Tennisspielerin Tatjana Maria ist fassungslos nach ihrem Halbfinaleinzug

Viertelfinale in Wimbledon Maria gewinnt Tennis-Krimi gegen Niemeier

Stand: 05.07.2022 21:44 Uhr

Tatjana Marias Siegeszug in Wimbledon geht weiter. Im dramatischen Viertelfinale gegen Landsfrau Jule Niemeier zeigte sie erneut Comeback-Qualitäten.

Tatjana Maria ließ den Schläger fallen, schlug die Hände vor den Mund und, als sie Jule Niemeier am Netz in den Arm fiel, kamen ihr die Freudentränen. Nach einem anfangs nervösen, am Ende dramatischen und emotionalen Viertelfinale trennen sich die Wege der beiden deutschen Wimbledon-Überraschungen. Maria spielt nach ihrem nächsten Comeback um den Einzug ins Finale, Niemeier reist nach ihrem denkwürdigen Debüt im All England Club und dem bislang größten Erfolg ihrer jungen Karriere nach Hause.

Maria verwandelte nach 2:18 Stunden ihren ersten Matchball zum 4:6, 6:2, 7:5. In ihrer Box jubelte Ehemann Charles Edouard, die Töchter Charlotte (8) und Cecilia (1) dürften kleine Stars in der Kinderbetreuung im Trainingspark gewesen sein. Ihre Mama im Halbfinale des bedeutendsten Tennisturniers der Welt - damit hatte niemand gerechnet.

Lange Umarmung am Netz

"Ich habe überall Gänsehaut", sagte Maria im Court-Interview nach der Partie. "Es war so eine harte Partie gegen Jule. Wir kommen beide aus demselben Land und haben Deutschland heute stolz gemacht, denke ich."

Maria und Niemeier ware in der Bundesliga einmal gemeinsam für den Essener Verein TC Bredeney im Einsatz, haben aber noch nie zusammen trainiert oder gegeneinander gespielt. Trotzdem fiel die Umarmung am Netz nach dem Matchball innig und lang aus. "Ich hätte sie am liebsten gar nicht mehr losgelassen", sagte Maria zur Sportschau. "Wie sie reagiert hat - Hut ab, sie hat sich wirklich für mich gefreut."

Niemeiers Worte an Maria

Welche Worte bei der Umarmung gefallen sind, verriet Niemeier der Sportschau. "Ich habe ihr gesagt: Wenn ich es jemanden gönne, im Halbfinale zu stehen, dann ihr. Weil ich weiß, wie viel sie investiert, dass sie zwei Kinder hat und wie viel Arbeit dahintersteckt."

Sportlich habe sie sich selbst wenig vorzuwerfen, sagte Niemeier. Maria habe "am Ende extrem gut gespielt, mir kaum freie Punkte gegeben. Sie hat die Bälle kurz und flach gelegt, sodass ich auch beim Volley nicht mehr wirklich etwas machen konnte. Deshalb kann ich mir wenig vorwerfen heute."

Niemeier - "Hoffe, dass noch viele Viertelfinals folgen"

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Maria jetzt gegen Jabeur oder Bouzkova

Maria, geborene Malek, spielt nun im Alter von 34 Jahren und nur 15 Monate nach der zweiten Geburt als fünfte Deutsche um den Einzug ins Wimbledonfinale. Dort trifft sie am Donnerstag (07.07.2022) auf ihre gute Freundin Ons Jabeur. Die Weltranglisten-Zweite aus Tunesien gewann ihr Viertelfinale gegen die Tschechin Marie Bouzkova 3:6, 6:1, 6:1.

"Es ist ein Traum, das mit meiner Familie zu erleben", sagte Maria. "Vor einem Jahr habe ich quasi nur gestillt." Immer wieder macht sie sich stark für mehr Unterstützung von Müttern auf der WTA-Tour.

Tatjana Maria über Mütter auf der WTA-Tour

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Niemeier startet besser

Steffi Graf hatte den Titel in Wimbledon siebenmal gewonnen, Angelique Kerber 2018 triumphiert, Sabine Lisicki 2013 das Endspiel erreicht, und auch Julia Görges war vor vier Jahren ins Halbfinale vorgestoßen.

Nun also Maria - und nicht Niemeier, die als leichte Favoritin galt. Und zu Beginn sah es tatsächlich so aus, als könne Niemeier gewinnen. Marias gefürchteter Slice, dieser Unterschnitt, der ihre namhaften Gegnerinnen zuvor zur Verzweiflung gebracht hatte, sprang nicht so scharf ab wie gewohnt. Und obwohl Niemeier etliche Doppelfehler servierte, lief Maria im ersten Satz einem frühen Break vergeblich hinterher.

Maria mit großem Kämpferherzen

Erst mit ihrem zweiten Aufschlagverlust fand sie ins Match, drehte einen 0:1-Rückstand in eine 4:1-Führung und schaffte den Satzausgleich. Auch im dritten Satz holte Maria ein 2:4 wieder auf - und kann dank ihres Kämpferherzens weiter vom Titel träumen. Niemeier darf sich mit umgerechnet 360.000 Pfund Preisgeld trösten, sie verdoppelt damit ihre bisherigen Einnahmen.

Maria hat durch den Halbfinal-Einzug 620.000 Euro sicher. Weltranglistenpunkte bekommen beide aber nicht, die waren dem Turnier in Wimbledon nach dem Ausschluss russischer und belarusischer Spielerinnen und Spieler entzogen worden. Für das Hauptfeld bei den US Open brauchen beide in den kommenden Wochen gute Ergebnisse - zumindest am Selbstvertrauen sollte es nach Wimbledon nicht scheitern.