Stephen Curry von den Golden State Warriors mit der Trophäe.

Meister in der NBA Cool, keck, Curry - Warriors zurück auf dem Thron

Stand: 17.06.2022 12:47 Uhr

Vor zwei Jahren waren die Golden State Warriors verletzungsbedingt das schlechteste Team der NBA. Nun sind sie Meister - und Steph Curry ist endlich Final-MVP.

Von Heiko Oldörp, Boston

Die Partie lief noch. Es waren in diesem sechsten Finalspiel zwischen den Boston Celtics und den Golden State Warriors noch rund 18 Minuten zu absolvieren. Doch der Schiedsrichter hätte das Match getrost beenden können - ja eigentlich beenden müssen. Daran bestand nun kein Zweifel mehr. Stephen Curry hatte soeben seinen fünften Dreier im Celtics-Korb untergebracht, Golden State führte 72:50.

Noch interessanter als dieser Wurf und der große Vorsprung war jedoch Currys Reaktion. Er drehte sich zum Publikum und deutete mit seinem linken Zeigefinger auf den rechten Ringfinger. So nach dem Motto: Dort werde ich meinen vierten Meisterschaftsring tragen. Und ihr könnt absolut nichts dagegen tun.

Curry dreht in Spiel vier die Serie

Es war eine Mischung aus Coolness, Keckheit und Können - und irgendwie typisch Curry. Während sie in Boston vergeblich darauf warteten, dass ihr, zugegeben erst 24 Jahre alter Star, Jayson Tatum endlich mal ein überragendes Spiel in diesen Finals zeigt, war es Curry gewesen, der die Serie zugunsten seiner Warriors gedreht hatte. Beim wichtigen 107:97-Auswärtssieg in Spiel vier warf und traf er beinahe, wie er wollte, erzielte 43 Punkte und war der Hauptgrund für den 2:2-Gesamtstand.

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Und nun war er am Donnerstagabend auch derjenige, der diese NBA-Endspiele beendete. Mit 34 Zählern war Curry erneut erfolgreichster Werfer. Und er wurde - und diese Wahl konnte nur auf ihn fallen - zum "wertvollsten Spieler" (MVP) dieser Finalserie gekürt. Es war der letzte bedeutende Titel, der ihm noch fehlte.

Trainer Kerr: "Steph ist der Grund für diese Dekade"

Die Warriors haben seit 2015 nun vier Meisterschaften gewonnen. Draymond Green gilt als der Anker in der Abwehr. Über die Sprungwürfe von Klay Thompson müssten dicke Bücher geschrieben werden, so wunderschön und perfekt sind sie. Doch der große Name und das Gesicht dieses Vereins ist dieser Wardell Stephen Curry, den sie überall "Steph" rufen.

"So großartig die Organisation auch ist, angefangen von den Eigentümern, Steph ist der Grund für diese Dekade. Er ist ein überweltlicher Athlet und Mensch", meinte Warrios-Trainer Steve Kerr. Bei "ESPN" war von der "Steph Curry-Ära" die Rede. Seit 2009 spielt er für Golden State, hat einiges erlebt. Die grandiosen Jahre mit fünf Finalteilnahmen und drei Titeln von 2015 bis 2019 zum Beispiel.

Tränen nach dem Titelgewinn

Aber auch den Absturz 2020, als Thompson und er selbst verletzt fehlten - und Golden State das Schlusslicht der Liga war. Der harte Weg zurück aus dem Tal, dieser Aufstieg innerhalb vom zwei Jahren hinauf auf den NBA-Gipfel, daran musste Curry offenbar nach dem Schlusspfiff denken. Und er konnte seine Emotionen nicht verbergen, weinte und schluchzte. Er sagte: "Zu Saisonbeginn hätte außer uns niemand geglaubt, dass wir hier stehen würden. Wir waren so weit weg, waren am Tiefpunkt."

Er war zum sechsten Mal in einem NBA-Finale. Doch er weiß es mehr denn je zu schätzen. "Sehe niemals etwas als selbstverständlich an", mahnte er. "Denn du weißt nie, wann du mal wieder soweit kommen wirst." Geht es jedoch nach den Buchmachern, gelten die Warriors als Topfavorit auf den Titel 2023, gefolgt von Boston.

Schnellstart Boston, Zwischenspurt Golden State

Die Celtics hatten sich vor dem Alles-oder-nichts-Spiel gegen Golden State selbstbewusst gegeben. Man habe "keine Angst" (Jaylen Brown) und der Deutsche Daniel Theis sagte, man sei "weiterhin nur zwei Siege vom Titel entfernt." Die Boston Celtics starteten auch hoffnungsvoll, führen nach vier Minuten 14:2.

Doch anschließend machten die kalifornischen Krieger deutlich, dass sie die Schlacht um die NBA-Krone hier und jetzt gewinnen wollten. Im TD Garden von Boston. Unterhalb der 17 Meisterbanner der Celtics.

Es folgte ein 35:8-Zwischenspurt, und als Klay Thompson in der 21. Minute den Ball zum 51:33 in den Korb legte, gab es erste Buhrufe der Celtics-Fans. Das Spiel hatte mittlerweile Trainingscharakter. Die Gastgeber leisteten sich erneut Fehler, etwa zu viele Turnover, und die Gäste nutzen das dankbar aus. Sogar Draymond Green traf plötzlich per Dreier.

Celtics so grün wie ihre Vereinsfarben

Die Celtics wirkten mitunter wie eine Ansammlung von Akteuren, die sich erst kurz vor Spielbeginn zufällig vor der Arena getroffen und beschlossen hatten, mal bisschen Basketball zu zocken. Kaum etwas klappte. Ausgerechnet in diesem wichtigsten Spiel der Saison, in diesem "must win game", präsentierten sie sich häufig so grün wie ihre Vereinsfarben.

Einige Ballverluste grenzten gar an Slapstick - es fehlte nur noch Benny-Hill-Musik zur Untermalung. "Es tut weh, und das wird auch noch einige Weile weh tun", gab Trainer Ime Udoka einen Einblick in das Seelenleben des Teams. Doch er wusste auch, welche Botschaft in der Stunde der Niederlage wichtig ist. "Lerne daraus, wachse, und mache die Fehler nächstes Jahr nicht nochmal."

Mitspieler wollten Titel für Curry

Er wisse, wie die Celtics sich fühlen würden, sagte dann auch der Warriors Trainer Kerr. Denn er selbst habe zweimal die NBA-Finals verloren. Zuletzt 2019 gegen Toronto. Doch die kleine, titellose Zeit ist nun vorbei. Die Warriors sind wieder die Besten im Basketball-Business. "Champs, Baby", brüllte Curry in der Kabine, während er mit einer großen Champagner-Flasche um sich spritzte.

Kerr genoss diese Bilder. "Wir haben uns immer wieder gesagt, dass wir alles tun und diesen Titel für Steph wollen", sagte er und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Ich weiß, das klingt ironisch, denn er macht ja alles für uns."