma City abgegeben. Im Tausch für den dreieinhalb Jahre jüngeren Russell Westbrook. Der soll nun an der Seite von Platzhirsch James Harden Houston endlich zum Titel führen - nachdem es mit Paul in zwei aufeinanderfolgenden Jahren nicht geklappt hat.

Letzte Chance auf NBA-Titel 2019 scheinbar vorbei

Oklahoma, so viel ist Paul klar, hat keine Meisterschafts-Ambitionen - und auch gar nicht die Mannschaft, um ernsthaft irgendwelche Ansprüche stellen zu können. Er ist 34 Jahre alt, seit mittlerweile 14 Jahren in der NBA. Er gilt als bester Spielmacher seiner Generation, ist etliche Male ins Allstar-Team gewählt worden und hat 2008 und 2012 mit den USA jeweils Olympiagold gewonnen. Doch NBA-Meister ist er 2019 immer noch nicht. Und die letzte Möglichkeit, es überhaupt einmal ins Finale zu schaffen, scheint nun vorbei zu sein.

Als ihm all dies durch den Kopf geht, hört Paul an jenem 16. Juli 2019 zufällig ein Lied, das ihn anspricht. Dessen Text zu seiner Situation passt. "Can’t give up now" (Du kannst jetzt nicht aufgeben) lautet der Song der Schwestern Erica und Trecina Atkins-Campbell, die seit 1998 das Gospelduo "Mary Mary", bilden. "Ich kann jetzt einfach nicht aufgeben. Ich bin zu weit gekommen", heißt es im Refrain. Und weiter: "Und ich glaube nicht, dass er (Gott) mich so weit gebracht hat, um mich zu verlassen."

Gospel-Titel auf den Schuhsohlen

Er habe sich den Gospel-Titel seitdem vor jedem Spiel auf seine Schuhe geschrieben, verriet Paul vergangene Woche, als er mit den Phoenix Suns endlich erstmals die NBA-Finalserie erreicht hatte.

161 Spiele hat der Point Guard seit jenem Wechsel vor zwei Jahren bestritten: 77 für OKC und 84, seitdem er im November nach Phoenix kam. 161 mal war "Can’t give up now" auf den Außenseiten seiner Sohlen zu lesen.

Der 1,83-Meter große Spielmacher hat nicht aufgegeben. Nicht in Oklahoma. Und schon gar nicht in Phoenix, wenngleich niemand zu Saisonbeginn dort ahnen konnte, dass die Suns nach elfjähriger Playoff-Abstinenz gleich bis ins Finale kommen würden. Er hat sich die Worte des Liedes zu Herzen genommen. Sie haben ihn inspiriert und motiviert. "Dort werden Berge sein, die ich erklimmen muss. Und dort werden Schlachten sein, in denen ich kämpfen muss", singen "Mary Mary".

"Wir geben alles für ihn"

Die wichtigste Schlacht in der sportlichen Karriere des Christopher Emmanuel Paul beginnt heute Nacht. Die erste Partie der Endspielserie gegen die Milwaukee Bucks wird Pauls 1214. NBA-Spiel sein. Laut NBA.com hatte nur Kevin Willis noch mehr Einsätze (1428), bevor er erstmals in einem Endspiel stand.

"Er hat es unbedingt gewollt, so viel reingesteckt. 16 Jahre sind eine lange Zeit. Wir geben alles für ihn", sagt Devin Booker. Er ist zwar erst 24 Jahre jung, aber bereits der Star des Teams. Doch trotz seines Talents hatte Booker es bislang nicht geschafft, Phoenix in die Playoffs zu bringen. Auch die Addition des talentierten Centers DeAndre Ayton vor drei Jahren war noch nicht genug.

Der erfahrene Anführer der jungen Suns

Was den jungen, viel versprechenden Suns gefehlt hat, ist ein erfahrener Anführer. Einer, der die Ruhe behält und Verantwortung übernimmt, wenn es knifflig wird. Einer, zu dem sie aufschauen und von dem sie lernen können. Eben einer wie Chris Paul. "Er hat keine Angst vor den großen Momenten. Für Chris geht es nur ums Gewinnen", hebt Trainer Monty Williams hervor.

"Ich liebe ihn. Er ist der einzige Mitspieler, der mich richtig pushed. So wie ein großer Bruder. Ich denke, er ist das Beste, was mir in meiner Karriere passieren konnte", ergänzt der 22-jährige Ayton.

Charles Barkley bezeichnet Paul gar als "besten Anführer, den ich seit langer Zeit in der NBA gesehen habe." Der Ex-Profi der Suns und heutige TV-Experte sieht den Spielmacher als Hauptgrund, warum Phoenix nach der Vorrunde die Nummer zwei in der Western Conference war und nun sogar im Finale steht. "Er ist der einzige Unterschied in der Mannschaft zum Vorjahr, als sie nicht mal die Playoffs erreicht haben", betont Barkley.

Ein Lied, eine Legende?

"Sieg oder Niederlage - die Entscheidung liegt bei mir. Doch wie kann ich erwarten zu gewinnen, wenn ich es nicht versuche?", heißt es in einer Passage des Gospel-Songs. Chris Paul hat nun seine lang ersehnte Chance. Seinen Versuch, den wichtigsten Titel zu gewinnen, den es im Basketball gibt. Er wird sich wieder die vier magischen Worte auf seine weißen Schuhsohlen schreiben. "Can’t give up now". Ein Lied, ein Leitgedanke, eine Leidenschaft - und vielleicht ja in einigen Tagen auch eine Legende.