Kein Rennen im aktuellen Kalender Ski Alpin - das schleichende Ende der Kombination

Stand: 10.11.2021 09:50 Uhr

Im alpinen Rennkalender stehen für die Saison 2021/22 sechs Disziplinen von Abfahrt bis Slalom. Nur eine fehlt: die Alpine Kombination. Steht die Traditions-Disziplin vor dem Aus?

Die Alpine Kombination, bestehend aus einem Speed- und einem Slalomrennen, ist die Mutter des alpinen Skisports. Bei den Winterspielen im Jahr 1936 in Garmisch-Partenkirchen feierten die alpinen Skirennen ihre Olympia-Premiere - und die Kombination war der einzige Wettbewerb. Auch in Peking 2022 werden in der Kombination wieder Olympia-Medaillen vergeben. Es könnte das letzte Mal sein.

Zum zweiten Mal nicht im Weltcup-Programm

Seit Jahren schon machen Gerüchte zum Aus die Runde. Im vergangenen Winter schaffte es die Disziplin zwar noch zur WM in Cortina d'Ampezzo, corona-bedingt aber nicht in den Weltcup-Kalender. Doch in der neuen Saison ist sie gar nicht im Programm. Trotz zahlreicher Bemühungen sei es nicht gelungen, einen Ausrichter und einen geeigneten Platz im Kalender zu finden, begründet der Weltverband FIS.

Die Stimmung beim Deutschen Skiverband ist gemischt. "Grundsätzlich ist der Gedanke hinter der Disziplin ein sehr schöner, nämlich den besten Allrounder im Alpinen Skisport zu finden", sagt etwa Slalom-Spezialist Linus Straßer, der in der Kombination bei der WM 2019 in Åre auf den fünften Platz fuhr. Doch ebenso wie sein Kollege Simon Jocher und Männer-Bundestrainer Christian Schwaiger ist er der Meinung: "So, wie es aktuell mit der Alpinen Kombination läuft, funktioniert es leider nicht."

Falsche Startreihenfolge und schlecht präparierte Pisten

Dabei hat es an Versuchen, die Rennen spannender und dadurch TV-freundlicher zu machen, nicht gemangelt. Erst änderte die FIS die Reihenfolge der Disziplinen, dann die der Starter. Doch genau die neue Startreihenfolge machen Athleten und Trainer beim DSV für die sinkende Beliebtheit verantwortlich. Straßer sagt: "Der Wechsel der Startreihenfolge ist katastrophal. Wenn bei einer schlechten Piste auch noch die schnellsten vorausfahren, ist der Wettbewerb schnell entschieden und damit für die Zuschauer unglaublich langweilig." Es entstehe das Gefühl, dass die FIS nicht mehr hinter der Alpinen Kombination stehe.

Da sich Alpin-Größen wie Mikaela Shiffrin oder früher Marcel Hirscher zudem lieber auf ihre Parade-Disziplinen konzentrierten und bei der Kombination nicht mehr an den Start gingen, fehlten der Disziplin auch die Stars. Die FIS sagt: "Dies ist auch der Grund, warum die Formate geändert wurden - um eine Kombination zu finden, die das breiteste Feld von Athleten anspricht und ein attraktiveres und wettbewerbsfähigeres Rennen ermöglicht." Bundestrainer Schwaiger glaubt dagegen, bei genügend Kombi-Wettbewerben im Weltcup würden sich die Athleten auch wieder darauf vorbereiten.

Kombination nur bei Großereignissen?

Schwaiger tut sich schwer, sich von der Disziplin zu verabschieden. "In der Vergangenheit hat es durchaus spannende Kombi-Wettbewerbe gegeben, zu Zeiten einer Maria Höfl-Riesch. Aber wenn es die Disziplin nur noch bei Großereignissen gibt, hat sie keine Zukunft." Ein Aus der Disziplin im Weltcup dementiert die FIS allerdings: "Solange die Alpine Kombination ein Teil des olympischen Programms bleibt, wird sie auch im Weltcup-Kalender stehen, da sich die Athletinnen und Athleten über ihre Weltcup-Punkte für Olympia qualifizieren."

Für Peking 2022 gilt aufgrund der Corona-Situation der Qualifikationszeitraum 1. Juli 2019 bis 16. Januar 2022. Während Linus Straßer noch nicht sicher ist, ob er die Kombination bei Olympia fahren will, würde Speedfahrer Simon Jocher die Chance auf Medaillen gerne nutzen: "An sich ist die Kombi eine coole Disziplin und das Ziel, den vielseitigsten Alpin-Fahrer zu finden, reizt mich." Bei der WM 2021 zeigte er bereits, dass ein Allrounder in ihm steckt und fuhr auf Rang fünf.

Ski Alpin Porträtbild - Trainer Christian Schwaiger

Trainer Christian Schwaiger

Parallelrennen statt Alpine Kombination?

In den vergangenen Jahren hat die FIS mit Formaten experimentiert, die die Kombination möglicherweise ersetzen könnten. Etwa Parallelwettbewerbe als City Events wie in Oslo oder Stockholm. Das Entertainment dahinter findet Linus Straßer gut, doch auch hier fehlt ihm eine klare Linie seitens der FIS. Außerdem standen die Rennen aufgrund der Chancengleichheit bereits in der Kritik. "Auch bei den Parallelrennen ist man bislang keinen konsequenten Weg gegangen und damit ist es für viele Zuschauer schwer, das Format einzuordnen", kritisiert auch Schwaiger.

Die Diskussion um die Alpine Kombination ist nicht die einzige, die bei der FIS im Skisport geführt wird. Auch die Möglichkeit eines neuen Weltcup-Systems mit Auf- und Abstieg, ein Wegfall des Super-G und ein zusätzliches Großevent sollen nach Angaben der US-Presseagentur AP zur Überlegung stehen. Konkrete Pläne dazu gebe es bislang nicht, ebenso wenig zu einem Auf- und Abstiegssystem, erklärte der Internationale Skiverband auf Anfrage.

Beim 53. Internationalen Skikongress von 22. bis 28. Mai 2022 in Vilamoura (Portugal) könnten diese Themen konkreter besprochen werden. Und auch die Zukunft der Alpinen Kombination wird dann vermutlich erneut auf dem Prüfstand stehen. DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier hat sich seine Meinung jedenfalls schon gebildet. Er sagte dem BR: "Was wir nicht unbedingt haben müssen, ist die Kombination. Was wir definitiv nicht haben müssen, sind die City-Events."