Novak Djokovic in Aktion.

Männerfinale bei den US Open Novak Djokovic - der Jahrhundertspieler vor der Krönung

Stand: 10.09.2023 11:11 Uhr

Novak Djokovic steht wieder einmal in einem Grand-Slam-Finale. Der 36-Jährige ist einfach nicht zu stoppen. Lediglich die Aussicht auf Rekorde scheint dem Serben leichte Probleme zu bereiten.

Als Novak Djokovic zum Telefon-Jubel ansetzte, da überschritt er wieder einmal einen kritischen emotionalen Punkt. Schließlich hatte sein Gegenüber Ben Shelton bei seinen vorangegangenen Siegen bei den US Open stets die rechte Hand mit abgespreiztem Daumen und kleinen Finger ans Ohr gelegt und ein imaginäres Telefon bedient. Bis zu diesem Halbfinale hatte der 20 Jahre alte US-Amerikaner diese Geste ausgiebig zelebriert.

Der 36 Jahre alte Serbe bediente sich nach seinem verwandelten Matchball im Halbfinale dieses Jubels - und signalisierte damit, dass er seine Gegner nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben nicht nur besiegen, sondern auch sonst beherrschen will. Es ist diese Mischung aus bedingungsloser Verbissenheit, einer Form der Respektlosigkeit und eines schier unermesslichen Selbstbewusstseins bis hin zur Überheblichkeit, die sich bei Djokovic zu einer Melange der schieren Übermacht verwandeln, die ihn zu einem Jahrhundertspieler gemacht hat.

So gut wie Bill Tilden

Der Serbe ist in diesem Jahr wieder einmal so stark und erfolgreich unterwegs, dass sich die Konkurrenten fragen müssen, was dieser ältere Tennis-Herr so viel besser macht, als der ganze große Rest auf der ATP-Tour. Djokovic hat zum zehnten Mal das US-Open-Finale erreicht, das hat vor ihm lediglich ein gewisser Bill Tilden (USA) in den 1920er und 30er Jahren geschafft. Er wird nach dem Wettbewerb in New York wieder die Nummer eins der Tennis-Welt sein und den jungen spanischen Gipfelstürmer Carlos Alcaraz (20) vom Thron stoßen..

Djokovic hat das vierte Grand-Slam-Finale in diesem Jahr erreicht, eine geradezu atemberaubende Bilanz. Zwei Siege (Australian Open, French Open) und eine sehr knappe Niederlage (Wimbledon) sind Sinnbild der großen Überlegenheit. "Das ist der größte Erfolg, an den ich denke, wenn ich die Saison beginne. Das ist es, wovon ich träume. Das ist es, was ich wirklich wollte. Das ist es, wo ich sein möchte", sagte Djokovic nach seinem jüngsten Erfolg. Seine Bilanz bei den Grand-Slam-Turnieren in diesem Jahr bis heute: 26:1.

Djokovic hat auch Schwächen

"Er ist der Spieler, der eigentlich alles abdeckt, der sowohl offensiv als auch defensiv fantastisch spielen kann. Er kann sich aus allen Situationen befreien und ist unglaublich stabil bei allen Schlägen. Er spielt nicht so hart, aber unglaublich platziert. Er hat eine tolle Länge in seinen Schlägen und macht es dem Gegner so unglaublich schwer, ihn unter Druck zu setzen", sagt Michael Kohlmann, der deutsche Davis-Cup-Kapitän, im Gespräch mit der Sportschau.

Schwächen? Hat Djokovic natürlich auch. Sein ehemaliger Trainer Boris Becker, der bekanntlich selbst ein Ausnahmespieler war, wird nicht müde zu betonen, dass Djokovic neben seiner Geradlinigkeit und Erfolgsversessenheit auch mal schwächere Momente haben kann.

Medwedew war schon einmal Spielverderber

Michael Kohlmann glaubt, dass, wenn es überhaupt kleinere Defizite bei Djokovic gibt, diese eher auf emotionaler Seite zu suchen gilt. "Wenn er sich etwa ungerecht behandelt fühlt, kann er schon mal wegbrechen. Oder wenn es für ihn um Rekorde geht." Im vergangenen Jahr, als er sogar den Golden Slam (alle vier Grand Slams plus Olympiatitel) gewinnen konnte, "hat er vielleicht öfter mal darüber nachgedacht und dann ein paar mehr Fehler gemacht", so der Davis-Cup-Kapitän.

Der Russe Daniil Medwedew erreichte sein drittes US-Open-Finale.

Der Russe Daniil Medwedew erreichte sein drittes US-Open-Finale.

Nun hat Djokovic die Chance, den nächsten Rekord aufzustellen. Mit einem Sieg gegen den Russen Daniil Medwedew - gegen den er an gleicher Stelle im Jahr 2021 das Finale verloren hatte - hätte Djokovic den 24. Grand-Slam-Sieg erreicht. Ein neuer, schier unglaublicher Rekord, der ihn von seinen jahrelangen Konkurrenten Roger Federer und Rafael Nadal noch abheben würde. Ein Ziel, das er mit unbedingtem Willen verfolgt.