Langlauf-Olympiasiegerin Katharina Hennig hat bei der Tour de Ski ihren ersten Weltcup-Sieg eingefahren.

Langlauf Katharina Hennig - endlich wieder eine Medaillenhoffnung

Stand: 09.01.2023 09:39 Uhr

Diese Tour de Ski macht Lust auf die Nordische-Ski-WM: Mit Katharina Hennig hat der deutsche Langlauf wieder eine Medaillenhoffnung. Und Hennig ist eine Frau für historische Momente.

Kurz nach Weihnachten meldete sich Langläuferin Katharina Hennig bei Bundestrainer Peter Schlickenrieder und Frauen-Disziplintrainer Per Nilsson. Hennig hatte keine guten Nachrichten. Eine Erkältung, eingefangen beim Weihnachtsurlaub plagte die 26-Jährige. Kurz vor der Tour de Ski war unklar, ob die Sächsin überhaupt starten kann. Rund zehn Tage später strahlt die gleiche Hennig an der Alpe Cermis von Val di Fiemme. "Ich bin sehr glücklich. Meine Familie ist da. Es gab Sekt zum Anstoßen. Jetzt ist alles gut!", freute sie sich am Sonntag (08.01.2023). "Das hat eine Riesenbedeutung für mich. Wenn mir das einer vor anderthalb Wochen vorhergesagt hätte, ich hätte das nicht geglaubt."

"Das geht in die Geschichte ein"

Hennig hatte die Tour de Ski gerade als Gesamt-Fünfte und damit als beste Deutsche in der Geschichte des Langlauf-Etappenrennens beendet. Für einen historischen Moment sorgte sie bereits am Samstag, als sie über 15 Kilometer klassisch zu ihrem ersten Weltcupsieg und zum ersten Weltcuperfolg einer deutschen Langläuferin seit 2009 lief. "Das geht in die deutsche Langlauf-Geschichte ein", jubelte auch Bundestrainer Schlickenrieder.

Langlauf-Olympiasiegerin Katharina Hennig hat bei der Tour de Ski ihren ersten Weltcup-Sieg eingefahren.

Langlauf-Olympiasiegerin Katharina Hennig hat bei der Tour de Ski ihren ersten Weltcup-Sieg eingefahren.

Hennig taktisch und mental in der Weltklasse

In den turbulenten Tagen zwischen den Weihnachtsferien und dem Tour-de-Ski-Finale stellte Hennig unter Beweis, dass ihre zwei Team-Olympiamedaillen von Peking 2022 kein Ausrutscher waren. Hennig ist taktisch und mental zur Weltklasse-Athletin gewachsen.

Lehrgeld musste die Klassik-Spezialistin genug zahlen. Zum Beispiel bei der WM 2017, als die 20-Jährige als Startläuferin der deutschen Frauen-Staffel einbrach und das DSV-Team um alle Medaillenhoffnungen brachte. Oder bei der Heim-WM 2021, als sie über 30 Kilometer klassisch lange auf Medaillenkurs lag, doch erneut ihre Kräfte falsch einschätzte und am Ende nur 18. wurde.

"Nicht zu träumen gewagt"

Bei der Tour 2022/23 unterstrich sie einmal mehr, dass sie aus den Fehlern gelernt hat. Beim Sieg über 15 Kilometer hielt sie sich lange in der Spitzengruppe zurück, um in der letzten Abfahrt anzugreifen und mit unwiderstehlichem Doppelstockschub zu ihrem ersten Sieg zu laufen. Eine "taktische Meisterleistung" lobte Schlickenrieder das kluge Renn-Verhalten seiner besten Athletin. Hennig selbst war auch Stunden nach dem Rennen noch ungläubig: "Ich bin über-, über-, überglücklich nach dem heutigen Tag. Dass der am Ende so ausgeht, hätte ich nicht zu träumen gewagt."

Historische Momente

Dabei ist Katharina Hennig eine Frau für die Geschichtsbücher: Nicht erst seit Samstag in Val di Fiemme, dem ersten Weltcupsieg einer deutschen Langläuferin nach 14 Jahren. Bei Olympia 2022 schrieb sich Hennig als Teil der Silber-Staffel, die die erste olympische Medaille seit 2014 gewann, in die Historie ein. Wenig später jubelte Hennig zusammen mit Victoria Carl über Olympia-Gold im Teamsprint – der ersten deutschen Langlauf-Goldmedaille seit 2002 – und dank des legendären Gold-Kommentars von Sportschau-Reporter Jens Jörg Rieck wissen alle, dass "Ja, hast Du denn die Pfanne heiß?" keine spezifische Fachfrage in einer Kochshow ist. Später im Jahr wurde Hennig als erste Langläuferin zu Deutschlands Skisportlerin des Jahres gewählt.

Geändert haben die Triumphe einiges im Leben von Hennig. "Jetzt ist mehr Aufmerksamkeit. Der deutsche Langlauf war ja lange Zeit unter dem Radar. Die Challenge ist, das mit dem Training unter einen Hut zu bekommen", sagte Hennig bereits im Sommer im Mitteldeutschen Rundfunk. Andererseits, so erklärte die im Allgäu lebende und trainierende 26-Jährige: "Die wichtigen Dinge sind geblieben. Und das ist auch gut so."

Mit zwei Jahren erstmals auf den Ski

Die wichtigen Dinge, das ist für Hennig vor allem die Familie. "Mein Lebensmittelpunkt ist der Allgäu. Meine Familie im Erzgebirge ist aber das Wichtigste. Da lade ich seelisch auf." Mutter Karen, selbst ehemalige Langläuferin, und Vater Heiko, einst Nordischer Kombinierer, hätten schließlich auch ihren Anteil an den jetzigen Erfolgen. "Mit zwei Jahren hatte ich erstmals Ski unter den Füßen. Meine Eltern und auch mein erster Trainer beim SV Neudorf haben damals viel auf sich genommen."

Seit 2003 keine Frauen-Medaille bei der WM

Und sie alle werden mitfiebern, wenn es ab Ende Februar im slowenischen Planica um WM-Medaillen geht. Hennig ist nun eine der großen deutschen Hoffnungen. In der 4x5-Kilometer-Staffel soll es die erste Medaille seit 2009 geben. In einem Einzelrennen warten die deutschen Frauen bereits seit 2003 (Sprint-Silber für Claudia Nystad und 10-km-Verfolgungs-Silber für Evi Sachenbacher-Stehle) auf eine Einzel-Medaille.

Auf die 30 Kilometer klassisch dürfte sich Hennig besonders freuen. Weil sie mit den 30 WM-Kilometern seit 2021 noch eine Rechnung offen hat. Weil sie nach Olympia 2022 selbstbewusst sagte: "Eine Team-Medaille ist toll, ich möchte aber auch eine Einzel-Medaille gewinnen." Und weil es noch nie eine deutsche WM-Medaille über 30 Kilometer gab.

Lange Regenerations-Pause

Die wichtigste "Challenge mit Blick auf die WM", so Bundestrainer Schlickenrieder wird jetzt das richtige Auftanken der Akkus sein. "Aufzupassen, dass man nicht zu zeitig wieder einsteigt und die Regeneration abbricht." Der neue Frauen-Disziplin-Trainer Nilsson setzt mit Trainerkollege Axel Teichmann dabei erst einmal auf interne Leistungstests. Erst beim Weltcup Anfang Februar in Toblach soll das gesamte deutsche Top-Team wieder am Start sein.